Interview mit U2:"Andere verstecken ihr Geld in fragwürdigen Projekten in Entwicklungsländern, ich nicht"

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Pressebilder U2 Pressebilder U2 Holland (Foto: Anton Corbijn)

Es ärgert Bono, dass die Paradise Papers alles andere überschatten, wofür er steht - auch das neue U2-Album. Im SZ-Interview beantwortet er trotzdem Fragen dazu.

Von Torsten Groß

Eigentlich wollten U2 in diesem Jahr nur mit einer Sache Aufsehen erregen: mit ihrem neuen Album "Songs Of Experience". Dann wurde durch die Paradise-Papers-Recherchen der SZ bekannt, dass der seit vielen Jahren sozialpolitisch engagierte Kopf der Band, Paul David Hewson alias Bono, eine Briefkastenfirma auf der Ärmelkanal-Insel Guernsey dazu benutzt, Steuern zu vermeiden.

Danach hatte Bono gesagt, dass er sich vor dem Abschluss der aktuell laufenden Steuerprüfung nicht zu den Vorgängen äußern wolle. Als das Gespräch dann doch darauf kommt, wollen Bono und Gitarrist David Howell Evans alias The Edge dann aber doch nicht schweigen. Im Gegenteil.

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Besonders Bono nimmt ausführlich und leidenschaftlich Stellung, geht auch hartnäckigen Nachfragen nicht aus dem Weg, möchte sich erklären: "Viele Leute sagen: Er hat sich immer für totale Transparenz eingesetzt und das von anderen eingefordert, für ihn selbst scheint das aber offensichtlich nicht zu gelten. Aber dieser Vorwurf trifft nicht zu. Im Wesentlichen geht es bei dieser Sache um einen Immobilien-Investmentfond. Ich bin nicht in jedes Detail der in meinem Namen getätigten geschäftlichen Transaktionen involviert. Deshalb habe ich meinen Finanzberatern schon vor Jahren ganz klar gesagt: Egal, was ihr macht, am Ende muss Bono draufstehen. Haltet die Dinge transparent."

"Wir waren Freunde, bevor wir eine Band wurden."

Das hätten diese auch getan, sagt Bono, sonst hätten die Untersuchungen in Litauen schließlich gar nicht so eindeutig auf ihn zurückführen können: "Andere Leute verstecken ihr Geld in fragwürdigen Projekten in Entwicklungsländern, ich nicht." Es ärgere ihn sehr, dass die Paradise-Papers-Recherchen nun das überschatten, "was mir am wichtigsten ist: Wir haben sehr hart an 'Songs Of Experience' gearbeitet und sind stolz darauf. Wir haben den elementaren Kern von U2 auf diesem Album herausgearbeitet."

Über das besondere Binnenverhältnis der seit 1976 in der gleichen Besetzung aktiven Band sagt The Edge: "Wir waren Freunde, bevor wir eine Band wurden." Als überaus förderlich für eine gesunde Bandchemie beschreibt Bono darüber hinaus die Tatsache, dass die vier Mitglieder von U2 alle Einnahmen teilen: "Die tatsächlichen Anteile spielen keine Rolle. Durch die Art, wie Larry Mullen Schlagzeug spielt, wird aus einem Song ein U2-Song, nur das zählt."

Einen beherzten Kommentar zur Zukunft der Europäischen Union und zur Einwanderungspolitik Deutschlands gibt es zum Schluss natürlich auch noch. Mit anderen Worten: Bono mag persönlich derzeit etwas in der Defensive sein, aber warum sollte ihm deshalb plötzlich das Unheil der Welt egal sein? So tickt dieser Mann nicht.

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