Im Kino: Bon Appétit:Gefühlsstrudel

Daniel und Hanna können nicht mit und nicht ohne einander. Sie sind gemeinsam einsam. "Bon Appétit" ist vorhersehbar und etwas ermüdend - doch Nora Tschirner zeigt, dass sie mehr kann als zickige Kindergärtnerin.

Sarah Ehrmann

Eine romantische Vorweihnachtskomödie, angesiedelt in einem Zürcher Nobelrestaurant, und der Regisseur, der Spanier David Pinillos, hat sich, noch weitgehend unerfahren in seinem Metier, direkt inspirieren lassen vom Metier seiner Helden - er orientiert sich in seinem Debütfilm "Bon Appétit" an einem klassischen Drei-Gänge-Menü. Das Amuse-Gueule, der Gaumenkitzler, ist bei ihm der Auftakt für eine komplizierte Liebesgeschichte zwischen dem Nachwuchskoch Daniel (Unax Ugalde), aus dem Baskenland ins winterlich verschneite Zürich gekommen, um Top Class Küche zu machen, und der Sommelière Hanna (Nora Tschirner). Die wiederum hatte eine kurze Affaire mit dem italienischen Chefkoch, ist aber seit einem Jahr mit dem Restaurantchef - Herbert Knaup, wunderbar tyrannisch und feige - liiert.

In der Komoedie 'Bon Appetit' geht in einem Zuercher Edelrestaurant die Liebe durch den Magen

Kriegen sie sich oder kriegen sie sich nicht? Nora Tschirner und Unax Ugalde in der Küchenkomödie "Bon Appétit".

(Foto: dapd)

Als die Rehäugige nach einem gemeinsamen Abend den frisch getrennten Daniel küsst, löst sie eine Welle der Verwirrungen aus. Das spanisch-italienisch-deutsche Küchentrio gerät in einen Gefühlsstrudel, in dem alle Geschmacksrichtungen vertreten sind - scharf, süß und bitter. Freundschaften werden hinterfragt, Arbeit, Karriere, Zukunftspläne, Loyalitäten. Die schier grenzenlose Entscheidungsfreiheit kollidiert dann doch mit den Arbeitsbedingungen, und Hanna flieht in eine selbst gewählte Einsamkeit, bevor auch sie ihre "Kein Mensch ist eine Insel"-Erfahrung macht.

Im Hin und Her zwischen Bilbao, Zürich und München können Daniel und Hanna weder mit noch ohne einander. Stundenlange Handygespräche in der Morgendämmerung, Kochsessions aus dem leeren Kühlschrank heraus, eine Geburt - dennoch können sie sich nicht langfristig aneinander binden. Sie sind gemeinsam einsam. "Bon Appétit" ist, trotz wunderschöner Menschen in idyllisch verschneiter Schneelandschaft, eine Liebeserklärung an die Melancholie und das Hintergründige: Der abschreckend hektisch gezeigte Restaurantalltag bringt wunderschöne Kreationen hervor, die phantastisch eingerichteten Wohnungen sind unbrauchbar, wenn niemand darin lebt.

Die Geschichte ist zwar etwas vorhersehbar, das ständige Auf und Ab etwas ermüdend, aber die Schauspieler trösten darüber hinweg. Nora Tschirner zeigt, dass sie viel mehr kann als zickige Kindergärtnerin bei Til Schweiger. Unax Ugalde und Giulio Berruti als sein Kochkumpel ergänzen sich wie ein Doppel im Tennis, und das Mit- und Gegeneinander der beiden Südländer analysiert das Geheimnis einer Männerfreundschaft in all seinen Facetten.

BON APPETIT, Sp/I/D 2010 - Regie: David Pinillos. Buch: Paco Cabezas, Juan Carlos Rubio, David Pinillos. Kamera: Aitor Mantxola. Musik: Marcel Vaid. Schnitt: Fernando Franco. Mit: Nora Tschirner, Unax Ugalde, Herbert Knaup, Giulio Berruti. Warner, 91 Minuten.

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