Liebt er noch? Will sie wieder ein Baby? Was treibt die Ex? Kaum vorstellbar, dass ein Drehbuch dem Rote-Teppich-Gekuschel von Brad Pitt und Angelina Jolie standhielte. Vielleicht geht es ja deshalb nicht voran mit der Fortsetzung von Mr. und Mrs. Smith. Für die Filmvermarktung sind Ehepaare vor der Kamera ein Gewinn, für die Filme eher selten. Denn als Zuschauer ist man eher abgelenkt von der echten Liebelei.
So gesehen haben Jan Josef Liefers und Anna Loos Glück gehabt. Zwar sind auch sie routinierte Rote-Teppich-Knutscher, aber da diese Teppiche in Deutschland derart unwichtig sind, lenkt es nicht weiter ab, wenn das Paar mal zusammen vor der Kamera steht. Und das tut dieses hier mit Lilys Geheimnis schon zum achten Mal.
Es sind die dunkeltraurigen Saiten des Melodrams, die der ZDF-Film anschlägt: Große Geschichte, große Gefühle. Alles beginnt in jener Nacht, als Lily (Anna Loos) und Konrad (Jan Josef Liefers), beide kaum 20, zusammen abhauen wollen, raus aus der DDR. Doch Konrad taucht nicht auf, sie versucht es alleine, wird geschnappt: Hohenschönhausen, Stasi-Knast.
20 Jahre später treffen sich Lily, Konrad und sein kleiner Bruder Monte (Janek Rieke) wieder. Konrad ist Staatsanwalt geworden, mutig, aber motorradfahrereinsam. Lily, im Leben robust, in der Liebe prosaisch, ist Bordellchefin, und der ängstliche Monte lebt ein Finanzbeamtenleben. Zufällig treffen sie sich, und plötzlich ist das Langverdrängte wieder Thema: Wer hat Lily verraten in jener Nacht?
Das Buch ist gewagt: deutsche Geschichte als Grundlage für ein Schicksals-Melodram, das ist anders als die Midlifecrisis-Sperenzchen, die man sonst auf diesem Sendeplatz zeigt. Ein Melodram aber will Tränen, Trommelwirbel, es verträgt keine Ironie. Doch weil Regisseur Andreas Senn seinem Drama offenbar nicht traut, lässt er Lily zwanghaft lustige Distanzierungsfloskeln aufsagen. Sie raunt dem müden Monte im Finanzamt "Ich hol dich hier raus" zu oder scherzt im Limousinenfond mit einem - für sie - frisch geschiedenen Herrn: "Ich fühl' mich wie in der Pralinenwerbung". So etwas ruiniert das Drama.
Wie typisch, wie fernsehfeige. Große Gefühle gibt es pilcherplatt oder mit pubertärem Verlegenheitshumor abgefedert. Begleitet wird das Ganze von arroganter Zuschauerunterschätzung: Der Spießer arbeitet im Finanzamt, die Hure hat Herz. Man könnte nun mit der Hochglanzpresse klagen, dass es an Brangelinas in Deutschland mangelt, für das Fernsehen aber ist es gar nicht schlecht. Denn das Ehepaar Loos-Liefers macht einen feinen Job im Durchschnittsfilm. Er gibt den Konrad leicht lädiert, sie ist das Sexbömbchen mit Augenringen, konzentriert und lässig. Ob die beiden noch ein Kind wollen? Egal. Ein guter Film wäre besser.
Lilys Geheimnis, ZDF, 20.15 Uhr.