Im Kino: "Die nackte Wahrheit":Perverser Horror

Hysterische TV-Produzentin trifft unrasierten Macho: Ein Montag im Leben von Gerard Butler und Katherine Heigl muss der Horror sein. Eine Beziehungskomödie unter Monstern.

Jan Füchtjohann

Die nackte Wahrheit ist schwer zu ertragen. Die deutsche Sprache kennt dafür ein wunderschönes Wort: Enttäuschung. Wahr ist, was die Täuschung zerstört, was desillusioniert und wehtut. Der Horrorfilm spielt immer wieder mit diesem Schmerz: Sobald man darin idyllisches Familienglück sieht, weiß man sofort - der Frieden trügt, die Wahrheit sieht anders aus.

Im Kino: "Die nackte Wahrheit": Beide kommen vom psychisch gestörten Rand der Gesellschaft, er als beziehungsunfähiger Zyniker, sie als beziehungsunfähige Hysterikerin: Gerard Butler und Katherine Heigl in "Die nackte Wahrheit".

Beide kommen vom psychisch gestörten Rand der Gesellschaft, er als beziehungsunfähiger Zyniker, sie als beziehungsunfähige Hysterikerin: Gerard Butler und Katherine Heigl in "Die nackte Wahrheit".

(Foto: Foto: Filmverleih)

Die Romantic Comedy stellt diese Logik auf den Kopf. Hier liegt nicht hinter dem Familienglück der wahre Horror, sondern hinter dem Horror das wahre Familienglück. Die Protagonisten leben in widrigen Umständen, sind enttäuscht und desillusioniert, müssen kämpfen und finden schließlich die Liebe. Darum ist es wohl nicht unangemessen, die romantische Komödie als umgekehrten, oder mit einem Fremdwort: als perversen Horrorfilm zu bezeichnen.

Zumindest passt dieses Genre exakt auf "Die nackte Wahrheit", den neuen Film von Robert Luketic. Darin spielt Katherine Heigl eine neurotisch überkontrollierte Fernsehproduzentin mit schlechten Quoten, sexuell und im Beruf. Wer kann ihr da wohl helfen? Natürlich ihr Gegenteil, ein ungebremster, unverschämter, unrasierter - Mann. Ihr Vorgesetzter verordnet Mike Chadway (Gerard Butler). Der bringt "The Ugly Truth" in ihr Leben und ihre Arbeit: In einer Sendung mit diesem Namen verkündet er als Vorzeige-Chauvi enttäuschende Wahrheiten, die im Grunde immer das gleiche Thema variieren: "Men are from Bars, Women Need a Penis". Sein Rat an alle einsamen Frauen auf der Suche nach dem Richtigen? Geht ins Fitnessstudio.

Der Weg zum Glück ist dann verschlungen: In einer gegenseitigen "Erziehung der Gefühle" hilft der Macho der Verklemmten, die Sau, und die Verklemmte dem Macho, den Gentleman rauszulassen. Beide kommen vom psychisch gestörten Rand der Gesellschaft, er als beziehungsunfähiger Zyniker, sie als beziehungsunfähige Hysterikerin, und die Liebe führt sie schließlich in der Mitte zusammen. Der Film verwandelt also nicht normale Menschen in Monster, sondern Monster in normale Menschen. Ein perverser Horrorfilm eben.

Dafür spricht auch noch ein letztes Indiz: Der klassische Horrorfilm bringt das Normale zum leuchten. Der düstere Vordergrund aus Blut, Angst und Tränen lässt den verlorenen Alltag hell, prekär und schützenswert erscheinen. "Die nackte Wahrheit" tut in dieser Hinsicht deutlich weher: Ein Montag im neuen, gemeinsamen Leben von Gerard Butler und Katherine Heigl? Muss der Horror sein.

THE UGLY TRUTH, USA 2009 - Regie: Robert Luketic. Buch: Nicole Eastman, Karen Lutz, Kirsten Smith. Kamera: Russel Carpenter. Musik: Aaron Zigman. Mit Katherine Heigl, Gerard Butler, Eric Winter. Sony Pictures, 96 Minuten.

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