Im Kino: "King Arthur":Nach der Schlacht ist vor der Schlacht

Kinners, so zerbeult kommen wir nicht mehr zusammen. "King Arthur" zeigt uns die Kämpen der Tafelrunde als lustiges, trinkfreudiges Völkchen. Aber auch wieder staatsmännisch, sehr staatsmännisch sogar. Mit einem deutlichen Wink auf die wahren Imperien der Jetztzeit.

TOBIAS KNIEBE

Diesmal also - Trommelwirbel, Trompetenfanfaren - die wahre Geschichte.

Im Kino: "King Arthur": Keira Knightley gibt die Guinevere.

Keira Knightley gibt die Guinevere.

Noch nie erzählt, noch nie auf der Leinwand gesehen. So lautet die Verkaufsbotschaft für das neue Sommerspektakel aus dem Hause Bruckheimer.

Schon darin steckt dieser spezielle Größenwahn, für den man Jerry Bruckheimer, den Großproduzenten des Dolby-Surround-Tamtam, einerseits verflucht, andererseits auch immer wieder bewundern muss.

"King Arthur", die wahre Geschichte? Historisch gesicherte Erkenntnisse über eine Figur, die wie keine andere vom Nebel der Legende umwabert, vom Grau der Vorzeit eingehüllt, vom Leuchten des Grals überstrahlt wird?

Na klar, spannend wäre das, aber wir glauben kein Wort. Wir gehen sogar jede Wette ein, dass kein ernst zu nehmender Historiker für die Fakten in diesem Film gerade steht.

Am Ende handelt es sich doch nur um ein uraltes, längst bekanntes Phänomen: die Sehnsucht Hollywoods, seine Stoffe mit dem Gütesiegel geschichtlicher Korrektheit zu versehen und dann doch ganz unverfroren nach bewährten Genremustern zurechtzuschneiden.

Nach der Schlacht ist vor der Schlacht

David Franzoni, der Drehbuchautor, hat daraus praktisch sein Markenzeichen gemacht.

Er ist auch der Autor des wegweisenden "Gladiator", dessen Fehler zwar jedem Historiker die Haare zu Berge stehen lassen, der dann aber trotzdem irgendwie ein toller Film geworden ist.

Franzoni hat auch nie ein Hehl daraus gemacht, dass er zwar vom Römischen Reich fasziniert war, beim Schreiben aber an ein ganz anderes Imperium dachte, nämlich das amerikanische.

Diese aktualisierte Rom-Connection hat so gut funktioniert, dass sie nun einfach auf die Artus-Legende übertragen wird.

Der wahre King Arthur, erklärt der Vorspann, hieß eigentlich Arturius und lebte lange vor der Zeit, in der seine Legende spielt.

Er war halb Brite, halb Römer, er stand als Offizier im Dienste Marc Aurels, um den römischen Außenposten Britannien zu verteidigen.

Genau wie Maximus, der Held von "Gladiator", ist er ein loyaler Diener des Kaisers, bis sich dieser als korrupter Willkürherrscher erweist. Er ahnt es noch nicht, aber seine Aufgabe wird sein, ein neues, besseres Imperium zu gründen - das britische.

Clive Owen, der den Arthur spielt, scheint diesen Job äußerst ernst zu nehmen - jede Geste gerät ihm zutiefst staatsmännisch, jedes Wort zeugt von der Last der Verantwortung.

Zum Ausgleich sind die Kämpfer seiner Tafelrunde ein lustiges, trinkfreudiges Völkchen: Noch längst nicht zum Christentum bekehrt, an Ritterlichkeit nicht immer interessiert - und auch der Gral kann ihnen vorerst gestohlen bleiben.

n Wahrheit nämlich sind sie - wie schon Kurosawas "Sieben Samurai" - Legionäre im Dienst einer guten Sache, aber am Ende ihres Dienstes: Lancelot, Galahad, Tristan und die anderen dürfen heimkehren.

Nur aus Treue zu Arthur brechen sie zu einer letzten Mission gegen die angreifenden Sachsen auf. Die sind sehr zu fürchten; wegen ihrer grausigen Barttracht und weil sie von zwei Nordmännern mit schwerem Akzent geführt werden, Stellan Skarsgård und Til Schweiger.

Um überhaupt eine Chance zu haben, verbündet sich Arthur mit den Woads, quasi-schottischen Waldmenschen, geführt von Merlin und seiner kämpferischen Tochter Guinevere (Keira Knightley).

Spätestens hier wird klar, dass Autor Franzoni und der Regisseur Antoine Fuqua, der aus der schwarzen Hiphop-Kultur kommt, die bekannten Figuren der Legende einmal wild durcheinanderwirbeln werden und dann in neuer Konstellation zusammenführen.

Das Ergebnis ist nicht so schlimm wie, sagen wir, Sean Connery als King Arthur und Richard Gere als Ritter Lancelot - aber am Ende auch nicht zwingender oder überzeugender als manch andere, schnell vergessene Neufassung des Stoffs.

Der einzige Aspekt, der eine Weile im Gedächtnis bleibt, ist der des amtsmüden Imperiums. Rom hat sich in diesem Film bis zu den Grenzen seiner Möglichkeiten ausgedehnt, aber die Provinz Britannien kommt nicht zur Ruhe, und die Zentrale hat längst die Schnauze voll.

Der Kaiser wird seine Truppen zurückziehen, heißt es schon am Anfang, und natürlich gibt es wieder einmal keine Strategie für die Zeit danach. Dies ist, aus einem strategischen Thinktank namens Hollywood, auch eine Botschaft an die Völker der Welt: Mag die Herrschaft eines Imperiums auch schrecklich sein, so beginnt der wahre Schrecken doch erst, wenn dieses Imperium die Bühne verlässt.

KING ARTHUR,USA/Irland 2004 - Regie: Antoine Fuqua. Buch: David Franzoni. Kamera: Slawomir Idziak. Mit: Clive Owen, Keira Knightley, Stellan Skarsgård, Til Schweiger. BVI, 130 Minuten.

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