Interview mit Uwe Ochsenknecht:"Sie riskieren gerade eine Ohrfeige"

Musiker und Schauspieler Uwe Ochsenknecht spricht über erotische Musik, schlechte Drehbücher, das Hochschlafen im Filmgeschäft und sein Debüt als Regisseur.

Juan Moreno

SZ: Herr Ochsenknecht, Sie haben gerade in dem ZDF-Film Kein Geld der Welt einen reichen Schuhfabrikanten gespielt. Würden Sie sagen, dass Sie reich sind?

uwe ochsenknecht

Versteht keinen Spaß, wenn es um seine Ehefrau Natascha geht: Uwe Ochsenknecht

(Foto: Foto: ap)

Uwe Ochsenknecht: Definieren Sie reich. Falls Sie meinen, ob ich mehr Geld brauche, als ich jetzt habe - nein, das brauche ich nicht. Ich kann mir genügend Wohnraum leisten, so dass sich fünf Leute nicht auf den Wecker gehen. Ich habe ein Ferienhaus auf Mallorca, eine Krankenversicherung und kann meinen Kindern die Ausbildung bezahlen. Mehr kann niemand verlangen. Ich brauche keine Yacht wie der Typ im Film.

SZ: War Geld jemals entscheidend bei der Rollenauswahl?

Ochsenknecht: Nein, noch nie. Auch als ich mir das nicht leisten konnte. Ich höre oft: Na klar, du kannst dir erlauben, Sachen abzulehnen. Das ist falsch. Es ist ganz anders. Mir kommt das Kotzen, wenn ich in einem schlechten Film spielen muss. Ich habe das ein paar Mal mitgemacht, das geht nicht. Da ist jeder Drehtag eine Qual.

SZ: Beschreiben Sie die Qual.

Ochsenknecht: Es ist absurd. Man stellt sich hin, redet Quatsch, weil Quatsch im Drehbuch steht, die anderen antworten Quatsch. Dazu kommt, dass bei schlechten Filmen oft Leute dabei sind, die nicht die professionelle Einstellung oder wenigstens die Konzentration mitbringen, die der Film verlangt. Kurz gesagt: schlechte Filme, schlechte Leute. Ich würde irgendwann Krebs kriegen.

SZ: Was richtet mehr Schaden an, ein maues Drehbuch oder maue Schauspieler?

Ochsenknecht: Ein schlechtes Drehbuch führt meist auch zu schlechten Schauspielern. Ich habe das ja erlebt. Wenn man bestimmte Qualitätsvorstellungen hat, schlägt sich das in der Beurteilung eines Drehbuchs nieder. Es geht bei Filmen um ganz filigrane Geschichten. Manchmal ist es nur der eine Millimeter bei einer kleinen Bewegung, um es perfekt zu machen. Und dann spielst Du mit Leuten, die nicht ahnen, wovon Du redest. Ich bin jederzeit bereit, mich einzuschränken, wenn ich nicht so arbeiten kann, wie es meine Vorstellung von Qualität verlangt.

SZ: Sie reden wie ein Regisseur. Warum waren Sie das nie?

Ochsenknecht: Es wird stattfinden. Ich weiß nicht, ob ich bestehen werde. Ich bin nicht der geborene Diplomat, und Regie ist ein psychologischer Job. Da kommen bei Gesprächen so Dinger wie: Zu dem bist du viel netter als zu mir.

Seite 2: Rundumschlag - Ochsenknecht über Politik, Filmemacher und Frauen.

"Sie riskieren gerade eine Ohrfeige"

SZ: Klingt nach der Arbeit eines Kindergärtners.

Ochsenknecht: Absolut. Aber es muss so sein. Ich weiß ja, wie es ist, wenn man einen Film macht. Man ist als Schauspieler offen und verletzlich.

SZ: Trauen Sie sich die Regiearbeit zu?

Ochsenknecht: Ich trau' mir zu, einen gescheiten Film zu machen, aber diese psychologische Arbeit, ich weiß nicht.

SZ: Wie konkret ist denn das mit der Regie-Idee?

Ochsenknecht: Es gibt Ideen, Gespräche mit Filmproduktionen. Das Problem ist das Buch. Dafür braucht man gute Autoren, und gute Autoren haben auf Jahre keine Zeit. Gerade der erste Film muss persönlich sein. Ich kann nicht einfach eine Vorlage nehmen, zu der ich keine Beziehung habe.

SZ: Da wir gerade von Büchern sprechen: Kürzlich wurden in Berlin Claudia Roth, die Grünen-Politikerin, und der Regisseur Helmut Dietl (Schtonk, Kir Royal, d. Red.) bei einer sehr angeregten Diskussion gesehen.

Ochsenknecht: Der Dietl ist zum Arbeiten nach Berlin gezogen. Der recherchiert für seinen neuen Film über die Berliner Polit-Szene. Bin wirklich gespannt, was er da ausspuckt.

SZ: Sind Sie politisch interessiert?

Ochsenknecht: Hm, geht so.

SZ: Gelangweilt?

Ochsenknecht: Ich finde, dass Politik ein Geschäft ist, ein Scheißgeschäft, wenn Sie mich fragen. Wie Religion. Und es ist nicht mein Geschäft. Ich denke, dass es Politikern in der Masse noch immer zu sehr um Machtsicherung geht, statt Verantwortung zu übernehmen. Politik wäre nichts für mich.

SZ: Sie sind ja Schauspieler und Musiker . . .

Ochsenknecht: Na, was heißt denn Musiker?

SZ: Sie nehmen CDs auf, Sie stehen im Studio, Sie touren durch Deutschland.

Ochsenknecht: Ich singe einfach gern. Wenn man da schon Musiker ist.

SZ: Da Sie ja beide Welten kennen, die Musik und den Film, eine Frage, deren Antwort vermutlich auch viele Männer interessiert. Wer hat es nun leichter bei den Frauen?

Ochsenknecht: Musiker, keine Frage. Musik ist erotisch, das war schon immer so. Bei Filmen ist das anders. Wir haben in Deutschland nicht so viele sexy Schauspieler, würde ich sagen. Es gibt zwar einige schöne Schauspieler. Aber sexy? Dafür werden zu wenige sexy Filme gedreht.

Seite 3: Kann man sich im deutschen Film hochschlafen?

"Sie riskieren gerade eine Ohrfeige"

SZ: Arbeitet der Musiker Ochsenknecht an etwas Neuem?

Ochsenknecht: Ja, seit langer Zeit mal wieder. Das wird richtig frisch.

SZ: Sagen Sie mal ein paar Hausnummern.

Ochsenknecht: Audioslave, Coldplay oder Kaiserchiefs, zum Beispiel.

SZ: Hohe Hausnummer.

Ochsenknecht: Adult-Rock, würde ich sagen. Chris Cornell, der Sänger von Audioslave, ist über 40. Wenn es aber gute Musik ist, dann ist es gute Musik, da ist das Alter egal.

SZ: Was würden Sie während einer Fahrt im Cabrio über ihre Lieblingsinsel Mallorca hören?

Ochsenknecht: Cabrio, Sonne? Jack Johnson.

SZ: Stau auf der A 8?

Ochsenknecht: Da braucht's etwas härteres - Ozzy Osbourne.

SZ: One-Night-Stand?

Ochsenknecht: Vielleicht was von Luther Vandross. Oder Marvin Gaye, wird immer gern genommen.

SZ: Ich fürchtete schon, Sie sagen Bolero.

Ochsenknecht: Nein, da setzt man sich so unter Druck. Muss Rhythmus und solche Dinge beachten, dann noch die Länge. Wir sprachen ja bereits über mein Alter.

SZ: Wie viele Frauen haben mit Ihnen geschlafen, nur weil Sie zum Film wollten?

Ochsenknecht: Schwer zu sagen. Es ist bestimmt vorgekommen, aber es gab eine Zeit, da war mir das egal.

SZ: Kann man sich beim deutschen Film hochschlafen?

Ochsenknecht: Ja, klar, ich glaube schon, dass es das gibt. Unausgesprochen, verdeckt, aber das gibt es. Das Problem ist ja nicht, sich zu einer Hauptrolle hochzuschlafen, das Problem ist, danach eine zweite zu bekommen. Um einen bestimmten Bekanntheitsgrad zu erreichen, ist das okay. Aber man muss dann auch beweisen, dass man Talent hat.

SZ: Sie haben eine sehr attraktive Frau. Hätten Sie sie auch, wenn Sie nicht einer der besten deutschen Schauspieler wären?

Ochsenknecht: Sie riskieren gerade eine Ohrfeige mit der Unterstellung, dass meine Frau promigeil ist. Oder wie ist diese Frage zu verstehen?

Seite 4: Streiflicht in zwei Stunden mit schreienden Kindern und laufendem Fernseher.

"Sie riskieren gerade eine Ohrfeige"

SZ: Sie haben recht, die Frage ist unverschämt. Es tut mir leid. Betrachten Sie es als Ausdruck von Neid. Sie kennen das ja vielleicht. Manche Männer trösten sich, indem sie sich sagen, die ist doch nur mit dem zusammen, weil er prominent ist. Wenn ich prominent wäre, ja dann, dann hätte ich auch so eine tolle Frau.

Ochsenknecht: Ich schätze Ihre Ehrlichkeit. Ihnen sei verziehen. Wir sind seit vielen Jahren verheiratet, auch weil genau das, worauf Sie anspielen, bei meiner Frau und mir nie eine Rolle gespielt hat. Und ich finde sie immer noch tierisch hübsch und sehr sexy. Manchmal frage ich mich auch, warum sich so eine tolle Frau mit mir abgibt.

SZ: Ist das das Geheimnis einer langen Beziehung? Dass man denkt, dass der Partner eigentlich einen Besseren verdient?

Ochsenknecht: Ja, vielleicht. Meine Frau ist ein toller Mensch, eine super Mutter, die den Haushalt schmeißt, und auch harten handwerklichen Betätigungen wie Fliesenarbeiten nicht aus dem Weg geht. Ich versteh's nicht, was sie an mir findet, aber man muss ja auch nicht alles verstehen.

SZ: Haben Sie Allüren?

Ochsenknecht: Definieren Sie Allüren.

SZ: Riesenwohnwagen, Vip-Betreuung, Sternehotel, das volle Programm.

Ochsenknecht: Wenn man sich am Anfang seiner Karriere nicht um die Allüren kümmert, sondern seine Arbeit gescheit macht, dann kommt das von allein - dann stellt Ihnen die Produktion den bequemen Wohnwagen auch so hin. Aus Respekt vor Ihrer Arbeit. Mach' deinen Job gut, der Rest kommt von allein.

SZ: Zu Ihrem Job gehört, Text zu lernen. Lernen Sie schnell Texte?

Ochsenknecht: Ja. Ich habe ein fotografisches Gedächtnis. Wenn ich etwas vergesse, konzentriere ich mich und sehe die Seite vor mir.

SZ: Wie lange bräuchten Sie, um ein "Streiflicht" der Süddeutschen Zeitung auswendig zu lernen?

Ochsenknecht: Etwa eine DIN-A4-Seite?

SZ: Genau 72 Zeilen.

Ochsenknecht: So, dass ich es richtig kann, etwa zwei Stunden.

SZ: Brauchen Sie dabei Ruhe?

Ochsenknecht: Nein, ich kann auch Text lernen, wenn die Kinder schreien und der Fernseher läuft.

SZ: Was schauen Sie?

Ochsenknecht: Ich gehe eher ins Kino oder leihe mir die Filme, die ich verpasst habe, auf DVD aus. Es sei denn, ich weiß, dass da gerade eine gute Produktion mit guten Leuten läuft. Da schaue ich rein. Ansonsten gucke ich vielleicht mal MTV oder Nachrichten, aber eher selten. Ich habe nicht so viel Lust, mir den ganzen Müll, der sich auf der Welt tut, 'reinzuziehen. Um ehrlich zu sein: Es verdirbt mir die Laune.

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