Interview: Justin Timberlake:Er kann auch ohne Facebook

"Angesichts all meiner Neurosen würde mir Facebook vermutlich Angst machen": Justin Timberlake spielt in "The Social Network" den Napster-Gründer Sean Parker. Ein Gespräch über seine, ganz privaten Netzwerke.

Anke Sterneborg

Vor einigen Jahren hat Justin Timberlake das Kino noch als Hobby bezeichnet, während die Musik sein Hauptberuf war. Inzwischen haben sich die Gewichte verschoben, er lässt die Musik, mit der er erst bei der Boygroup NSync und dann solo berühmt wurde, auf unbestimmte Zeit zugunsten des Schauspielens ruhen. Derzeit ist er im Facebook-Film "The Social Network" als Napster-Gründer Sean Parker zu sehen. Beim Gespräch in Berlin wirkt Timberlake unscheinbar und recht ernsthaft.

Justin Timberlake Attends 'The Social Network' Premiere in Madrid
(Foto: Getty Images)

SZ: Mister Timberlake, verglichen mit den Facebook-Jungs sind Sie auf geradezu altmodische Weise zu Popstarruhm gekommen, oder?

Timberlake: Was Popstarruhm bedeutet, weiß ich gar nicht, das sagt mir nichts. Aber es gibt in der Tat eine ganz neue Art, Bekanntheit zu erlangen. Dabei geht es gar nicht so sehr um den Ruhm und den Einfluss, den Mark Zuckerberg hat. Es geht darum, dass man sich nicht um eine Mitgliedschaft in irgendeinem exklusiven Club bewirbt, sondern seinen eigenen gründet, bei dem man auch gleich selbst der Präsident ist. Das ist die Faszination von Facebook, jeder ist der Star in seinem eigenen Universum, jeder schmeißt seine eigene Party, und lädt seine Freunde dazu ein.

SZ: Ist es Ihnen nicht unheimlich, dass so viele Daten in einer einzigen Firma zusammenlaufen?

Timberlake: Es ist schwer für mich, da ein Gefühl zu entwickeln, da ich Facebook selber überhaupt nicht nutze. Angesichts all meiner Neurosen würde mir das aber vermutlich schon Angst machen. Es ist ja allgemein bekannt, dass ich ein ziemlich privater Mensch bin, genau darum nutze ich diese ganzen sozialen Netzwerke nicht. Ich kann meine Freunde an einer Hand abzählen, und die rufe ich an und treffe sie persönlich. Ich habe nicht das Bedürfnis ununterbrochen mit allen in Verbindung zu stehen, das hat sicher auch damit zu tun, dass ich Einzelkind bin.

SZ: Aber über Ihre Musik tun sie es dann doch, oder?

Timberlake: Ja, aber auf andere Weise. Die Musik ist eine Ausdrucksform, und das Schöne daran ist, dass man mit der Zeit lernt, etwas zu erschaffen und es dann loszulassen. Wie die Menschen damit umgehen, ist eine ganz andere Sache.

SZ: Als Sean Parker sagen Sie, dass Sie Entrepreneur seien. Wie würden Sie sich selbst zwischen Musik, Mode und Kino bezeichnen?

Timberlake: Ich sehe mich als Künstler, auch wenn mir sehr bewusst ist, dass das zu einem gewissen Anteil auch den Kommerz einschließt. Für den Künstler in mir ist das eine erschreckende Erkenntnis, doch solange man sich dessen bewusst ist, gibt es immer Wege sich damit zu arrangieren, ohne in die Falle zu gehen.

SZ: Wie musikalisch ist Ihre Herangehensweise ans Spielen?

Timberlake: Das ist ein wesentliches Element, jeder Wortwechsel zwischen zwei Menschen hat einen Rhythmus, jede Stimme einen Klang, der sich mit Gefühlen verbindet. Wenn ich anfange, mich mit einer Rolle zu beschäftigen, stelle ich mir den Soundtrack zur Biografie vor, die Musik, die dieser Mensch hören würde. Besonders stark kommt das zum Tragen, wenn schon die Dialoge so musikalisch sind wie in diesem Film. Die Art des Drehbuchautoren Aaron Sorkin, zu schreiben, hat den Rhythmus von klassischer Musik oder vielleicht eher Jazz.

"Je mehr wir probieren können, umso besser"

SZ: Was unterscheidet die Kamera von der Bühne?

Timberlake: Für mich ist es dasselbe, in beiden Fällen spiele ich eine Figur. Auch beim Konzert geht es nicht darum, wer ich bin, sondern darum, was ich dem Publikum zeigen will. Das ist wie im Kino auch nur eine Rolle.

SZ: Wie sehr fühlen Sie sich dem Regisseur David Fincher verbunden?

Timberlake: Darin ist er mir extrem nah. Ich gehe allerdings oft noch weiter als er. Wenn er sagt, okay wir haben es, auf zur nächsten Szene, sage ich, bist du da sicher, können wir das nicht doch noch besser oder anders machen?

SZ: Nach 99 Takes von einer einzigen Einstellung?

Timberlake: Wenn man erst mal so weit ist, kann man genau so gut noch eine machen. Die Alternative sind Projekte, bei denen man keine Wahl hat und weitermachen muss, bei denen man immer gegen den Drehplan arbeitet. Wenn ich nur drei Takes bekomme, bin ich derjenige, der sagt: "Halt, da sind noch zehn andere Dinge, die ich probieren will."

SZ: Bei der New Yorker Pressekonferenz haben Sie alle betont, wie sehr Sie das genossen haben, und dass Sie allemal lieber vor der Kamera spielen wollen, als im Trailer zu warten. Aber gibt es da wirklich nie den Moment, in dem man so erschöpft ist, dass man nicht mehr kann?

Timberlake: Bis jetzt ist das noch nicht passiert. Wir waren alle ganz wild darauf, die Geschichte zu erzählen, und begeistert mit David zu arbeiten, wir wollten ihm alles recht machen! Ein Athlet rennt sich ja auch wund, und empfindet das als absolut befriedigend. Das ist bei Schauspielern nicht anders, je mehr wir ausdrücken und probieren können, umso besser.

SZ: In Ihrer Musik sind Sie auf allen Ebenen völlig allein verantwortlich. Fällt es Ihnen da nicht schwer, sich der Vision eines Regisseurs unterzuordnen?

Timberlake: Nein gar nicht, das ist viel leichter, weil man nicht so viel Verantwortung hat. Es ist schön, einer der Spieler zu sein und nicht der Spielleiter. Ich möchte, dass mich mein Regisseur führt, dass er mir alles sagt, auch wenn es schlecht ist. Ich will keine Rücksicht. Wenn ein Regisseur wie David sagt, das funktioniert nicht, dann will ich herausfinden, wie es funktioniert. Wenn man mit dieser Art von Demut in den Prozess hineingeht, dann hat man größere Chancen gute Arbeit zu leisten.

SZ: Der Film, den Sie demnächst mit Amanda Seyfried drehen, handelt von einer Gesellschaft, in der das Altern abgeschafft ist. Würden Sie sich ein Leben ohne Altern wünschen?

Timberlake: Oh, Mann, ich wünschte das wäre möglich! Ich kann Ihnen sagen, heute früh bin mit Schmerzen in der Hüfte und im Nacken aufgewacht, das hat mich schmerzlich daran erinnert, dass wir sterblich sind.

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