Interview mit Bully & Rick:"Toll ist jeder, epochal sind wir"

Die Komiker Michael Bully Herbig und Rick Kavanian über ihre Sketch-Show, Robbie Williams und die alten Ägypter.

Senta Krasser und Hans Hoff

Mit der bullyparade wurden Michael Bully Herbig, Rick Kavanian und Christian Tramitz bekannt, mit dem Kinofilm Der Schuh des Manitu berühmt. Inzwischen praktiziert Tramitz solo - Herbig, 38, und Kavanian, 35, treten als Paar an. Am Montag geht ihre Pro-Sieben-Sketchshow Bully & Rick in die zweite Staffel.

Herbig, ddp

Michael "Bully" Herbig

(Foto: Foto: ddp)

SZ: Herr Herbig, Herr Kavanian, was ist das eigentlich zwischen Ihnen: heiße Liebe? Oder Zweckgemeinschaft?

Michael Herbig: Wir sind Kumpels.

SZ: Seit wann?

Rick Kavanian: Seit wir uns im Aufzug kennen gelernt haben.

SZ: Was redet man da?

Kavanian: Sprache war nicht ausschlaggebend. Herr Herbig hat in seiner Hosentasche einen elektronischen Schlüsselanhänger bedient mit acht Knöpfen, von denen jeder ein anderes Geräusch machte. Ich wusste nicht, woher die kommen. Das war seine Methode, mit mir Kontakt aufzunehmen.

SZ: Schlafen Sie auf Dienstreisen im Doppelzimmer?

Herbig: Nein.

Kavanian: So weit geht's nicht.

SZ: Würde man die bullyparade vergleichen mit der Boy-Band Take That - wer ist dann Robbie Williams?

Kavanian: Ich. Sehen Sie die frappierende Behaarung? Was ist noch symptomatisch an Robbie Williams? Dass er mit den anderen nichts zu tun haben will? Das gibt es bei uns nicht. Beruflich geht zwar jeder momentan seinen eigenen Weg, aber privat halten Bully, Christian Tramitz und ich regelmäßig Kontakt.

SZ: Robbie Williams ist megaerfolgreich, die anderen sind die Loser.

Herbig: Bei uns gibt es keine Loser.

Kavanian: Wir waren zu dritt erfolgreich. Und demnächst sind wir wieder zusammen, in Bullys Animationsfilm Lissi und der wilde Kaiser. Ich versuche, solo auf die Bühne zu gehen. Also der Vergleich mit Robbie - mit Verlaub, da gibt es bessere.

SZ: Zum Beispiel?

Kavanian: Nehmen wir Oscar Peterson und Stéphane Grappelli.

SZ: Die berühmten Jazzmusiker. Wer ist der Geiger?

Kavanian: Das bin ich. Oder?

Herbig: Selbstverständlich!

SZ: In der ersten Staffel von Bully&Rick haben die Stand-ups zu Beginn am wenigsten überzeugt.

Rick und Bully, dpa

Rick und Bully - öfter auch mal in Frauenklamotten.

(Foto: Foto: dpa)

Herbig: Da gebe ich Ihnen völlig recht. Am Anfang stand die Idee: ein fiktionales Format, mit Sketchen, mit immer wieder neuen Charakteren. Und das 23Minuten lang. Ich wollte alles schnell erzählen. Dementsprechend habe ich inszeniert. Am Ende blieben 16 Minuten. Es gab zwei Möglichkeiten: entweder alles neu schneiden oder auf die Bühne gehen, ein bisschen was erzählen und dann den Film zeigen.

SZ: Wie ist das in der zweiten Staffel?

Herbig: Die Bücher für die zweite Staffel waren doppelt so dick, wir haben doppelt so viel gedreht. Rick und ich haben 206 Figuren gespielt - es war das Aufwändigste, was ich je fürs Fernsehen gemacht habe. Das Ergebnis ist wirklich toll. Es gibt nichts Vergleichbares. Es ist...

SZ: ... epochal?

Herbig: Genau. Schreiben Sie das so!

Kavanian: Das ist schon richtig. Toll ist ja jeder, epochal sind wir.

SZ: Loriot ist epochal. Seine Sketche macht jeder nach. Und Ihre?

Herbig: Wir kriegen Anfragen von Schultheatern, ob sie Sketche von uns nachspielen dürfen.

SZ: Oberhalb der Schultheaterebene bewegt sich aber nichts, oder?

Herbig: Sprechen Sie jetzt von der Deutschen Filmakademie? Da spielt noch keiner Bully & Rick nach.

SZ: 206 Rollen - welche Vorbilder haben sich Ihnen diesmal aufgedrängt?

Herbig: Die klassische Parodie bekannter Menschen hält sich in Grenzen.

SZ: Wie viele bayerische Schwuletten sind dabei?

Herbig: Keine.

SZ: Warum nicht? Das ist doch Ihr Markenzeichen.

Herbig: Genau deswegen. Einerseits kommen diese Figuren gut an. Andererseits sollte man damit aufhören, bevor sie den Leuten auf die Nerven gehen. Ich habe das lange genug gemacht und fände es suboptimal, diese Rolle die nächsten zehn Jahre weiterzuspielen.

SZ: Wie ist es, eine Frau zu spielen?

Kavanian: Es ist schmerzhaft. Das Korsett, der BH. Wir führen eine Strichliste, was Frauenrollen betrifft, Stunts und das Kleben von Glatzen - bei den Frauen liege ich knapp vorn.

SZ: Sind Sie die bessere Frau?

Kavanian: Nein, nein, nein. Es ist nicht so, dass sich einer darum reißt.

Herbig: Weil Rick immer behauptet hat, er hätte mehr Frauen gespielt, haben wir diese Liste eingeführt. Bei den Glatzen haben wir Gleichstand.

SZ: Entdecken Sie die feminine Seite?

Kavanian: Die habe ich schon entdeckt in der Pilotphase zur bullyparade. Wir sollten am Münchner Hauptbahnhof drehen - dort gab's aber keine Möglichkeit, sich umzuziehen. Ich habe also das Chanel-Kostümchen, den Push-up-BH und die Strümpfe mit nach Hause genommen. Am nächsten Morgen ziehe ich die Sachen an, dreh' mich um und stelle fest: Ich habe vergessen, die Jalousien herunterzuziehen. Von gegenüber schaut ein älteres Ehepaar. Es war entsetzlich.

Herbig: Wenn du als Frau über die Straße gehen musst, ist es dir zwar unfassbar peinlich. Aber es härtet ab.

SZ: Macht es schizophren, so viele verschiedene Rollen zu spielen?

Kavanian: Nein. Ich vergleiche das mit einem Fußballer: Der hat 103 verschiedene Freistoßvarianten, spielt aber deswegen zu Hause nicht dauernd Freistöße.

SZ: Was braucht man, damit einem so etwas wie Pfefferbeißerhirschsalami und mexikanischer Wurstdealer einfällt?

Herbig: Viel Wasser.

SZ: Irgendeinen Einfluss muss es doch geben. Oder sind Sie naturstoned?

Kavanian: Dafür sind wir viel zu wach. Es ist der Spaß an der Arbeit und das große Vertrauen zu wissen: Ich darf Fehler machen und blamiere mich nicht, weil der andere ein Freund ist. Nur auf einer vertrauensvollen Basis ist man frei, Dinge zu artikulieren, von denen andere denken: Oh, das ist zu durchgeknallt.

SZ: Sat1 und Pro Sieben wollen ihr Programm auf Handys vertreiben. Funktioniert Bully & Rick als Mäusekino?

Herbig: Das TV-Format wahrscheinlich schon.

Kavanian: Das ist doch so klein.

SZ: Macht man sich wirklich all die Mühe für einen Mini-Bildschirm?

Herbig: Es ist natürlich eine grauenhafte Vorstellung, dass da irgendwann einmal dein Kinofilm läuft.

SZ: Sagen Sie das dem Sender auch?

Herbig: Noch nicht. Aber das nächste Mal. Für mich persönlich als Liebhaber von schönen Bildern ist das Handy-Fernsehen katastrophal. Ich würde mir sofort auf dem Handy ein Fußballspiel anschauen. Da geht es nur um Information. Aber da, wo es um Szenerie geht und ich sehen will, wie ein Schauspieler reagiert, da finde ich es fast eine Zumutung.

SZ: Die nächsten Verträge müssen also neu geschrieben werden.

Herbig: Unbedingt!

SZ: Bei Ihrem guten Ruf können Sie die Verträge diktieren.

Herbig: Na ja. Wir sind wieder in so einer Situation wie damals nach der sechsten Staffel der bullyparade. Da kann man schwer noch einen draufsetzen.

SZ: Es heißt: Bully&Rick sind nach dieser Staffel Geschichte.

Herbig: Für uns ist es vorläufig die letzte Staffel. Sie hat uns anderthalb Jahre beansprucht. In zwei Jahren bin ich 40. Man will noch einiges ausprobieren.

SZ: Sie verabschieden sich vom TV?

Herbig: Wir legen ein Päuschen ein.

SZ: Wohin entwickelt sich derweil die Witzewelt?

Kavanian: Wenn wir die Sprache als Grundlage der Witzewelt nehmen, oder einfach das Menschsein vor dem Hintergrund der ewigen Wiederkehr der Dinge, dann denke ich, es ist kein Teufelskreis, sondern etwas, das sich verändern kann, aber im Prinzip schon immer da war.

SZ: Wie bitte?

Kavanian: Wir erfinden weiß Gott nichts Neues. Es ist sehr vermessen zu glauben, dass man was Ureigenes macht. Schon die alten Ägypter haben Witze gemacht. Alles war schon mal da. Es ist legitim, Witze zu wiederholen - solange man den Menschen das Gefühl gibt: Man macht es mit Liebe und Überzeugung. Man muss authentisch sein.

SZ: Aber auch Witze unterliegen Moden. Total out ist gerade, sich lustig zu machen über polnische Präsidenten und den Propheten Mohammed.

Kavanian: Es wird sie in 5000 Jahren wahrscheinlich noch immer geben, mal mehr, mal weniger. Das ist für mich wie an einer Stereo-Anlage den Ton leiser oder lauter zu stellen.

Herbig: Humor hat etwas mit Zeitgeist zu tun. Es gibt Witze, bei denen habe ich mich vor zwölf Jahren in die Ecke geschmissen. Heute denke ich: Uups.

SZ: Warum fällt Ihnen nichts über Krieg ein?

Herbig: Es reicht, wenn die Leute Krieg in den Nachrichten sehen. Jürgen von der Lippe hat einmal gesagt: Wenn der Artist vom Trapez stürzt, kommen die Clowns. Das ist sehr bezeichnend. Ich bin kein Weltverbesserer. Was ich will: Die Leute sollen sich gut unterhalten fühlen. Das ist ein Grundbedürfnis. Ich mache Dinge aus purer Leidenschaft, die niemanden provozieren oder beleidigen sollen. Wahrscheinlich bin ich Entertainer. Ich wäre kein guter Bankkaufmann geworden.

SZ: Weil Sie, Herr Herbig, so viel machen, heißt die Show Bully&Rick?

Herbig: Nein, das ist die alphabetische Reihenfolge.

Kavanian: Bully ist älter als ich. Außerdem spricht sich Bully&Rick lockerer aus der Hüfte.

SZ: Der Schauspieler Christoph Maria Herbst hat gesagt, sie hätten bei Pro Sieben nie eine Show bekommen, wenn sie Willy und Eberhard hießen.

Kavanian: Dann hätten wir eine Show in der ARD.

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