Im Kino: Männertrip:Das Duell im Inneren

Der Praktikant eines Labels erhält seine Chance, als er einen abgestürzten Rockstar nach L.A. bringen soll. Die Story weiß zwar nicht, wo sie hin will, doch Russell Brand spielt mit einem Irrwitz, der Monty-Python-Tradition erkennen lässt.

R. Gansera

In England bin ich ein berühmter Standup-Comedian. Es ist mir etwas peinlich, das zu erwähnen, aber mein Image braucht das Berühmtsein, denn sonst würde meine bizarre Haartracht als Zeichen von Geisteskrankheit erscheinen ..." Mit diesen Worten begann Russell Brand seine ersten Comedy-Shows 2008 in den USA. Seine Erscheinung auf der Bühne ist pure, mit Sexappeal wuchernde Rockstar-Exzentrik. Er spielt seine metrosexuellen Ambivalenzen ebenso hingebungsvoll aus wie sein Image als Provokateur und enfant terrible in der Lenny-Bruce-Tradition. Sich selbst bezeichnet der 1,90 Meter große Comedian als "zum Leben erweckte Vogelscheuche", in England ist er tatsächlich längst eine Berühmtheit - auch durch seinen Autobiografie-Bestseller My Booky Wook. Nun schickt er sich an, die USA und die Kinoleinwand zu erobern.

Jonah Hill, Russell Brand

Ein Plot wie von der Bartheke: Jonah Hill als Aaaron Green muss Russell Brand als ziemlich fertigen Rockstar Aldous Snow von London nach L.A. befördern.

(Foto: APN)

In Nicholas Stollers klamaukigem Regiedebüt Nie wieder Sex mit der Ex war Russell Brand in einer Nebenrolle als sexbesessener Ex-Junkie-Rockstar namens Aldous Snow zu sehen. In Männertrip (Original: "Get Him to the Greek") stellt Stoller diesen Aldous nun ins Zentrum eines wilden Sex-Drugs- and-Rock'n'Roll-Trips. Der Plot liest sich, als wäre er an einer Bartheke ausgeheckt: Aaron Green, der schüchterne Praktikant eines US-Plattenlabels (Jonah Hill), erhält seine große Chance, als er den britischen Rockstar Aldous Snow, der einst Top-of-the-Pops-Hits produzierte und nach allerlei Flops und Exzessen nun in der Versenkung verschwand, von London zum Comeback nach Los Angeles bringen soll.

Die Story verliert sich nach wenigen Minuten ins absolut Chaotische, weiß nicht genau, wo sie hin will, taumelt zwischen schriller Showbiz-Satire und gefühliger Buddy-Story, zwischen Beziehungsclinch-Realismus und einer bisweilen sogar fast dokumentarischen Beschreibung von Rockstar-Partyexzessen mit Gastauftritten von Pink, Christina Aguilera, Kate Perry (im wirklichen Leben Russell Brands Gattin) und Metallica-Bassist Lars Ulrich.

Wie verfahren die Story auch sein mag: Russell Brand macht daraus seine Nummern-Revue als diabolisch verführerischer Rockstar-Sexgott. Mit präzisem Timing und gebieterischer Präsenz gibt er den dauerbekifften Rock'n'Roll-Derwisch und Hohenpriester der Exzentrik. Sein Torkeln ist Choreographie aus Größenwahn, Sexappeal und Intelligenz, ähnlich wie bei Johnny Depps Pirat Jack Sparrow in den Karibikfilmen.

Konzeptuell bietet "Männertrip" einen kuriosen culture clash von amerikanischen und britischen Comedy-Stilen. Jonah Hill, aus der Judd-Apatow-Factory, als dickleibiger Aaron - eine Art Sancho Pansa an der Seite des gertenschlanken, durchgeknallten Rockstar-Don-Quijote - für die mit dem Magendarmtrakt verknüpften Banal-Gags herhalten. Hill verkörpert also den maternal und anal fixierten Komik-Typus derzeitiger amerikanischer Komödien. Russell Brands britischer Rockstar präsentiert sich hingegen als virile und genital fixierte Figur: raffiniert, glamourös und selbstzerstörerisch, mit einem Irrwitz, der durchaus Monty-Python-Tradition erkennen lässt.

Auch wenn sich die Story gar nicht so recht klar darüber ist, welches Komik-Duell sich in ihrem Innern abspielt - Russell Brands Nummern bereiten größtes Vergnügen. Man darf gespannt sein, wie sich seine Kino-Karriere gestalten wird. Demnächst ist er in Julie Taymors Verfilmung von Shakespeares "Tempest" zu sehen, neben Helen Mirren als Prospero - sie wird zum Abschluss des Filmfestivals in Venedig laufen. Welche Rolle er da übernommen hat? Natürlich die des Trinculo.

GET HIM TO THE GREEK, USA 2010 - Regie: Nicholas Stoller. Buch: Nicholas Stoller, nach Entwürfen von Jason Segel. Kamera: Robert D. Yeoman. Musik: Lyle Workman. Mit: Russell Brand, Jonah Hill, Sean "P. Diddy" Combs, Elisabeth Moss, Rose Byrne, Colm Meaney, Carla Gallo, Karl Theobald, Kristen Bell. Universal, 109 Minuten.

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