Es ist die Entwicklung dieses Regisseurs, der mit seinem Erstlingsfilm "Das Leben der Anderen" ein Ding von makelloser, fast erschreckender handwerklicher Präzision in die Welt gesetzt und dafür den Oscar gewonnen hatte. Die große Debatte hierzulande, Stasi hin, Verrat her, Künstlertum im Unrechtsstaat - die hat natürlich in Hollywood kaum einen interessiert. Dort hat man aber wie nirgendwo sonst eine Verehrung für jene, die handwerklich herausragen. Und Donnersmarck, der Zweimetermann, ragte heraus. Alle wollten mit ihm arbeiten.
Nur die Klügsten aber wissen in solchen Momenten, dass ein Werk, bei dem alle Puzzleteile wie magisch ineinanderfallen, auch ein Geschenk ist. Sie versuchen die Verbindung dorthin offenzuhalten, wo solche Geschenke herkommen. Sie achten darauf, diese höhere Instanz nicht zu beleidigen.
Florian Henckel von Donnersmarck tat ziemlich exakt das Gegenteil. Er betrat die Welt der Auserwählten wie ein neureicher Egomane. Er gab öffentlich Einschätzungen der eigenen Größe bekannt, die erst die Fallhöhe schufen, die ein richtiges Drama braucht. War es das vielleicht, was Steven Spielberg meinte, als er nach der Oscarverleihung auf ihn zukam? "You'll never get over this", sagte der große Steven zum großen Florian: Das wirst du nie verkraften. Seither fragt sich Donnersmarck, öffentlich irritiert, was Steven damit wohl gemeint haben könnte.
Die Frage stellt sich mit neuer Dringlichkeit, wenn man den weiteren Fortgang von "The Tourist" betrachtet. Zunächst steht da der Autor Donnersmarck auf dem Prüfstand, der überall erzählt, er habe das Drehbuch in sehr kurzer Zeit völlig umgeschrieben. Es geht also darum, dass Angelina einen Zug nach Venedig besteigt und dort scheinbar zufällig, in Wirklichkeit aber geplant, mit einem amerikanischen Touristen anbandelt: Johnny Depp. Das Setup dieser Begegnung, wo die Verfolger erst abgeschüttelt und dann doch wieder dazugeholt werden, ist unnötig kompliziert und im Detail recht dilettantisch ausgeführt.
Egal, jetzt müsste es jedenfalls zwischen den Stars zu knistern beginnen: Mystery Woman meets Everyman, verfolgt von Interpol, bösartigen Russenkillern, und so fort. Sie - eine einzige unverschämte Herausforderung. Er - nimmt diese natürlich an. Man hofft auf Dialoge voller Beiläufigkeit, hinter denen sich geschliffene Doppeldeutigkeiten verbergen, man wartet auf eine langsame, unaufhaltsame Eskalation.
Und was passiert? Gar nichts. Nichtssagende Sätze wie "wirklich schön hier" plumpsen den beiden Hauptdarstellern aus dem Mund wie festkochende deutsche Saatkartoffeln. Der Höhepunkt ist eine lustig gemeinte Verwechslung der Worte "ravenous" (heißhungrig) und "ravishing" (hinreißend), die vielleicht komisch wäre, wenn sie einem Ausländer wie Donnersmarck passiert - nicht aber im Gespräch zweier Wesen aus dem angelsächsischen Sprachraum. Im Medium des Englischen zeigt sich der Autor Donnersmarck als Totalausfall.
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