Irgendwie war das alles wie eine Reihe von Klassentreffen. Man kam zusammen alle paar Jahre, schaute, was aus den Einzelnen geworden war, ob sie sich entwickelt hatten, wie ihnen vorausgesagt wurde, oder ob die Zukunft andere Entwicklungen für sie brachte. 25 Jahre ist es inzwischen her, dass der erste Terminator-Film in die Kinos kam, und nochmal zwanzig wird es dauern, bis jenes Jahr 2029 erreicht ist, in dem das ganze Ding "begann".
In diesem fernen Jahr hat offenbar der gnadenlose Kampf der Menschen gegen die Maschinen eine entscheidende Phase erreicht, weshalb die Maschinen den menschenähnlichen Cyborg T 800 in das Jahr 1984 zurückschickten, auf dass er dort Sarah Connor ausschalte, damit die nicht ihren Sohn John empfangen und gebären konnte, der den Aufstand der Menschen gegen die Maschinen so erfolgreich anführen wird ...
Von den diversen Figuren aus dem Raum-Zeit-Kuddelmuddel dazwischen treffen wir in "Terminator - Die Erlösung" John Connor und seine Frau Kate wieder, und Kyle Reese, Johns Vater, der 2029 zur Zeugung in die Vergangenheit geschickt wird, 2018 aber, da "Terminator - Die Erlösung" spielt, noch ein nerviger Teenager ist.
Auch eine junggemodelte Version von Arnie Schwarzenegger tritt in Erscheinung, der Ur-T-800, der wie der Klassenbully daherkam und gern Klassensprecher wäre. Robert Patrick ist leider nicht mehr dabei, der gelackte Streber, der tödliche T-1000 aus dem zweiten Film. Statt ums Abi dreht sich hier alles um den Judgement Day, den Tag des Gerichts, an dem das Computersystem Skynet, das zum selbstbewussten Global Player avanciert war, die Atombomben auf der Erde zur Explosion brachte und die Menschheit auslöschte - bis auf eine rudimentäre Rebellentruppe ...
James Cameron ist heute einer der Letzten in Hollywood, für die das Filmemachen ein Amour fou ist. Die zwei Terminator-Filme, die er geschrieben und inszeniert hat, haben die Dichte homerischer Heldengeschichten, und die Cyborgs haben darin den Part der Unsterblichen übernommen. Für den vierten Teil wurde das motivliche Chaos nun stark reduziert, es ist der erste Film der Serie, der nur in der Zukunft spielt, nach dem Ende der zivilisierten Welt. We have a theme, erklärt Regisseur McG. Besser gesagt zwei wesentliche Themen: Thema Nummer eins ist die Last des Schicksals, der Bestimmung - nämlich die der John-Connor-Figur.
Thema Nummer zwei ist die Frage, was uns zu Menschen macht, dabei geht es um Marcus Wright, der neu ist im Gefecht, ein Einzelkämpfer im Italowestern-Outfit, der nur sehr sehr langsam mitkriegt, was für eine schizoide Figur er abgibt, als Mittelding zwischen Mensch und Maschine. Sam Worthington spielt ihn, den ausgerechnet auch James Cameron sich für seinen nächsten Film "Avatar" ausgewählt hatte. Ein australischer Akteur, ein Mann, der vom anderen Ende der Welt kommt. "Ich glaube", resümiert McG, "die beiden Themen gehen einen langen Weg in dem Film, und während dieser Tour jagen wir auch ein paar Sachen in die Luft."
Ein Kuss des Todes
Dass das Actionkino heute viel zu stark mit schwerfälligem Denkstoff befrachtet wird, wird inzwischen mehrfach beklagt, angesichts von "Wolverine" und dem neuen "Terminator". Ein Missverständnis, denn die Lässigkeit, die das Genre so gern demonstriert, hat noch nie seine ethnologische, historische, politische Basis kaschiert - dass es die Freiheit des Handelns, die Grenzenlosigkeit der menschlichen Identität erforscht. The future is not set ... Selbst in den Leichtgewichten wie den durchironisierten Roger-Moore-Bonds blitzt bisweilen etwas von diesem Vorhaben auf oder in den anämischen "Transformers"-Klamotten, die Spielberg produziert. Sein Indiana Jones bewegt sich ganz natürlich in der Aura des Geheimnisses von Leben und Tod, und auch die "Star Wars"-Saga des Freundes George Lucas ist davon affiziert. Und der neue "Terminator" beginnt mit einem merkwürdigen Kuss zwischen zwei Todgeweihten - in dem ein Junge den Geschmack des Todes kostet.
Zwei Themen, zwei Traumata. Der erste Terminator kam in die Kinos im Zentrum der Postmoderne. Er brachte den Anti-Ödipus ins Actionkino, ein Moment der Schizophrenie in die Kunst, die am stärksten kapitalistisch durchorganisiert war. Ein Individuum wird nun nicht mehr als feste Form betrachtet, sondern als Kollektiv innerer Bewegungen. Arnie zertrümmerte mit seinen Auftritten als Terminator die Vorstellungen, die man sich von einem Helden, von einem handelnden Ich machte. Ein Ich, das Fremdkörper bleibt. Das Überlegene und das Unbedarfte, das Bewusste und das Instinktive wurden zu einem neuen Prototyp legiert. Mechanisches und Maschinenhaftes war nun Teil der menschlichen Existenz. McG, der von den Internet-Fans verachtete Regisseur, weil er sich einen Namen gemacht hatte nur mit hochklassigen Werbeclips und zwei "Charlie's Angel"-Filmen, hat sich inzwischen als durchaus zuständig gezeigt für die Geschichte einer verzweifelten Zukunft, auch er hat die zerstörerische Kraft der Depression erlebt, die ihm schon ein ganzes Hollywoodprojekt versaut hat - er spielt da in der Lars-von-Trier-Klasse.
James Cameron bleibt gegen solche depressiven Schübe gefeit durch seinen Glauben an die Macht der Liebe - er hatte keine Probleme, vom Terminator zur Titanic zu wechseln. In den Momenten des Untergangs helfen bei ihm Solidarität und Familiensinn. Der Terminator ist am Ende der bessere Vater. Die lockeren Sprüche, für die Arnie legendär wurde, diese ganze "Hasta la vista, Baby"-Hipness, hat er von seinem Sohn John Connor gelernt. Das ist die schönste Utopie - ein Vater, der von seinem Sohn geschaffen wird.
TERMINATOR SALVATION, USA/D/GB 2009 - Regie: McG. Buch: John D. Brancato, Michael Ferris. Kamera: Shane Hurlbut. Schnitt: Conrad Buff. Musik: Danny Elfman. Produktionsdesign: Martin Laing. Mit: Christian Bale, Sam Worthington, Anton Yelchin, Moon Bloodgood, Bryce Dallas Howard, Helena Bonham Carter. Sony, 115 Minuten.