Im TV: "Willkommen zuhause":Der Horror der Heimkehr

Traurig aktuell: Die ARD zeigt mit "Willkommen zuhause" einen Film über das innere Drama deutscher Afghanistan-Heimkehrer.

Peter Münch

Ein deutscher Soldat sitzt im Flugzeug, Afghanistan hat er hinter sich, vor sich hat er die Heimkehr. Eine freudige soll es werden. Man sieht die Freundin, die sich was Schickes anzieht, die Eltern, die alles vorbereiten, und am Flughafen fallen sich alle erleichtert in die Arme. "Jetzt bist du ja wieder da, gesund und munter", sagt die Mutter. "Gesund und munter", wiederholt Ben, der Sohn.

Im TV: "Willkommen zuhause": Warum reagiert Ben (Ken Duken) nicht mehr auf Tines (Mira Bartuschek) Zärtlichkeiten?

Warum reagiert Ben (Ken Duken) nicht mehr auf Tines (Mira Bartuschek) Zärtlichkeiten?

(Foto: Foto: Andreas Böhmig/SWR)

Grillfleisch

Doch eigentlich ist Ben gar nicht munter, und gesund ist er auch nur äußerlich. Das pure Grauen hat er mitgebracht aus Afghanistan, die Erinnerung an einen Selbstmordanschlag in Kundus, den er selbst zwar unversehrt überstand, der aber seinen Freund das Leben kostete. Ein Trauma, das ihn immer wieder einholt - wenn er Grillfleisch riecht, muss er sich übergeben, wenn Glas zersplittert, dreht er durch. Und Ben rennt - joggt nachts durch die Weinberge, läuft davon vor seinen quälenden Erinnerungen.

Bedrückend und beeindruckend schildert der Fernsehfilm "Willkommen zuhause" den Horror der Heimkehr. Ben Winter ist sich selbst und seiner Umgebung ein Fremder geworden, und je mehr er in seine alte Welt vordringt, desto krasser wird der Kontrast zu seiner Innenwelt. Er verfällt immer mehr ins Schweigen, und wenn er redet, blockt er ab. "Alles in Ordnung, lasst mich in Ruhe."

Seine Umgebung gibt sich damit weitgehend zufrieden und reagiert auf sein Schweigen mit Ignoranz. Realistisch allerdings ist es wohl nicht, wenn zum Beispiel die Film-Mutter den einzigen Hilferuf Bens mit dem Satz abtut, "ich will deinen verdammten Krieg nicht hier in meinem Haus haben".

Auf dem Fernsehschirm aber sollen sich nun Millionen diesen Krieg nach Hause holen, und dies sagt einiges aus über die Zeichen der Zeit: Denn Kriegsheimkehrer-Dramen kennt man in Deutschland bislang eigentlich nur aus der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg. Doch nun, durch die Bundeswehreinsätze im Ausland, scheint auch im Hier und Jetzt die Befindlichkeit dafür heranzureifen.

Kommissarische Ärztin

Nach einigem Hin- und Hergeschiebe bei der Programmplanung wird der Film nun weitab von entscheidenden Abstimmungen über das Afghanistan-Mandat gesendet. Doch allfällige Anschläge sorgen ohnehin für eine traurige Daueraktualität des Themas.

Jeder Anschlag bringt neue Tote, neue Verletzte und neue Traumata, und so ist es gewiss ein Verdienst des Films, eine von der Politik gern verdrängte Kehrseite der Bundeswehr-Mission zu zeigen. Dank der hervorragenden schauspielerischen Leistung von Ken Duken als Ben wird spürbar, was ein Afghanistan-Einsatz für junge Soldaten bedeuten kann. Gewiss, es muss darin auch ein politisches Statement liegen. Doch leider haben die Filmemacher an diesem Punkt überreizt.

Denn so differenziert das Leiden des jungen Ben geschildert wird, so platt werden am Ende ein paar Doku-Fetzen präsentiert, in denen die Regierungschefs Gerhard Schröder und Angela Merkel sowie der frühere Verteidigungsminister Peter Struck den Afghanistan-Einsatz rechtfertigen. Als Schuldzuweisung für Bens Trauma wirkt das dann doch ausgesprochen aufgesetzt.

Hoffnungslos endet Ben Winters Geschichte jedoch nicht. Denn der Kriegsheimkehrer trifft draußen vor der Tür die Nachbarin - eine von Ulrike Folkerts mit kommissarhafter Strenge gespielte Ärztin -, die erkennt, dass er Hilfe braucht. Sie bringt ihn ins Bundeswehr-Krankenhaus, wo er sein Trauma bearbeiten kann. So wird am Ende nicht alles gut, aber immerhin besser.

Willkommen zuhause, ARD, 20.15 Uhr.

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