Indie-Pop:Unterwegs auf neuen Wegen

Indie-Pop: Als Mitkuratoren der "Alien Disko" fungieren in diesem Jahr die Tokioter Takeshi (links) und Saya Ueno.

Als Mitkuratoren der "Alien Disko" fungieren in diesem Jahr die Tokioter Takeshi (links) und Saya Ueno.

(Foto: Alien Transistor)

Für die dritte Ausgabe ihrer "Alien Disko" in den Kammerspielen setzen die Gebrüder Acher von "The Notwist" erstmals einen Schwerpunkt - und auf kuratorische Hilfe

Von Martin Pfnür

Wie sehr sich diese liebevoll zusammengestellte nischenmusikalische Ausnahmeveranstaltung auf allen vier Ebenen der Kammerspiele vom mitunter recht profitorientierten Gros des Festivalbetriebs abhebt, lässt sich auch ein bisschen an den euphorischen Worten ablesen, mit denen Markus Acher seinen Antrieb als Kurator umschreibt. Die zweitägige "Alien Disko", das sei für ihn und seine experimentierfreudige Indie-Band The Notwist nichts weniger als "ein Traum, eine kleine Utopie, die wir uns erfüllen", schreibt er aus dem Tour-Bus, mit dem er als Teil des internationalen Projekts Spirit Fest kurz vor dem Münchner Festival noch zu einer Mini-Tour nach Köln, Amsterdam und Düsseldorf aufbrach, nachdem das Quintett im November bereits in Japan unterwegs war.

Spirit Fest, das ist überhaupt ein gutes Stichwort, wenn man von den Besonderheiten dieser kleinen Vorweihnachts-Utopie erzählen will. Repräsentiert die Band - neben Acher bestehend aus dem Notwist-Allrounder Cico Beck, dem Briten Mat Fowler sowie Saya und Takeshi Ueno aka Tenniscoats aus Japan - doch geradezu parademäßig jene Lust an der Vernetzung und am Austausch, die sowohl Markus Acher als auch seinen Bruder Micha seit jeher umtreibt. Sei es in Form neuer Bandprojekte oder ihres eigenen Labels "Alien Transistor". So fanden Spirit Fest 2016 im Vorfeld der ersten "Alien Disko" in den Kammerspielen zusammen, zu der sowohl die Tenniscoats als auch Fowler als Teil des Ambient-Duos Jam Money geladen waren; spielten in Markus Achers Wohnung sogleich erste Stücke ein; und präsentierten bereits bei der zweiten Ausgabe im Jahr darauf die mal verspielten, mal melancholischen Stücke ihres Debütalbums, dem dieses Jahr noch ein zweites folgte. Letzteres wird es dieses Jahr mangels eines Spirit-Fest-Auftritts zwar nicht zu hören geben. Und doch sind Saya und Takeshi Ueno mit ihrem berückenden Avant-Folk als Tenniscoats und als Mitkuratoren des Festivals präsenter denn je.

"Aufs Positivste geschockt und seitdem nicht mehr losgelassen ", habe ihn diese Musik, als er sie erstmals auf einer Compilation des japanischen Labels "Majikick" hörte, schreibt Markus Acher über das Duo, das "ähnlich wie wir in München Teil eines großen Freundeskreises von Musikern ist, die in stilistisch verschiedensten Projekten von experimenteller Elektronik über Noise bis hin zum Folk zusammenarbeiten". Entsprechend naheliegend war da die Idee, die beiden diesmal mit einzubeziehen, um auch "einen Ausschnitt des wunderbaren, wilden Tenniscoats-Kosmos zeigen zu können".

Zusammen setzt sich dieser nun aus der feinen Folk-Formation Eddie Marcon, die sanfte, akustische Kleinode zu Gehör bringt; aus dem herrlich durchgeknallten Ichi, der das Konzept der Ein-Mann-Band mit allerlei selbstgebasteltem Instrumentarium auf ureigene Weise interpretiert; oder aus dem Tausendsassa Yoshihide Otomo, der als Gitarrist und Elektronik-Avantgardist zwischen entfesseltem Free-Jazz und noisigen Turntable-Improvisationen wandelt und hier als Gitarrist von Umeda Tetsuya an der Elektronik begleitet wird.

"Uns gefallen vor allem Bands und Künstler, die schwer kategorisierbar sind oder innerhalb eines Genres nach neuen Wegen suchen", schreibt Markus Acher. "Und wir wollen das Experimentelle auch in der Zusammenstellung, sodass scheinbar Gegensätzliches aufeinanderprallt, der Spaß am Hören, Tanzen und Entdecken für den Besucher aber erhalten bleibt." Gemessen an der Hochwertigkeit der diesjährigen Auswahl, die sich etwa aus dem Comeback der funkinfizierten NDW-Helden Palais Schaumburg, aus den schottischen Indie-Pop-Legenden The Pastels oder Hip-Hop- und Soul-Newcomern wie dem amerikanischen Duo Oshun oder der britischen Produzentin Tirzah speist, dürfte das auch dieses Jahr wieder ausgezeichnet funktionieren. Mit einem Gastgeber namens The Notwist sowieso.

Alien Disko, Fr., 14. Dez. (ausverkauft), und Sa., 15. Dez., 20 Uhr, Kammerspiele

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