Im Kino: "Fanboys":Angriff der Nerd-Krieger

Insiderwitz, Zeitmaschine und Roadmovie zugleich: Die Komödie "Fanboys" feiert George Lucas' "Star Wars", die Außenseiter der Neunziger und das verschrobene Fan-Dasein.

David Steinitz

Kaiserliche "Stormtroopers" am Drive-In-Schalter, da fällt dem Mädchen, das eben die Bestellung durchs Fenster hinausreichen will, vor Schreck die Cola aus der Hand. Ein paar Jungs, die dem "Star Wars"-Universum entsprungen sind, dem Gefolge von Darth Vader, blicken ihr aus dem Auto entgegen. Es war einmal vor kurzem in einer nicht sehr weit entfernten Galaxie, hatte ein Schriftzug am Anfang des Films erklärt, der, in der vertrauten Star-Wars-Manier, im Weltall über die Leinwand gleitet.

Im Kino: "Fanboys": Echte Nerds stehen bei "Fanboys" im Mittelpunkt (v.l.): Zoe (Kristen Bell), Windows (Jay Baruchel) und Hutch (Dan Fogler).

Echte Nerds stehen bei "Fanboys" im Mittelpunkt (v.l.): Zoe (Kristen Bell), Windows (Jay Baruchel) und Hutch (Dan Fogler).

(Foto: Screenshot: filmstarts.de)

Der Film "Fanboys" von Kyle Newman ist Insiderwitz, Zeitmaschine und Roadmovie zugleich. Vier Jungs aus Ohio beschließen nach Kalifornien zu fahren und in die Skywalker-Ranch des Sternenkriege-Erfinders George Lucas einzubrechen - um den neuen "Star Wars"-Film vorab sehen zu können. Es ist das Jahr 1998, als, nach über zwei Jahrzehnten Durststrecke, die Kinoserie mit dem Prequel "Star Wars - Episode I" endlich fortgesetzt wurde. Der Handy-Kalender liefert den Countdown dazu, zeigt die Tage, die noch bleiben bis zum Kinostart an. Sechs Monate, zwölf Tage und acht Stunden sind es noch - da wird den Jungs klar, dass sie es nicht mehr so lange aushalten können.

1998 bedeutet für den Grundton dieses Films: College-Rock, Kurzarmshirts über Langarmshirts und nackte Hinterteile, die an Autofenster gedrückt werden. Das Kino der neunziger Jahre hat ein festes Bild der Teenager- und Twentyager-Kultur geformt, das sich der Regisseur hier rückerschließt, vorgegeben zum Beispiel in den "Scream"- und "American Pie"-Filmen und deren Nachahmern. Im neuen Film rückt aber der Nerd, eine unverzichtbare Nebenfigur in all den High School-Filmen jenes Jahrzehnts, in den Mittelpunkt. Der Motor des Films, mit tragischem Drive, ist Linus, der Krebs hat - den offiziellen Kinostart des Films vielleicht nicht mehr erleben wird und so einer verrückten Idee die Triebkraft gibt. Aber auch seine Nerd-Kollegen haben, nicht ganz so brutal wie Linus, am Leben zu knabbern: Die Mädchen, die Eltern, der Job - auch die unterbeschäftigten, vergnügungssüchtigen Kids der Neunziger dürfen hier Sorgen haben.

Es ist ein Selbstmordunternehmen, denn die Skywalker-Ranch gehört, nach dem Weißen Haus und dem Kreml, zu den am besten abgesicherten Gebäuden der Welt. Aber natürlich ist nicht die Ranch, sondern der Weg das Ziel - on the road werden in Amerika immer noch am schönsten persönliche Probleme gelöst. Dies passiert nie auf Kosten der Gags, und die basieren zuallererst auf Star Wars, immer wieder Star Wars, auf Star Wars und kein Ende (sowie auf dem abgrundtiefen Abscheu zwischen Sternenkriegern und "Star Trek"-Fans - ein famoser Gastauftritt von William Shatner, dem ehemaligen Kapitän Kirk!). Auch Brüste, Drogen, Schwule spielen eine Rolle, und all jene Wortklaubereien, wie es das Klamaukkino in den Neunzigern permanent vorexerziert hat.

Regisseur Kyle Newman vermeidet es dabei aber, den Humor zu sehr auf der Außenseiterrolle seiner Charaktere aufzubauen. Er macht sie zu Sonderlingen, die gern ein Plastiklichtschwert bei sich tragen - aber er macht sie liebenswert. Es ist die Freundschaft der vier Fanboys, zu denen sich später auch noch ein Girl gesellt, die sie stärkt - und nicht ihre Lichtschwertmanie, den Trekkies gegenüber wie auch im Leben. Das verschrobene Fan-Dasein - in dem Verschrobenheit auch nur eine Art von Konsequenz ist - ist nur ein zusätzlicher Garant dieser Freundschaft. Die lästerliche, die ganze Reise gefährdende, aber sehr berechtigte Frage bei der ganzen Unternehmung stellen sich die Fanboys erst sehr spät: "What if the movie sucks?" Die "Star Wars"-Fans im Jahr 2009 werden weise lächeln.

FANBOYS, USA 2008 - Regie: Kyle Newman. Buch: Ernest Cline, Adam F. Goldberg. Kamera: Lukas Ettlin. Schnitt: Seth Flaum. Mit: Sam Huntington, Chris Marquette, Dan Fogler, Jay Baruchel, Kristen Bell, Carrie Fisher, Ray Park, Billy Dee Williams, Seth Rogen, Jason Mewes, William Shatner. Capelight, 93 Minuten.

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