Interview II:Demokratische Vielfalt

Der Fotograf Jim Rakete, einst auch als Musikproduzent tätig, ist einer der Vertreter der Initiative "Musiker in eigener Sache", die für die Einführung einer Radioquote für deutsche Popmusik eintritt. Er erklärt, wieso die Künstler für die Quote sind.

Interview: Dirk Peitz

SZ: Wie bewerten Sie den Bundestagsbeschluss, der Radiosender auffordert, sich zu einem Anteil von 35 Prozent deutscher Musik zu verpflichten?

Rakete: Ich bin erleichtert, weil ich zuvor oft in die rechte Ecke gestellt wurde. Wir haben nicht nur vom Rundfunk, sondern auch von den gedruckten Medien scharfen Gegenwind verspürt. Dabei habe ich mich doch für eine Sache eingesetzt, die eigentlich ein ziemlich demokratisches Unterfangen ist.

SZ: Weshalb haben Sie sich überhaupt in der Musikerinitiative engagiert - Sie arbeiten ja nur noch als Fotograf?

Rakete: Ich habe vor einem halben Jahr an einem Meeting besorgter Künstler teilgenommen. Ich fühlte mich aufgerufen, als Bestandteil einer riesigen Zielgruppe meine Meinung zu äußern, die von den Radios ausschließlich damit bedient wird, was angeblich ihr Geschmack sei. Was aber unterhalb dieser Oberfläche der Popmusikkultur passiert, wird ignoriert. Man musste die öffentlich-rechtlichen Sender an ihren Kultur- und Informationsauftrag erinnern und die Privaten daran, dass sie zur Vielfalt verpflichtet sind.

SZ: Das Argument der Radiomacher ist stets, dass sie nur spielen, was bei Hörtests vom Publikum bestätigt wurde.

Rakete: Haben Sie mal einen Hörertest mitgemacht? Man wird angerufen, nach dem Alter gefragt, und dann werden drei Titel vorgespielt: Man kann sich im Grunde nur zwischen einem volksmusikalischen Schlager und zwei Oldies entscheiden. Das ist dermaßen unrepräsentativ. Das Neue ist nie das, worauf die Leute sofort anspringen. Also muss man ihnen die Chance geben, es kennen zu lernen. Meine Sorge ist, dass wir auf diese Art Entwicklungen behindern: In allen anderen Kultursparten wird das Neue in den Medien repräsentiert und von der Kritik bewertet - nur in der Jugendkultur nicht.

SZ: Gibt es aber ein prinzipielles Recht, im Radio gespielt zu werden, weil man aus Deutschland kommt, auf Deutsch singt oder hier produziert?

Rakete: Man muss nicht jede gebrannte CD aus jedem Proberaum senden. Aber dass ganze Strömungen nicht zu hören sind, halte ich für fahrlässig.

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