Seinen bisher bekanntesten Auftritt hatte der kanadische Schauspieler Jordan Prentice an der Seite von Colin Farrell und Brendan Gleeson in der schwarzen Komödie "Brügge sehen ... und sterben?" von 2008. In dem deutschen Kinderfilm "Auf Augenhöhe" spielt der kleinwüchsige Darsteller die Hauptrolle als Steuermann einer Rudermannschaft, der plötzlich damit konfrontiert wird, einen neunjährigen Sohn zu haben, von dem er nichts wusste. Es beginnt eine schwierige Annäherung. Die beiden Regisseure Joachim Dollhopf und Evi Goldbrunner beschreiben die Schwierigkeiten, die Menschen in unserer Gesellschaft haben, nur weil sie ein bisschen anders aussehen. Auf dem Filmfest München gewann der Film einen Publikumspreis.
Herr Prentice, in Ihren Filmen sprechen Sie Ihre Kleinwüchsigkeit direkt an, aktuell in dem Kinofilm "Auf Augenhöhe", der Mitte September in die Kinos kommt. Da werden Sie in einer Szene von Kindern und Jugendlichen auf sehr hässliche Art und Weise verhöhnt. Ist Ihnen das in vergleichbarer Weise auch schon im echten Leben passiert?
Jordan Prentice: In dieser Schonungslosigkeit habe ich das noch nicht erleben müssen. Das heißt aber nicht, dass ich mich von jungen Menschen nicht schon sehr schlecht behandelt gefühlt habe. Es ist etwas, was ich bis heute nicht verstehe.
Kinder und Jugendliche denken über viele Dinge einfach nicht nach.
Aber das genau ist es, was ich nicht verstehe. Denn manche Jugendliche sind richtiggehend fasziniert von mir - in positiver Weise. Und dann gibt es junge Leute, die mir von vorne herein denselben Respekt verweigern, den sie anderen Erwachsenen zugestehen. Das macht mich traurig. Ich kann nicht verstehen, wie jemand einen anderen schlecht behandelt für etwas, worauf dieser keinen Einfluss hat, seine Größe, sein Alter, sein Geschlecht, seine Hautfarbe.
Woran könnte es liegen?
Kinder werden nicht mit Vorurteilen geboren. Die müssen sie vielmehr irgendwo aufschnappen. Vielleicht liegt es daran, dass die Eltern insgeheim voreingenommen sind, und die Kinder das spüren.
Die Süddeutsche Zeitung hat jüngst viel Kritik von klein- und normalwüchsigen Menschen eingesteckt, weil wir einen Artikel veröffentlicht haben, der als diskriminierend empfunden wurde. Der Artikel war als Ehrung für den kleinwüchsigen Schauspieler Michu Meszaros gedacht.
Ich habe davon gehört, mir wurde erzählt, die Veröffentlichung sei außergewöhnlich unsensibel gewesen. Ich habe den Artikel aber nicht gelesen und kenne den Autoren nicht.
In dem Beitrag wurden neben Meszaros weitere kleinwüchsige Schauspieler in Bildern und kleinen Beschreibungen vorgestellt. Wie ist Ihre Meinung dazu?
Ich finde es merkwürdig, dass die besondere Persönlichkeit des Verstorbenen dadurch relativiert wird, dass er eingruppiert wird in einen Kreis von Menschen mit ähnlichem Erscheinungsbild.
Raul Krauthausen, ein kleinwüchsiger Aktivist für Behindertenrechte hier in Deutschland, sagte, mit dem Artikel werde der Eindruck erweckt, Kleinwüchsige seien vor allem zur Unterhaltung von Normalwüchsigen da. Aber haben sich kleinwüchsige Schauspieler nicht selbst dazu entschieden, die Menschen unterhalten zu wollen?
Überlegen Sie mal, warum das so ist! Kleinwüchsigen Menschen wurde lang gar keine andere Chance gegeben, als zur Belustigung zu dienen. Außerdem möchte jeder Schauspieler unterhalten, allein der Definition nach. Unterhaltung gehört zum Beruf des Schauspielers, egal wie groß er ist.
Die Menschen als kleinwüchsiger Schauspieler zu unterhalten, ist aber auch nicht anrüchiger, als es als normalwüchsiger Schauspieler zu tun.
Das sollte es zumindest nicht sein. Trotzdem gibt es dieses gesellschaftliche Bild, dass Kleinwüchsige vor allem zu Unterhaltungszwecken da sind, und das empfinden die Betroffenen als diskriminierend. Aus meiner Sicht zu Recht.