Im Kino: "Footloose", neue Version:Hier wird getanzt, nicht geschossen

Das ist sexy für jede Generation: Ein einsamer Cowboy befreit eine Kleinstadt von ihren Neurosen. Craig Brewer hat den Klassiker "Footloose" neu inszeniert und dabei einen modernen Western geschaffen. Es ist fast wie "damals": Das Tanzen wird zum Symbol der unterdrückten Gelüste der Highschool-Kids.

David Steinitz

Dieses Remake ist ein interessanter Fall pubertärer Besitzansprüche im fortschreitenden Alter. Ziemlich beleidigt wurde von den einstigen Kids der Reagen-Ära gerade auf das 2011er Update ihres "Footloose"-Tanzfilmklassikers von 1984 eingedroschen, in Kritiken und Blogeinträgen.

Footloose © 2011 Paramount Pictures

An ihr reibt sich Großstadtjunge Ren physisch: Pfarrerstochter Ariel (Julianne Hough).

(Foto: © 2011 Paramount Pictures)

Ja, der renitente Großstadtjunge Kevin Bacon, der die Kleinstadt Bomont in diesem Film aufmischt, ist verschwunden, genau wie sein Walkman. Stattdessen spielt nun der Newcomer Kenny Wormald die heilige Rolle des tanzenden Rebellen Ren MacCormack - und ja, er hat natürlich einen iPod.

So provoziert diese Neuverfilmung des erfolgreichen Films mit noch erfolgreicherem Soundtrack bei den Liebhabern des Originals vermutlich die Erkenntnis, dass die eigene Jugend schon dreißig Jahre her ist. Und, viel schlimmer, nicht einzigartig war: Da sind doch tatsächlich andere junge Menschen nachgewachsen, die dasselbe adoleszente Theater durchmachen, genauso intensiv, nur mit anderen Musikabspielgeräten.

Die Sorge um das ideelle Erbe von "Footloose" ist ohnehin unbegründet. Craig Brewer, einer der aufregendsten Regisseure des jüngeren amerikanischen Kinos, hat aus Herbert Ross' Original kein Highschool-Musical gemacht, sondern ein ziemlich raues Stück Kino, wie man es aus seinen früheren Filmen gewohnt ist.

Brewer hat 2005 "Hustle & Flow" gemacht und ein Jahr danach "Black Snake Moan", eine sehr eigene Variante des Musikfilms, in dem Samuel L. Jackson die wilde Christina Ricci an die Eisenkette legt, um ihr mit Bibel und Bluesgitarre die Nymphomanie auszutreiben. Inhaltlich erzählt er in seinem "Footloose" dieselbe Geschichte wie 1984: Nach dem Tod seiner Mutter zieht der Großstadtjunge Ren MacCormack zu Verwandten ins Südstaaten-Kaff Bomont, wo nach einem grausigen Party-Unfall ein öffentliches Tanzverbot gilt.

Ren reibt sich physisch an der hübschen Pfarrerstochter Ariel (Julianne Hough) und damit moralisch am grimmigen Pfarrer/Vater (Dennis Quaid), und mischt überhaupt das ganze biedere Kleinstadtleben auf. Das Tanzen wird zum Symbol der unterdrückten Gelüste der Highschool-Kids.

Am intensivsten und aggressivsten zeigt sich das in einer Szene, in der Ren vor lauter Wut auf die Enge und die Starrhalsigkeit des kirchentreuen Städtchens in ein verfallenes Fabrikgebäude flieht. Wütend boxt er in die Luft, schlägt um sich, rennt, springt, wie im Wahn. Ein explosiver Ausfall, von innen nach außen choreographiert als Tanz. Brewer erzählt die Story aus diesem fieberhaften Kern heraus als modernen Western.

"Footloose" ist also die Geschichte vom einsamen Cowboy, der eine Kleinstadt von ihren Peinigern, ihren lächerlichen Neurosen befreit - nur wird getanzt statt geschossen. Klassisches Americana also, ziemlich sexy für jede Generation. Und so wiederholt sich in der Rezeption wie im Film der immergleiche Krieg: Die Veränderung ist nur durch den Vatermord möglich, zumindest ideell, ohne den niemals etwas vorangeht für die Jugend.

FOOTLOOSE, USA 2011 - Regie: Craig Brewer. Buch: Dean Pitchford, Craig Brewer. Kamera: Amy Vincent. Musik: Deborah Lurie. Schnitt: Billy Fox. Mit: Kenny Wormald, Julianne Hough, Dennis Quaid, Miles Teller, Andie MacDowell. Paramount, 113 Minuten.

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