Zum 60. Geburtstag von Pierce Brosnan:Gehänselt, verschmäht, begehrt

Probleme als Kind, später Erfolg als Schauspieler: Pierce Brosnan kann mehr als James Bond. Mit 60 ist er so alt wie die Romane von Ian Fleming - und froh, noch im Geschäft zu sein. Wenn auch nicht mehr als 007.

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Pierce Brosnan als James Bond

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Am Anfang stand eine wenig behütete Kindheit und auch der Erfolg als Schauspieler ließ auf sich warten. Doch Pierce Brosnan erweist sich bis heute als vielseitiger Darsteller, der mehr kann als James Bond. Mit 60 ist er so alt wie die Bond-Romane selbst - und froh, noch im Geschäft zu sein.

Schauen Sie sich diesen hübschen jungen Mann genau an: Sehen Sie irgendwelche Selbstzweifel? Identitätsprobleme, Sinnsuche, Außenseitergefühle, den Schmerz, nicht dazuzugehören? Nein? Nun, Pierce Brosnan ist eben ein guter Schauspieler. Vielleicht ein noch besserer, als man meint. Dass dieser Mann irgendwann einmal Bond, James Bond, spielen würde, war klar. Vor allem ihm selbst, seit er als Elfjähriger in London eine Erstaufführung von "Goldfinger" (1964) sah. Man könnte meinen, in diesem Alter wechsele ein Junge seine Berufswünsche noch wie seine Unterwäsche. Nicht so Pierce Brosnan.

"Der Morgen stirbt nie"

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Seine Kindheit war alles andere als unbeschwert, wie Brosnan selber in Interviews verriet. 1953 als einziges Kind eines Schreiners und einer Krankenschwester in Drogheda/Irland geboren, verließ der Vater die Familie, als der Sohn zwei Jahre alt war. Die Mutter fürchtete, in der katholischen Kleinstadt als Alleinerziehende anzuecken, zog nach London - und gab den kleinen Pierce zu seinen Großeltern. Seinen wenigen Freunden erzählte er, seine Mutter sei zu einem Kriegseinsatz in den Kongo geschickt worden. Bei seinen Großeltern fühlte er sich geborgen - bis beide starben. Er wurde weitergereicht zu einer Tante, die jedoch selbst gerade eine Familie aufbauen wollte und sich durch den Jungen gestört fühlte. Schließlich kam er zu einer anderen Tante, die ihn mehr akzeptierte.

Dennoch habe er sich stets als Außenseiter gefühlt, erinnert sich Brosnan. "Weil ich keine Vater- oder Mutterfigur hatte, habe ich mich selbst erzogen. Aus dem Schmerz heraus, keine Mutter mehr zu haben, erwuchs eine große Stärke, immer wieder eigene Entscheidungen zu treffen, das ganze Leben hindurch. Ich habe immer alleine eine Lösung gesucht. Es bringt mir nichts, mit anderen über meine Probleme zu reden."

James Bond 007 - Die Welt ist nicht genug

Quelle: picture-alliance / obs

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Seine ersten Schuljahre in einer Klosterschule waren ebenfalls kein Zuckerschlecken: Ständigen Disziplinarmaßnahmen durch die dortigen Mönche ausgeliefert, die er später als "brutal" und "faschistisch" bezeichnete, und die ihre Zöglinge schlugen, entkam er nur durch seine Auftritte als Messdiener. Diese verbuchte er als erste Theatererfahrung, die er "im Kostüm und vor Publikum" absolvierte. Als Elfjährigen holte ihn seine Mutter schließlich zu sich nach London, wo er mit Sean Connery in Goldfinger zum ersten Mal mit dem Kino in Berührung kam. Diese Welt, die so anders war als seine einsame Kindheit, glamourös, actiongeladen und freiheitsliebend, faszinierte ihn sofort. Vor allem Clint Eastwood mit seinem rauen Image gab ihm den letzten Anstoß, ebenfalls ein Filmstar werden zu wollen. Später kam Al Pacino als Vorbild hinzu. Doch abseits dieser Traumwelt, an seiner neuen Schule, ...

Pierce Brosnan in eine Szene aus "Der Morgen stirbt nie"

Quelle: REUTERS

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... gab es schon wieder Probleme: Als einziger Ire war er dort wegen seines fremdartigen Akzents dem Spott seiner Mitschüler ausgesetzt. "Dort bekam ich zum ersten Mal den Stachel der Vorurteile zu spüren. Sie machten sich über mich lustig", so Brosnan. Nun war er endlich bei seiner Mutter - und fühlte sich doch wieder allein. Mit 15 Jahren begann Brosnan eine Ausbildung in einem Künstlerstudio in London, brach sie aber wieder ab, um seinem anstregenden Alltag zu entfliehen. Er schlug sich als Feuerschlucker in einem Amsterdamer Zirkus, als Maler in Paris, Türsteher in London, Klempner und Illustrator durch - bis ihn ein theaterbegeisterter Kollege zu einem Theaterworkshop überredete.

Das war der Anfang: "Dort begann wirklich meine Ausformung als Künstler", wird sich Brosnan später erinnern. "Zu jemandem, der eine Stimme gefunden hatte, mit der er all den Schmerz, all die Ängste seiner Kindheit und den ganzen Zorn gegen die Gesellschaft ausdrücken konnte. Ich dachte: Ich kann fliegen, ich kann zeigen, dass ich kein zerstörtes Nichts bin, sondern ein Mensch."

Pierce BROSNAN GIBT AUTOGRAMME

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Der Anfang war gemacht: Der junge Ire blieb am Theater und studierte am "Drama Centre London". Der Dramatiker Tennessee Williams wurde auf ihn aufmerksam und gab ihm Rollen - auch wenn er zunächst auf seine Gage verzichten musste, weil die Einnahmen nicht stimmten. 1981 bekam er seine erste Serienrolle in der Mini-TV-Serie Die Manions in Amerika.

Nur kurz darauf gelang ihm im Fernsehen der Durchbruch: Remington Steele war geboren, mit ihm in der männlichen Hauptrolle. Die Krimiserie handelt von einer weiblichen Detektivin, Laura Holt (gespielt von Stephanie Zimbalist), die einen attraktiven Fremden (Brosnan) engagiert, um die Detektei zu vertreten. Weil sie als Frau weniger Vertrauen bei den Kunden genießt als ein Mann, soll "Steele", dessen wahre Identität nie geklärt wird, die Geschäfte pro forma führen. Fortan gehen beide zusammen auf Verbrecherjagd. Die Krimiserie lebt zum einen von dem Spannungsfeld zwischen intelligenter, aber erfolgloser Frau und stilsicherem, aber ominösem Mann. Und zum anderen von der Nonchalance und der umwerfend smarten, aber dennoch stark ironischen Figur des "Remington Steele". Beide leiten die Detektei anarchisch, aber energisch, mit vielen klassischen Filmzitaten und einer hinreißend rasant-resoluten Sekretärin (Mildred) an ihrer Seite. Die Serie machte Pierce Brosnan berühmt und läuft bis heute in vielen europäischen Ländern in ständigen Wiederholungen. Doch so sehr sie ihm zum Erfolg verhalf, ...

Pierce Brosnan

Quelle: Getty Images

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... so stoppte sie zugleich seine Karriere, zumindest den entscheidenden Schritt: Vom geheimnisvoll-eleganten "Remington Steele" zu James Bond wäre es eigentlich nur noch ein Katzensprung gewesen - so sahen das auch die Bond-Produzenten, und boten ihm schon 1986 die Nachfolge von Roger Moore für den neuen Bond-Film an. Doch Brosnan war damals noch der Serie vertraglich verpflichtet und musste absagen.

Eine tragische Verwicklung: Kurz nachdem er die Traumrolle seines Lebens hatte absagen müssen, wurde Remington Steele mitten in der fünften Staffel abgesetzt, angeblich wegen Problemen der Produzenten mit der Hauptdarstellerin. Er war wieder frei und hätte nun doch Bond spielen können. Doch da war Timothy Dalton schon verpflichtet worden. 1991 starb Brosnans Frau und Kollegin Cassandra Harris an Krebs. Das ehemalige Bond-Girl hatte er 1977 kennengelernt und drei Jahre später geheiratet. Sie hatte zwei Kinder mit in die Ehe gebracht.  Auf dem damaligen Höhepunkt seines schauspielerischen Erfolges zog sich Brosnan aus der Öffentlichkeit zurück, ging zurück nach Irland und gründete eine Stiftung für Krebsforschung. In seiner Heimat fand er auch unerwartet zur Malerei zurück, der er bis heute treu geblieben ist.

Der James-Bond-Film "GoldenEye"

Quelle: Imago Stock&People

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Nach einem Jahr Pause zog es ihn wieder zurück ins Filmgeschäft - um zum Weltstar zu avancieren: Filme wie Der Rasenmähermann (The Lawnmower Man) oder Mrs. Doubtfire machten ihn einem großen Publikum bekannt. Nach langen Spekulationen wurde 1994 bekannt, dass Brosnan nun doch den Bond spielen würde.

Sein erster Film als Agent der britischen Krone, GoldenEye (1995), spielte weltweit mehr als 350 Millionen Dollar ein und war der bis dahin erfolgreichste Bond. Pierce Brosnan war smart wie Roger Moore, selbstironisch wie Sean Connery, cooler als Timothy Dalton - und noch eine Spur eleganter als alle zusammen. Es folgten ...

Im Bild: Szene aus "GoldenEye"

" Stirb an einem anderen Tag "

Quelle: REUTERS/"Stirb an einem anderen Tag" mit Halle Berry

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... Der Morgen stirbt nie (1997), Die Welt ist nicht genug (1999) und Stirb an einem anderen Tag (2002) - allesamt sehr erfolgreiche 007-Verfilmungen. Doch obwohl der Ire seine Traumrolle gerne noch weiter gespielt hätte, vergaben die Produzenten die Rolle weiter - an Daniel Craig, der dem Geheimagenten ein neues, moderneres Image verleihen soll. Und das, obwohl Brosnan sich kurz zuvor schon mit Quentin Tarantino zusammengesetzt hatte, um die Rolle zu erneuern.

Für Brosnan waren die Absage und der Abschied von der Rolle seines Lebens eine herbe Niederlage: "Am Telefon wurde mir mitgeteilt, dass mein Dienst nicht mehr erwünscht sei", so der Schauspieler. "Ich war innerlich zerrissen, ich war sehr verletzt, ich hatte körperliche Schmerzen. Für mich war die Absage ein Schicksalsschlag." Offenbar ein weiterer in einer Reihe vieler Schicksalsschläge - und das, obwohl Brosnan immer wie aus dem Ei gepellt wirkt, ein Gentleman-Star mit Humor und sonnigem Gemüt, immer souverän und strahlend wie das Wetter in seiner neuen Wahlheimat Kalifornien, wo er seit den achtziger Jahren lebt. Doch die neuen Bond-Filme habe er sich seither nicht mehr ansehen können - obwohl er mit Craig befreundet ist.

RENE RUSSO AND PIERCE BROSNAN  IN SCENE FROM THE THOMAS CROWN AFFAIR

Quelle: REUTERS

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Mittlerweile ist Brosnan der Souverän seines eigenen Lebens geworden, hat eine Produktionsgesellschaft gegründet ("Irish DreamTime"), mit der er seine eigenen Filme drehen kann, wie zum Beispiel die Thomas Crown Affäre (1999) mit Rene Russo (im Bild). Er selbst spielt darin die männliche Hauptrolle, einen durchtriebenen reichen Geschäftsmann, der alles hat, was man sich wünschen kann, und sich einen Spaß daraus macht, seine Umwelt an der Nase herumzuführen, indem er ein teures Bild stiehlt, aber nicht überführt werden kann. Seine weibliche Gegenspielerin bekommt er am Ende natürlich auch noch.

Das Remake des gleichnamigen Filmes von 1968 wurde von den Kritikern als "wenig neu", dafür aber als besonders ironisch und elegant gelobt. "Die Schauspielerei ist mein Asyl, mein Zufluchtsort", hat Brosnan einst in einem Interview erklärt. "Die Freude an der Schauspielerei besteht ja grundsätzlich darin, vor sich selbst zu fliehen."

After the Sunset

Quelle: ZDF: Richard Forman Jr.

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Fluchtübungen absolvierte er seitdem noch in vielen weiteren Rollen, etwa wieder einmal als Dieb, wieder einmal an der Seite einer Schönen (Selma Hayek), in der Gauner-Komödie After the Sunset (2004), ...

Pierce Brosnan und Jamie Lee Curtis in dem Film "DER SCHNEIDER VON PANAMA", 2001

Quelle: DPA

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... oder wieder einmal als britischer Spion, mit Jamie Lee Curtis, in Der Schneider von Panama ...

Mord und Margaritas

Quelle: ZDF: D. Daza

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... und, noch einmal sehr selbstironisch, als alternder Auftragsmörder, der sich aus dem Geschäft zurückziehen will, in der Satire Mord und Margaritas (The Matador; 2005). Sein komisches Talent bewies Brosnan schon 1996 eindringlich in Tim Burtons Science-Fiction-Satire Mars Attacks!. Auch seine Sangeskünste hat er inzwischen erfolgreich vor Publikum getestet: In dem Musical Mamma Mia! (2008) an der Seite von Meryl Streep. Inzwischen ...

Pierce Brosnan im Film "Remember Me"

Quelle: Concorde Filmverleih

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... gibt er nicht mehr selbst den Verführer, sondern spielte in der Teenager-Romanze Remember Me (2010) den Vater eines neuen Sex-Symbols: Robert Pattinson. Auch ein Schönling wie Brosnan wird eben nicht jünger.

Pierce Brosnan und Ewan McGregor in "Ghostwriter"

Quelle: StudioCanal Filmverleih

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Außerdem spielte er 2010 neben Ewan McGregor (im Bild) in Ghost Writer, einem politisch engagierten Film unter der Regie von Roman Polanski, den britischen Premierminister. Im vergangenen Jahr war Brosnan in der romantischen Hollywood-Komödie "Love Is All You Need" als britischer Unternehmer zu sehen.

Pierce Brosnan und Keely Shaye-Smith bei James-Bond-Premiere

Quelle: REUTERS

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Im Privatleben ist der Schauspieler inzwischen zum zweiten Mal verheiratet, mit der Journalistin Keely Shaye-Smith. "Ein starker Mann hört auf seine Frau", so beschreibt er die Beziehung. Das Paar lebt im kalifornischen Malibu und auf Hawaii und hat zwei gemeinsame Kinder. Aus seiner ersten Ehe ...

GQ Men Of The Year Awards

Quelle: Getty Images

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... stammt sein Sohn Sean, den er sich in seinem nächsten Film Last Man Out an seiner Seite wünscht, wie die Zeitung The Independent berichtete. Brosnan spielt darin einen reuigen Ex-IRA-Killer. Die beiden ersten Kinder seiner ersten Frau hat er adoptiert. Auch Sohn Dylan will zum Film. "Natürlich helfe ich den Jungs", sagt Brosnan. "Aber letztlich muss jeder seinen eigenen Weg finden."

Pierce Brosnan auf dem Filmfestival Toronto, 2002

Quelle: REUTERS

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In dem Dokumentarfilm Jane's Journey (2010) pries er die Arbeit der Primatenforscherin Jane Goodall, die von der Sekretärin zur Mutter der heutigen Schimpansenforschung wurde. Auch er engagiert sich stark für den Umweltschutz und die Rettung vom Aussterben bedrohter Tiere. Als UNICEF-Botschafter reist er durch die Welt und unterstützt unter anderem die Meeresschutzorganisation "Sea Shepherd". Die Malerei verfolgt er weiterhin, auch für den guten Zweck. Für sein Engagement in Sachen globaler Umweltschutz wurde er 2007 mit der Goldenen Kamera in der Spezialkategorie Umwelt ausgezeichnet.

Pierce Brosnan

Quelle: DPA

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Dass Brosnan bei Männern wie Frauen fast gleichermaßen beliebt ist, liegt wohl auch daran, dass seine Filme meist raffinierte Actionszenen mit einem Helden-Image, romantischen Szenen und einer guten Portion Humor verbinden. Und warum Brosnan selbst seine glatte Oberfläche immer wieder ironisch zu brechen weiß, wissen wir ja nun. Wohlmöglich kann solch eine perfekte Fassade nur jemand spiegeln, der diese Perfektion eben nur spielt - und weiß, wie es dahinter in Wirklichkeit aussehen kann.

Seinen 60. Geburtstag wird er voraussichtlich im Kreis der Familie verbringen. "Ich werde mit meiner Liebsten und meinen Kindern feiern - man bedankt sich und dann geht es weiter."

Pierce Brosnan

Quelle: dpa

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"Ich habe im Leben viel Glück gehabt", sagt Brosnan im Rückblick. Den James Bond wird er wohl nie wieder spielen - aber er scheint sich selbst ganz gut therapiert zu haben und ist einfach froh, noch im Geschäft zu sein. Und man weiß ja auch nie, was Tarantino so plant ...

© sueddeutsche.de/dpa/rus/kath/lala
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