Im Kino: Daft-Punk-Musik:Die gesichtslosen Franzosen

Das französische DJ-Duo "Daft Punk" gilt als Gottheit der elektronischen Musik. Dass es die Musik zum Film "Tron: Legacy" lieferte, passt perfekt. Aber gibt es den dämlichen Punk eigentlich noch wirklich?

Ruth Schneeberger

9 Bilder

Tron

Quelle: Disney Enterprises

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Das französische DJ-Duo "Daft Punk" gilt als Gottheit der elektronischen Musik. Dass es die Musik zum Film Tron: Legacy lieferte, passt perfekt. Aber gibt es den dämlichen Punk eigentlich noch wirklich? Die Bilder.

Jetzt mal bitte ganz genau hinschauen: Dies ist ein Bild aus dem Kinofilm Tron: Legacy, der aktuell in den deutschen Kinos zu sehen ist, ...

Text und Bildauswahl: Ruth Schneeberger/sueddeutsche.de/kar

Daft Punk Play Brisbane

Quelle: Getty Images

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... und dies ein Auftritt der House-Formation Daft Punk Ende 2007 in Australien. Erkennen Sie den Unterschied? Jetzt aber:

Tron: Legacy

Quelle: Disney Enterprises/dapd

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Hier noch einmal ein Ausschnitt aus Disney's filmischer Neuauflauge des SciFi-Spektakels Tron von 1982 über Computerprogramme, die laufen und vor allem Motorrad fahren lernen, ...

Konzert Daft Punk

Quelle: dpa

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... und hier erneut eine Aufnahme von einem Daft-Punk-Konzert, wieder 2007, diesmal in der Philipshalle in Düsseldorf. Problem erkannt? Richtig: Die Wesen im Computerfilm tragen menschliche Züge. Daft Punk geben sich damit nicht ab.

Passt es also gut oder schlecht, dass die Gottheiten der elektronischen Musik den Soundtrack zur Neuauflage des Meilensteins eines computergenerierten Filmes aus den achtziger Jahren liefern? Und wie steht es um Daft Punk selbst? Sind deren Houseklänge (Around the World, 1997, One more Time, 2000, Harder, Better, Faster, Stronger, 2001 und Human After All 2005) nicht inzwischen längst durch Nachfolger-Programme à la Justice überholt und elektronische Musik sowieso eine Erscheinung des ausgelaufenen 20. Jahrhunderts? Wir werden sehen:

BRITAIN-DAFT PUNK-ENTERTAINMENT-MUSIC-O2-WIRELESS-FESTIVAL

Quelle: Daft Punk im Hyde Park, London, 2007/AFP

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Ende der neunziger Jahre, Techno galt damals schon wieder als tot, schickten sich zwei Jungs aus Paris an, die elektronische Musikszene zu revolutionieren: Guy-Manuel de Homem-Christo und Thomas Bangalter hatten sich 1987 in der Schule kennengelernt und mit ihrer ersten Band Darlin' nur schlechte Kritiken bekommen, unter anderem die eines Kritikers der britischen Musikzeitschrift Melody Maker, dass ihre Musik "daft punk" sei, auf Deutsch: dämlicher Punk.

Thomas Bangalter ließ sich als Sohn des französischen Hitkomponisten und Produzenten Daniel Vangarde (D.I.S.C.O.) nicht entmutigen - der neue Name und die neue Band waren geboren und von nun an unaufhaltsam: Die beiden Musikanten zogen vor, sich dem produktionsgetriebenen Geschäft und dem angestrebten Starrummel rein optisch zu entziehen - sie trugen Helme. Passend zu ihrer Musik, die sich aus Computern generierte, trat das französische Duo als menschenunähnliche Combo mit Roboterhelmen auf - und hat es bis heute geschafft, seine humanoide Hüller erfolgreich vor der Öffentlichkeit zu verstecken. Kaum jemand kennt die echten Gesichter und Stimmen des elektronischen Duos, anders als bei ihren eigenen Vorgängern, den Chemical Brothers. Das schafft viel Raum für Spekulationen:

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Quelle: screenshot: sueddeutsche.de

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Obwohl im Netz durchaus Fotos kursieren, die glaubhaft versichern, den beiden unter die Helme geschaut zu haben (hier eine Google-Übersicht), gibt es keine öffentlichen Bilder der beiden House-Götter ohne Helm. Die Spekulationen gehen so weit, ...

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Quelle: Screenshot: sueddeutsche.de

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... dass gar ernsthaft gemunkelt wird, hinter Daft Punk steckten dieselben Köpfe wie hinter ihrer ebenfalls höchst erfolgreichen Nachfolgeorganisation Justice. Und wenn man dazu die richtigen Bilder nebeneinanderstellt (wie hier in einem Blog dargestellt), könnte man daran sogar glauben. Zwar gibt es auch Bilder von Justice mit Daft Punk, aber die Idee klingt in diesem Universum allzu verlockend:

FRANCE-MUSIC-JUSTICE

Quelle: AFP

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Die ebenfalls so agilen wie erfolgreichen Jungs des ebenfalls französischen DJ-Duos Justice  (links Gaspard Augé, rechts Xavier de Rosnay) gelten mit ihrem elektronischen Remix-Sound (Never Be Alone, D.A.N.C.E.), als legitime Nachfolger von Daft Punk in der jüngeren Version. Sollte es Daft Punk also doch gelungen sein, sich unter ihren Helmen geschickt zu konservieren, das Programm zu refreshen und umso jugendlicher unter neuem Namen neu durchzustarten? Es wäre wohl zu schön, um wahr zu sein, denn dann hätten sie ein Prinzip perfektioniert, für das sie von Anfang an standen und mit dem sie auch nun, pünktlich zum Beginn des Kinofilms Tron: Legacy, den Elektro-Kreislauf schließen:

Tron Legacy

Quelle: Disney Enterprises

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Für den Film haben die beiden gesichtslosen Franzosen nicht nur den Soundtrack konzipiert, diesen pünktlich zum Weihnachtsgeschäft noch als Album auf den Markt geworfen, sondern sie treten darin auch in einer Szene auf - als DJ-Programme, die die lebendige Programmmeute anheizen. "Elektrifiziert die Jungs und Mädchen!" lautet der Aufruf des Entertainment-Programmes an die beiden DJs im Film - und nichts anderes haben Daft Punk ja seit jeher getan.

Auch wenn ihr Soundtrack weniger als Tanzmusik denn als Filmmusik daherkommt, geradezu wagnerianisch überspitzt, mit eindeutigen Reminiszenzen an die Computerprogramme der 80er Jahre und eigentlich bombastischer denn je: Mit diesem vorläufigen Endpunkt ihrer Schaffensperiode und dem Soundtrack zu Tron: Legacy haben Daft Punk ihre Metamorphose vollendet. Sie sind nun endgültig zu digitalen Figuren verschmolzen - und die digitale Welt mit Ihnen. Harder, better, faster, stronger kann es nun nicht mehr werden.

© sueddeutsche.de/rus
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