Süddeutsche Zeitung

Im Kino: Country Strong:Es war einmal ein Star

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Gwyneth Paltrow spielt in "Country Strong" einen singenden Showstar, der unbedingt zurück ins Rampenlicht will. Es gibt nur einen, der in diesem Drama nicht singt.

Fritz Göttler

American Dreams. American Drive. Ein Mann und eine Frau, in einem leeren Güterwaggon, die Tür ist weit offen, draußen zieht die Landschaft vorbei. Die zwei wollten weg aus der normalen Welt, für einen Nachmittag, wollten einfach etwas Verrücktes tun. Lust der Ungebundenheit, der Unbehaustheit, eine Urszene des amerikanischen Kinos. Der Waggon wirkt noch wie eine Bühne, aber die alte klassische Perspektive ist aufgelöst, die fixierte Beziehung des Betrachters auf sein Objekt. Die Zuschauer selbst sind nun, im Kino, auch in Bewegung.

"Country Strong" erzählt von einem Rückkehrversuch, vom Comeback einer Sängerin, und wie sie sich darin wieder finden will. Kelly Canter hatte einen Zusammenbruch bei einer Show in Dallas - Alkohol, ein Sturz, eine Fehlgeburt -, sie ging in die Rehab, die sie nun vorzeitig verlässt, um ihre Karriere wieder aufzunehmen.

Zwei Männer kontrollieren ihre Bewegung, ihr Mann & Manager & Mentor treibt sie an, ein junger Pfleger, den sie mit auf Tour nehmen, versucht sie zu bremsen. Gemeinsam arbeiten sie an ihren Songs, der Junge hat seine ersten eigenen Auftritte. Gwyneth Paltrow ist Kelly Canter, Garrett Hedlund der junge Beau Hutton, Tim McGraw ist Kellys Mann - der Nashville-Star ist der Einzige, der nicht singt im Film von Shana Feste.

Es geht um Authentizität im Countrybusiness, um die Projektionsflächen in einem Showbetrieb, der auf Aufrichtigkeit beharrt. Anders als Jeff Bridges in "Crazy Heart" - für den er voriges Jahr den Oscar bekam - agieren und arbeiten die Leute hier nicht aus sich selbst heraus. Auch Paltrow singt selbst, sie markiert die Härte und Verletzlichkeit ihrer Figur: "You may fool me, and I'll fall, but I won't stay down long, cause I'm country strong ..."

Die Kamera umhegt sie mit zärtlichem Licht, John Bailey ist da am Werk, der seit Jahrzehnten die leuchtendsten Bilder in Hollywood macht, seit dem "American Gigolo", 1980.

Kelly Canter geht unter in einer Megashow, die nichts mehr zu tun hat mit der vertrauten Country-Intimität. Sie ertrinkt in einer Bilderflut. "Sehen Sie", hat Tim McGraw in einem Interview diesen verzweifelten Comebackversuch beschrieben, "Liebe kann von der Wand zurückprallen und neu wachsen und sich neu erfinden, aber wenn jemand sich nicht selbst vergeben kann für etwas, dann, denke ich, verdorrt die Liebe."

COUNTRY STRONG, USA 2010 - Regie, Buch: Shana Feste. Kamera; John Bailey. Musik: Michael Brook. Schnitt: Carol Littleton, Conor O'Neill. Mit: Gwyneth Paltrow, Garrett Hedlund, Tim McGraw. Verleih: Sony, 117 Min.

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Quelle:
SZ vom 09.06.2011
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