Im Kino: Natalie Portman:Ihr zweites Gesicht

Seit Beginn ihrer Karriere gilt Natalie Portman als das brave Mädchen von Hollywood. In ihrem neuen Film zeigt sie ihre dunkle Seite - und könnte dafür prompt einen Oscar gewinnen. Zufall? Die Bilder.

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(Foto: REUTERS)

Seit Beginn ihrer Karriere gilt Natalie Portman als das brave Mädchen von Hollywood. In ihrem neuen Film zeigt sie ihre dunkle Seite und gewinnt gleich einen Golden Globe. Was das nur wieder bedeutet? Es ist quasi unmöglich eine Einlassung über Natalie Portman aus den vergangenen 16 Jahren zu finden, in dem keiner der Begriffe keusch, brav, prüde oder vernünftig vorkommt. Seit Natalie Portman im Jahr 1994 mit dem Film Léon - Der Profi ihren großen Durchbruch feierte, ist es das, was alle am meisten interessiert: Warum ist dieses Mädchen so wohlerzogen? In dieser Woche nun kommt Natalie Portman mit einem Film in die Kinos, der so gar nicht zu dem passen will, was man sich über ihre Rollen bislang dachte. Prompt gewann sie dafür gerade einen Golden Globe, ihre Chancen auf den ersten Oscar dürften damit deutlich gestiegen sein. Was hat also das wieder zu bedeuten?  Text und Bildauswahl: Katharina Riehl/sueddeutsche.de/bön

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(Foto: dapd)

Um den aktuellen Erfolg der Natalie Portman erklären, muss man eine kleine Reise durch ihre Karriere unternehmen. Muss einen Blick darauf riskieren, warum Natalie und Nina, die ehrgeizige Tänzerin aus Black Swan, eine so überzeugende Verbindung eingehen konnten. Zum Inhalt des Films sei zunächst einmal so viel verraten: Nina Sayers, eine vom Ehrgeiz und dem Ehrgeiz ihrer Mutter getriebene Ballerina, will um alles in der Welt die Hauptrolle in Schwanensee tanzen. Der Regisseur hat die Idee, die Rolle des weißen und des schwarzen Schwans, der beiden großen Gegenspieler, von der selben Ballerina tanzen zu lassen. Und während er schnell davon überzeugt ist, mit Nina die perfekte Besetzung für den weißen Schwan gefunden zu haben, hat er zunehmend Zweifel daran, ob das brave Mädchen auch den bösen, lasziven Black Swan verkörpern kann. Unter dem Druck, sich endlich mal gehen zu lassen, verliert Nina zunehmend die Verbindung zur Realität - und um so weiter sie sich selbst verliert, desto näher kommt sie all dem, was man von ihr als schwarzem Schwan an Leidenschaft und Hingabe erwartet. So weit, so gut, so gruselig. Und doch kann man kaum eine Sekunde im Kinosessel sitzen, ohne ...

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(Foto: AP)

... das Gefühl, dass die Magie dieses Films nicht mit einem spannenden Drehbuch und guten Effekten zu erklären ist. Der Zuschauer glaubt vielmehr, Parallelen festzustellen zwischen dieser Nina und Natalie Portman - zumindest jener Natalie Portman, die man im vergangenen Jahrzehnt durch den medialen Filter kennenlernen durfte: ein ehrgeiziges Kind strenger Eltern, mit viel Disziplin und großen Erfolgen und einem kleinen Mangel an Sinnes- und Lebensfreude. Aber der Reihe nach.

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(Foto: dpa)

Natalie Portman wurde am 9. Juni 1981 unter dem Namen Hershlag in Jerusalem geboren. Sie ist die Tochter eines israelischen Arztes und einer Amerikanerin, ihre Großeltern waren während des Holocaust nach Israel geflohen, die Urgroßeltern waren im Konzentrationslager Auschwitz ums Leben gekommen. Noch lange bevor aus Natalie Hershlag Natalie Portman und eine der gefragtesten Schauspielerinnen Hollywoods wurde, zog ihre Familie aus dem Nahen Osten in die USA. Die Hershlags führten ein eher unstetes Leben, immer wieder zog das Einzelkind Natalie mit seinen Eltern um, von Maryland nach Washington D.C., nach New Haven nach New York. Vielleicht auch deshalb ...

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(Foto: dpa)

... wuchs die kleine Natalie von ihren Eltern sehr behütet auf. Sie war gut in der Schule, wo sie morgens beten musste, verbrachte viel Zeit mit Erwachsenen, lernte viel und gerne. Und daran änderte sich auch nichts als der Ruhm über sie hereinbrach. Wenn Journalisten sich mit Natalie Portman unterhielten, nachdem sie (angeblich) in einer Pizzeria entdeckt worden war und kurz nach ihrem Bühnendebüt in New York mit Luc Besson Léon - Der Profi gedreht hatte, kreiste fast immer alles um die eine Frage: Sind Ihre Eltern wirklich so streng? Aus dem braven Mädchen von der jüdischen Schule war schnell ein braver Hollywoodstar geworden. Eine junge Frau, die stes mit hochgeschlossenen Kleidern und einem in der Öffentlichkeit nicht existenten Privatleben auffiel. Keine Drogen, keine Typen, keine Nacktrollen, ...

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... gerade zu Beginn ihrer Karriere zog Natalie Portman klare Grenzen. Oder ihre Eltern. Anstatt an der Seite von Leonardo DiCaprio Romeo's Julia zu spielen oder Lolita aufzutreten, entschied sich Natalie Portman nach ihren ersten erfolgreichen Filmen (Al Pacinos Heat und Tim Burtons Mars Attacks) dafür, an den Broadway zurückzukehren. Im Jahr 1997 spielte sie dort Anne Frank, der Leinwand blieb sie drei Jahre lang fern.

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(Foto: AP)

So verwundert es nicht, dass Natalie Portman schon früh als eine der ernsthaftesten Nachwuchsschauspielerinnen Hollywoods galt. Als eine, die Projekte mit strenger Hand auswählt - oder ihre Eltern mit strenger Hand auswählen lässt. Man soll, so hieß es damals, Regisseure vor Natalie Portmans Eltern gewarnt haben, wenn sie mit der Tochter arbeiten wollten. Alles quatsch, erklärte sie später, ihre Eltern hätten einfach die Regel gehabt, dass sie auf der Leinwand nichts spielen sollte, was sie nicht im wahren Leben auch schon tat. Womit wohl Sexszenen mit 15 ausgeschlossen waren. Zu diesem Zeitpunkt sah Hollywood Natalie Portman ... Das Bild zeigt sie mit Susan Sarandon in der Mutter-Tochter-Geschichte Anywhere but Here, mit der sie 2000 ins Kino zurückkehrte.

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(Foto: dpa)

... schon lange als eine Unberührbare. Das Lob des kindlichen Charmes ihrer ersten Filme war in den Kritiken der wiederkehrenden Feststellung gewichen, dass Natalie Portman zwar schön und gut, aber eben auch ein bisschen steif und langweilig sei. So bekam sie dann auch die zwar große, aber völlig erotikfreie Rolle der Prinzessin Padmé in George Lucas' Star-Wars-Episoden I bis III angeboten. Filme, in denen sich ...

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(Foto: dpa)

... Hollywoods Mädchen hinter viel weißer Schminke und in wallenden Kostümen versteckte. Von der Kritik wurde sie oft glatt übersehen. Ihre nächste Rolle brachte Natalie Portman zahlreiche Preise und Kritikerlob ein, zeigte aber ein weiteres Mal, welche Mängel Hollywood bei ihr zu erkennen glaubte. In Closer, einer Art erotischem Kammerspiel, spielte sie eine Stripteasetänzerin. Neben vielen positiven Stimmen wurde auch immer wieder die Kritk laut, dass man ihr die Rolle wegen ihres "mädchenhaften, verletztlichen" Äußeren nicht abnehme. Doch, und das muss man Natalie Portman lassen, davon beirren lassen hat sie sich augenscheinlich nie. Auf Closer folgte die ...

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(Foto: AP)

... Independent-Produktion Garden State, in der sie an der Seite von Zach Braff die etwas durchgeknallte Sam spielte. Wieder eine klassische Mädchenrolle. Der Film ist das Regiedebüt des Schauspielers Braff und erzählt die Geschichte eines Jungen, der nach dem Tod seiner Mutter in seine Heimatstadt zurückkehrt. Er verliebt sich in Sam, der es gelingt, ihn aus seiner Depression zu reißen. In den Jahren darauf versuchte sich Natalie Portman in ganz unterschiedlichen Filmen. Mit rasiertem Kopf war sie in der Comicverfilmung V wie Vendetta zu sehen, ...

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(Foto: dpa)

.. im Historienfilm Goyas Geister spielte sie eine schöne Kaufmannstochter und die Geliebte des berühmten Hofmalers. Nach Rollen in einem Kinderfilm (Mr. Magoriums Wunderladen) und einem Roadmovie (My Blueberry Nights), zeigte sie sich in Wes Andersons Hotel Chevalier entgegen ihrer eigentlichen Überzeugung das erste Mal nackt, ...

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(Foto: dpa)

... was die Kritiker des Films mehr interessierte als die Geschichte. Sehr zu Natalie Portmans Ärger übrigens. Einen wieder eher zugeknöpften Filmerfolg feierte sie 2008, als sie neben Scarlett Johansson in Die Schwester der Königin als Anne Boleyn um die Gunst von König Heinrich VIII. buhlte. Eine Striptease-Tänzerin, eine Mätresse, eine Nacktszene? Vielleicht hat ...

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(Foto: AP)

... sich das brave Mädchen Hollywoods, wenn auch kaum merklich, ein wenig emanzipiert? Bishin zu dem Tag, an dem sie Black Swan drehte? Die Geschichte einer braven, ehrgeizigen jungen Frau, die allen zeigt, welch dunkle Seiten in ihr stecken? Natalie Portman wird für diese gespaltene Rolle, diese Frau zwischen Prüderie, Leidenschaft und Wahnsinn, wahrscheinlich einen Oscar gewinnen. Sicher auch, weil ...

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(Foto: Reuters)

... sie mit der Rolle auch den letzten Kritiker von ihren dunklen Seiten überzeugen kann. Ein bisschen helfen dürfte Natalie Portman dabei auch die Tatsache, dass sie bis zu ihrem zwölften Lebensjahr Ballett getanzt hat. Sie hat früh gelernt, ihren Körper einem Schwan gleich zu biegen. Und sie hat früh Disziplin gelernt. Wie Nina Sayer.

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