Im Kino: Dear John und The last song:Schöner sterben

Lesezeit: 4 min

Wenn Nicholas Sparks Geschichten schreibt, ist Autismus charmant und die Menschen reifen am Krebstod: zwei neue Filme mit Amanda Seyfried und Miley Cyrus.

Susan Vahabzadeh

Wahrscheinlich bringt kein anderes Mädchen auf der Welt Teenies gerade so schön zum Kreischen wie Miley Cyrus, und sie ist dabei, gemessen an den Jungs, die derzeit die Kinderzimmer unsicher machen - die "Twilight"-Vampire Robert Pattinson und Taylor Lautner oder der singende Justin Bieber - echt ein alter Hase. Als die Fernsehserie "Hannah Montana" in den USA 2006 anlief, war Miley erst dreizehn. Da ist es eigentlich kein Wunder, dass sie sich als Siebzehnjährige aufmacht, neue Entwicklungsstufen zu erklimmen. Den Anfang macht ihre erste richtig ernste Rolle - "Mit Dir an meiner Seite/The Last Song", gerade bei uns angelaufen, basiert auf einem Roman von Nicholas Sparks.

Ronnie (Miley Cyrus) ist eine begabte Pianistin, aber zum Trotz hat sie sich ein paar gepiercte Freunde gesucht. Dann lernt sie natürlich am Strand einen penetrant netten Jungen (Liam Hemsworth) kennen. (Foto: Foto: ap)

Wie hätte sich Britney Spears noch entwickeln sollen?

Nun ist Sparks zwar, vor allem hierzulande, nicht annähernd so populär wie Dan Brown oder John Grisham, Hollywood verfährt mit seinen Romanen aber ganz ähnlich: Seit der erste 1996 erschienen ist, hat er vierzehn weitere geschrieben, davon sind inzwischen acht verfilmt, "Mit Dir an meiner Seite" ist sozusagen ein Roman zum Film, das Drehbuch hat Sparks parallel mitgeschrieben. Und diese Woche kommt Lasse Hallströms Verfilmung des Sparks-Romans "Das Leuchten der Stille" bei uns ins Kino.

Miley Cyrus spielt in "Mit Dir an meiner Seite" eine Siebzehnjährige, die bei ihrem Vater in Georgia den Sommer verbringen muss, ein paar Monate, die aus einem zickigen, selbstsüchtigen Kind eine Erwachsene machen. Eine solche Rolle ist gut gewählt als zaghafter Einstieg in ein anderes Fach - wie überhaupt die Karriereplanung für Miley Cyrus bislang wesentlich besser ausgetüftelt wirkt als die von, sagen wir mal, Britney Spears. Die wurde so früh auf femme fatale getrimmt, dass wirklich mit zwanzig schon nichts mehr übrig war, wozu sie sich noch hätte entwickeln können.

Stocksauer, bockig und unklug

Bei Miley Cyrus geht alles ein wenig langsamer, der kleine Ausrutscher mit einem Foto, das sie halbnackt von hinten zeigt, ist vergessen. Ronnie, das Mädchen, das sie spielt, ist zunächst einmal ein echtes Kind - stocksauer über die Trennung der Eltern, bockig und unklug. Die Mutter (Kelly Preston) hat Ronnie und ihren kleinen Bruder beim Vater (Greg Kinnear) abgeladen, mit dem Ronnie seit der Scheidung nicht mehr redet - er hat die Kinder in New York zurückgelassen und ist in seine Heimatstadt zurückgekehrt.

Ronnie hat sich aus Trotz ein paar gepiercte Freunde gesucht und das Klavierspielen aufgegeben, obwohl sie so begabt ist, dass die Juilliard School sie ohne Aufnahmeprüfung nehmen würde. Sie lernt dann am Strand einen Jungen kennen, der so penetrant nett ist, dass ihr Vater ihm zwar einen Sicherheitsabstand zu Ronnie verordnet, ihn aber nicht verscheuchen kann.

Die große Familienversöhnung kommt dann zustande, als Ronnie erfährt, warum sie beim Vater sein muss ... Wie traurig diese Geschichte ist, das hat die Teenies in Amerika offensichtlich nicht gestört. Eine recht triviale Herzschmerzstory, mit einfachsten Mitteln von der Fernseh-Regisseurin Julie Anne Robinson erzählt - um Miley Cyrus als Schauspielerin zu etablieren, wird das genügen: Sie spielt diesen rebellischen, desorientierten Teenie ganz natürlich und liebenswert, aber sie bleibt das einzige, was der Film zu bieten hat.

Lasse Hallström hatte mit seiner Verfilmung von "Das Leuchten der Stille/Dear John" sicher mehr vor - und es ist dann doch weniger draus geworden. In seiner Geschichte lernt ein junger Soldat, John, verkörpert vom laut People Magazine amtierenden schönsten Mann der Welt, Channing Tatum, ein Mädchen kennen, Amanda Seyfried, und kann fortan nicht mehr von ihr lassen - es ist der Sommer 2001. Während John bald am Hindukusch unsere Freiheit verteidigt, heiratet das Mädel daheim aus Mitleid einen krebskranken Freund der Familie.

Lasse Hallström hat, unter andrerem, John Irvings "Gottes Werk und Teufels Beitrag" verfilmt, nach dessen eigenem Drehbuch und vielleicht auch deswegen der schönste aller Irving-Filme - und man kann ganz gut daran erkennen, wo der Unterschied ist zwischen Sparks und Irving, die beide sehr gefühlsbetont schreiben. Irving ist ein großer Sentimentaler, ein erfindungsreicher Erzähler und irgendwie ein gefühlvoller Poet - Sparks' Geschichten sind nicht annähernd so einfallsreich, und vor allem ist er nur gefühlsbetont bis zu dem Punkt, an dem es anfängt, ernstlich weh zu tun. Vielleicht liegt es daran, dass Hallström, eigentlich ein echter Profi, etwas aus dem Tritt gerät, immergleiche zähe Kameraschwenks mit einer immergleichen zähen Musiksauce unterlegt, was eine Art filmischen Hospitalismus erzeugt.

Sparks ist wohl deswegen so populär, weil er eine ganz eigene Art hat, auf Probleme zuzusteuern und sie dann doch zu umschiffen. Johns Vater beispielsweise leidet an Autismus, allerdings an einer sehr charmanten Art. Und Krebstod ist bei Sparks eine ästhetisch einwandfreie Sache, an der die Hinterbliebenen nicht zerbrechen, sondern reifen. Im Grunde muss man davon abraten, sich beide Filme zusammen anzusehen - da wird die Mechanik der Sparks-Geschichten, die schlichte Rezeptur, nach der er seine Liebesgeschichten braut, etwas aufdringlich.

Hier South Carolina, dort Georgia, Hauptsache, man begegnet sich am Südstaatenstrand, und die Väter sind extrem sterblich, und einer der beiden unglücklich Liebenden entpuppt sich immer als Kind reicher Eltern, die im prachtvollen Herrenhaus einer historischen Plantage residieren, und gerne geht man in der Freizeit caritativer Arbeit nach. So ist das mit dem Kitsch: Im Kern birgt er immer den Traum von einer besseren Welt.

DEAR JOHN, USA 2010 - Regie: Lasse Hallström. Buch: Jamie Linden. Kamera: Terry Stacey. Mit: Channing Tatum, Amanda Seyfried, Henry Thomas, Richard Jenkins. Kinowelt, 102 Minuten.

THE LAST SONG, USA 2010 - Regie: Julie Anne Robinson. Buch: Nicholas Sparks, Jeff Van Wie. Kamera: John Lindley. Mit: Miley Cyrus, Liam Hemsworth, Greg Kinnear, Kelly Preston. Disney, 107 Minuten.

© SZ vom 29.04.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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