Im Interview: Gunter Sachs:"Auch Playboys werden weiser"

Wie gewinnt man eine Frau wie Brigitte Bardot? Gunter Sachs über Romantik, die wilden 60er und die größte Gefahr, die der Menschheit droht: das Internet.

Willi Winkler

Das Atelier von Gunter Sachs befindet sich weit im Osten von München, dort, wo sich Fuchs und Hase schon lange nicht mehr gute Nacht sagen. Die Halle ist mit Produktionsmaterial vollgekrempelt, alles in strengster Ordnung: Scheinwerfer, Mannequins aus Plastik, Kameras, Kunstkataloge, Illustrierte, Ausstellungsplakate, Computer, die tägliche Bild-Zeitung. An den Wänden: schlanke, aufwändig fotografierte Frauen. Brigitte Bardot ist immer wieder dabei, ihre Nachfolgerin Claudia Schiffer, dazwischen der Künstler: als Siebdruck, verfremdet zum Dracula. Mitten drin Gunter Sachs selber, das Bild von einem Mann: silberhaarig, den Schal um den Hals, aber auch aufgeregt, in der Hand eine Liste mit allem, was noch unbedingt besorgt werden muss.

Im Interview: Gunter Sachs: Der Sammler Gunter Sachs hat ein Näschen für Kunst: Einen Warhol verkaufte er für das 1300-fache des ursprünglichen Preises.

Der Sammler Gunter Sachs hat ein Näschen für Kunst: Einen Warhol verkaufte er für das 1300-fache des ursprünglichen Preises.

(Foto: Foto: dpa)

SZ: Herr Sachs, Sie haben so ziemlich alle gefährlichen Sportarten durchprobiert. Hatten Sie nie Angst?

Gunter Sachs: Nein, eigentlich nicht. Aber speziell beim Cresta hat jeder etwas Bammel, weil der Run schon anfangs sehr steil abfällt. Andererseits war ich schon ziemlich früh - als wir während des Krieges in Lenzerheide wohnten - auf der großen Sprungschanze. Da lernt man den inneren Schweinehund zu überwinden. Ich bin eigentlich alles gefahren, gesprungen und ohne Flugzeug geflogen, aber nie ist etwas wirklich Größeres passiert. Allerdings ging ich nur sehr selten an meine Grenzen. So habe ich nur ein Autorennen gewonnen - weil ich bei Überholmanövern an den Abend mit dem schönen Mädchen dachte.

SZ: Da drüben hängt ein Foto, wie Sie ohne Helm Motorrad fahren. Wie schnell waren Sie da?

Sachs: Nicht sehr schnell, vielleicht 120, der Fotograf musste ja schließlich auch mitkommen. Im Übrigen kann man ein Motorrad mit oder ohne Helm kontrollieren.

SZ: Sind Sie nie mit Helm gefahren?

Sachs: Gehen Sie etwa mit einem Helm ins Konzert? Mit Helm Motorrad zu fahren, ist wie der fahle Kuss einer Tante. Da hören Sie doch nichts! Wo bleibt da der Wind, das Geräusch, die Geschwindigkeit, der Rausch?

SZ: Keine Angst vor einem Sturz?

Sachs: Ich habe mehr Angst davor, Reden zu halten.

SZ: Aber erlauben Sie, Herr Sachs, das kann doch nicht sein. Sie sind der Inbegriff des weltläufigen Mannes. Heute Sylt, morgen New York - immer Party. Da bleibt doch für solche Unsicherheit gar keine Zeit.

Sachs: Zunächst, zu Partys bin ich mein Leben lang ungern gegangen. Mit dem Redenhalten sage ich mir - ich kann andere Dinge.

SZ: Wie haben Sie dann die vielen Frauen erobert?

Sachs: So viele waren es nicht, aber sie standen mehr in der Zeitung als andere. Erobern ist das falsche Wort. Die meisten Frauen waren ansprechbar, wenn man ihnen zuhörte, sie nicht überfiel und - wie in meinem Fall - mit einem Quäntchen Romantik überraschte. Mein Freund Roman Polanski erklärte mir neulich, wie man sich heute kennenlernt. In der Disco sagt der Junge zum Mädchen: "Do you like Mick Jagger?" "Yes - I do." "Let's go to bed."

SZ: Ist doch auch ganz flott.

Sachs: Er hat mir auch nach dem Besuch eines Films geraten: "Du darfst japanische Filme nur mit Untertiteln sehen. Da schreit der Japaner: 'Hi haa tooé sampa heyi' und drunter steht: 'Entschuldigung, wo ist hier die Bahnhofstraße?' ... und auf Schwedisch ist es genau umgekehrt." Meine Frau, die aus Schweden kommt, lachte - aber ich glaube aus Höflichkeit.

SZ: Sie waren Deutschlands einziger Playboy. Was machen Sie heute?

Sachs: Ich muss Sie enttäuschen: Die Playboy-Zeit war so etwa 1969 vorbei. Da heiratete ich Mirja - vor 39 Jahren. Ich fühlte mich glücklich mit ihr in unserer Ehe. Natürlich blieben die Côte d'Azur, die Freunde, Bekannten und schöne Reisen. Aber alles war natürlicher und gelassener als in den drei Jahren davor, mit gefährlichen Mondscheinfahrten, abgeworfenen Rosen und Sprüngen aus Helikoptern. Auch Playboys werden weiser.

SZ: Wie gewinnt man eine Frau wie Brigitte Bardot, noch dazu als Deutscher?

Sachs: Genauso wie mich - mit Romantik. Das war unser großes gemeinsames Band. Nicht Hotels wie das Carlton - sondern verträumte Diners am Strand.

SZ: Was ist der Unterschied zwischen Männern und Frauen, und kann man mit Frauen Freundschaften ohne erotische Beziehung haben?

Sachs: Ich sagte einmal, Männer fliegen zum Mond, um seine andere Seite zu kennen, die Frauen ertasten sie. Männer wollen wissen, die Frauen möchten glauben. Mich haben Frauen und ihre Ansichten stets interessiert. Lunches mit Coco Chanel liebte ich und hörte ihr eigentlich dauernd zu, genauso wie ich mit Jane Fonda oder Jean Seberg gerne diskutierte. Ich hatte Freundinnen - meistens aufgeweckte -, mit denen ich sehr oft zusammen war, ohne ein erotisches Verhältnis zu haben. Das ist auch meistens beständiger.

SZ: Wie war das mit Soraya?

Sachs: Sie war eine Mischung aus Deutschland und Orient; ihre Mutter kam ja aus Berlin. Soraya hörte bei Tisch lieber zu, als dass sie erzählte. Wenn jemand sie langweilte, wiegte sie mit dem Kopf. Aber wenn sie nur mit Freunden war, konnte sie ausgelassen sein, und das mit viel Humor.

SZ: Soraya war immerhin die Frau des Schahs von Persien gewesen. Sie waren der Inbegriff des Verführers. Konnten Sie jede Frau haben?

Sachs: Auf der Welt leben wohl zu viele. Aber im Ernst, natürlich konnte ich nicht - und übrigens lebte ich meistens mit einer Freundin und in monogamen Verhältnissen.

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"Auch Playboys werden weiser"

SZ: 1973 gab es eine Umfrage, nach der Sie noch vor dem Bundespräsidenten als der bekannteste Deutsche galten.

Sachs: Das kam im Januar 1973 am Tage unserer Aufsichtsratssitzung heraus - mir war das furchtbar peinlich, weil die das alle gelesen hatten.

SZ: Wie darf ich mir das vorstellen: Sie waren Playboy und haben sich gleichzeitig um die Firma Fichtel & Sachs gekümmert?

Sachs: Nie wurde ich fotografiert, wenn ich morgens mit der Aktentasche ins Büro ging. Für den Illustriertenleser war ich elf Monate im Jahr in Saint-Tropez. In Tat und Wahrheit habe ich die Firma an leitender Stelle immerhin 18 Jahre mitgeführt. Ich hatte eine Organisation, die mich täglich auf dem Laufenden hielt, auch die fünf Wochen in Saint-Tropez. Selbst die späteren Käufer attestierten mir, dass Fichtel & Sachs erstklassig geführt war.

SZ: Ihr Vater, der Industrielle Willy Sachs, hat sich 1958 in seiner Jagdhütte erschossen. Wie haben Sie das erlebt?

Sachs: Nach der Scheidung meiner Eltern bin ich schon als kleines Kind mit meiner Mutter in die Schweiz gezogen, so stand ich meinem Vater nicht so nahe wie andere Kinder. Sein Tod kam gleichwohl äußerst unerwartet. Ich erlebte ihn meistens guter Laune und oft sehr lustig, manchmal auch aufbrausend, was aber schnell vorüber ging. Seit seiner amerikanischen Gefangenschaft soll er oft sehr depressiv gewesen sein - aber so erlebte ich ihn nie. Dass er so gelitten hat, wie er gelitten haben muss, war uns Brüdern nicht bewusst. Depressive verfügen ja meist nicht über die Kraft, sich das Leben zu nehmen, aber als Jäger mit Waffen im Haus gab es hier keine Hindernisse.

SZ: Ist Ihnen das Gefühl fremd, dass man nach außen lebenslustig ist, aber einen trotzdem Depressionen befallen?

Sachs: Anfang der Sechzigerjahre hatte ich eine schwer kranke Freundin, die ich zwei Jahre in meinem Haus in Lausanne pflegte. Da musste ich, trotz riesiger Sorgen, vor ihr stets fröhlich wirken. Vielleicht geht es Depressiven ähnlich.

SZ: Was war die beste Zeit Ihres Lebens?

Sachs: Die sechziger Jahre waren eigentlich die amüsantesten. Durch meine Nähe zu bekannten Frauen und meine internationalen Männerfreundschaften galt ich wohl zu Recht als Playboy. Heute bin ich fast vierzig Jahre mit einer Frau verheiratet - der Playboy ist mir geblieben. Wir haben unseren Frieden damit gemacht.

SZ: Und seitdem sind Sie unter der Fuchtel?

Sachs: Natürlich muss sich jeder in einer Ehe anpassen - aber Schwedinnen möchten keinen Mann unter der Fuchtel.

SZ: Nach Mao gehört den Frauen die Hälfte des Himmels.

Sachs: Da gibt es zwischen den Geschlechtern wohl weniger Zank und weniger Fuchtel.

SZ: Reden wir nicht mehr über Frauen, sondern über den Kunstsammler, der kategorisch erklärt, "Die Kunst ist weiblich ...".

Sachs: Kategorisch bin ich bei Ansichten nie. Im Übrigen fallen mir dafür mehrere gute Gründe ein: Erstens zeigt schon ein Blick ins Wörterbuch, dass die Kunst weiblich ist. Zum Zweiten gibt es keine männliche Muse und drittens kommt die wahre Kunst aus der Intuition, von der selbst wir Männer wissen, dass sie weiblich ist.

SZ: Wann haben Sie mit dem Sammeln angefangen?

Sachs: Die Freude an der Kunst liegt mir offensichtlich im Blut. Schon als Kind habe ich Tierbilder aus Zigarettenbeilagen gesammelt. Die Beilagen ergaben damals eine Serie "Die Vögel der Welt".

SZ: Und dann?

Sachs: Als Schüler habe ich Delacroix' Schlachtenbilder und die Ballett-Mädchen von Degas verehrt. Nach meinen Examen kam ich nach Paris und lernte das lustige Völkchen der "Coupole" kennen. Das war so Ende der Fünfziger, vielleicht ein Jahr vor dem Beginn des Nouveau Realisme. Sie müssen wissen, das war damals etwas völlig Neues. Niemand kannte in Deutschland diese Künstler, wie César, Arman oder Yves Klein. César ist bald bekannter geworden, weil er Autos mittels einer riesigen Presse zu Kunstobjekten komprimieren ließ. Er sagte natürlich auch zu mir: ,Guntère, tu as du fric alors achète un', kauf Dir eins!" Da war ich aber schon ohne seine Anweisung dran. Ich liebte ihn und die ganze Bewegung. Nichts war teuer, und ich bewunderte Aktionen wie die von Yves Klein mit seinem Monocorde-Orchester. Später lernte ich im "Meurice" Salvador Dalí kennen, dessen Bilder viel zu teuer für mich waren, aber wir hatten großartig skurrile Augenblicke zusammen. So trudelte ich peu à peu in die Kunstwelt. Sammler war ich an dem Tag, an dem ich merkte, dass ich mehr Bilder als leere Wände hatte.

SZ: Und Ihre Jet-Set-Freunde, was haben die zu dieser Leidenschaft gesagt?

Sachs: Wenn ich einen Cocktail mit Society-Freunden gab, hängte ich anfangs die Yves Kleins ab. Alle mokierten sich darüber, wie man für ein uniblaues Bild 4000 Francs bezahlen konnte. Heute zahlen - vielleicht dieselben - über das Tausendfache dafür.

SZ: Sie haben das Turmzimmer im Palace-Hotel in St. Moritz gemeinsam mit Tom Wesselman, Andy Warhol, Roy Lichtenstein und César eingerichtet. Ist das nicht furchtbar, wenn einen die siebgedruckte Marilyn Monroe gleich dutzendfach entgegenlächelt?

Sachs: Achtfach, die gibt es nicht im Dutzend. Mir gefiel Warhols Idee der verfremdeten Klone sofort.

SZ: Im vergangenen Jahr haben Sie sich eine Wohnung ganz mit Graffiti sprayen lassen und das wieder im Turm eines Grand Hotels.

Sachs: Ja, aber das mit dem Turm im Hotel war purer Zufall. Ich holte mir die beiden erstklassigen Graffiti-Künstler "Dare" und "Toast" in meine Wohnung im Schlosshotel Velden. Nachdem sie mir einen höchst erstaunlichen Entwurf ihrer Arbeit präsentiert hatten, zu dem ich nur wenige Änderungen vorschlug, ließ ich sie drei Wochen und fünf Nächte auf die leeren Wände sprühen. Ich war immer heimlich fasziniert von den etwas unheimlich wirkenden Graffitis und war bass erstaunt über die Kunstwerke in unserer Wohnung.

SZ: Kunst ist heute doch kein Privatvergnügen mehr, sondern eine Börse.

Sachs: Für mich ist Kunst stets ein selbstverständlicher Umgang gewesen. Heute sind die Preise - vor allem durch asiatischen und russischen Reichtum - verzerrt wie im Panoptikum. Bei den Auktionen kommt es zu Trotzpreisen zwischen Tycoons und Oligarchen. Danach werden die Preise der nächsten Auktion bemessen. Und so weiter und so fort - bis Babylon.

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"Auch Playboys werden weiser"

SZ: Das Angebot ist begrenzt, Jasper Johns malt ja kaum mehr, und die Japaner sind ganz verliebt in seine Sternenbanner.

Sachs: Japan contra Japan, so kommen Phantasiepreise zu Stande.

SZ: Schön, dass Sie das sagen. Sie haben doch zur Inflationierung des Kunstmarkts beigetragen.

Sachs: Damit habe ich wenig zu tun. Ich habe meine Bilder vor vierzig Jahren erworben.

SZ: Einspruch: Sie haben 1972 in Hamburg eine Ausstellung mit Werken von Andy Warhol veranstaltet und etliche seiner Bilder sehr günstig erworben.

Sachs: Wissen Sie, wie das war? Warhol konnte kein Bild an jenem Abend verkaufen, kein einziges. Um ihn nicht zu kränken, habe ich auf ein Drittel der Bilder rote Punkte gepappt, zum Zeichen, dass die schon verkauft wären, habe sie aber selber erworben.

SZ: Ein Freundschaftsdienst und, wie sich zeigte, kein schlechtes Geschäft.

Sachs: Ja, Warhols "Superman" zum Beispiel habe ich damals für x Mark bekommen und ihn 2004 für 1300 mal x Dollar verkauft. Ich bin kein Scheich, der sich erlauben kann, solche Millionenbeträge an die Wand zu hängen. Die übliche Gewinnspanne ist das natürlich nicht. Jean Fautrier, mein Lieblingsmaler, hat seinen Wert - hochgerechnet - in diesen Jahren etwa real verzehnfacht.

SZ: Den kenne ich nicht. Lebt der noch?

Sachs: Nein, Fautrier ist schon 1964 gestorben. Einmal hat er sich in einem Brief an den französischen Kulturminister André Malraux aufs höchste erregt und beschwert, weil eine Straßentrasse in der Nähe seines Hauses vorbeiführen sollte. Malraux antwortete auf diesen Brief des Zorns: "Ich verstehe die Wut und verzeihe die Narretei - aber ich lasse mich nicht erpressen."

SZ: Nicht schlecht für einen Politiker.

Sachs: Als ich mal mit Brigitte Bardot im Elysée war, habe ich mich mit Malraux unterhalten: "Sie sind ja auch so ein Fautrier-Verehrer!", sagte er vorwurfsvoll. "Wenn ich von Reisen komme, liegt auf meinem Schreibtisch unter seinen Bildern immer Farbstaub von der Leinwand." Darauf die Bardot: "Dann sammeln Sie doch den Staub in einer kleinen Schachtel Herr Minister, das ist doch wundervoll, eine ganze Schachtel voller Kultur."

SZ: War sie wirklich so schlagfertig?

Sachs: Ihr Schmollmund war gefürchtet.

SZ: Haben Sie noch Kontakt zu ihr?

Sachs: Wir sehen uns selten, aber wir schreiben uns. Seitdem gibt es nie mehr Streit.

SZ: Wie lange kennen Sie eigentlich den Klatschreporter Michael Graeter?

Sachs: Ewig. Er hat einen ehrlichen Charakter und war stets sehr anständig zu mir und anderen. Er erfuhr rein zufällig, dass sich Brigitte Bardot und ich uns scheiden ließen. "Bitte behalte das für Dich, bis ich Dir das Okay gebe." Ein hartes Ding für einen Klatschreporter. Er behielt die Sache bis einen Monat nach unserer Scheidung für sich. Das war 1969, und ich werde ihm das nie vergessen.

SZ: Und deshalb bezahlen Sie seinen Anwalt?

Sachs: Er hat doch nichts mehr. Graeter hat nie einen Pfennig von mir genommen und manchmal geht's im Leben wie im Märchen, gute Taten zahlen sich aus. Ich freue mich auch, dass mein Freund Günter Netzer ihn im Gefängnis besucht hat.

SZ: Wie viele Freunde haben Sie?

Sachs: In meinem Leben habe ich vielleicht zehn gehabt.

SZ: Nur zehn? Aber wer sind dann all die Leute, die Sie immer in Ihre Häuser, auf Ihre Partys einladen?

Sachs: Da sind viele Leute dabei, die ich im Laufe meines Lebens kennengelernt habe. Durch die Schule, die frühen Jahre in Saint-Tropez oder geschäftlich. Freunde im weiteren Sinne - eigentlich gute Bekannte. Meine besten Freunde sind inzwischen gestorben. Ich war meistens der Jüngste. Ab einem gewissen Alter schließt man selten neue Freundschaften. Die Zeit ist der Kitt, der Freundschaft zusammenhält. Mir ist ein alter törichter Freund lieber, als ein junger interessanter, den ich erst kurz kenne. Welches Sternzeichen sind Sie?

SZ: Ich glaube Fische.

Sachs: Ich bin Skorpion. Fische harmonieren im Allgemeinen mit Skorpionen.

SZ: Gut - aber hilft uns das weiter?

Sachs: Meinen Sie, Ihr Großvater hätte Ihnen geglaubt, wenn Sie ihm erzählt hätten, dass man in fünfzig Jahren ein Fußballspiel in seinem Wohnzimmer anschauen könnte? Warum sollten Gestirne keine Wellen aussenden, die uns Menschen beeinflussen? Aber lassen Sie mich noch eins sagen, über die größte Gefahr, die der Menschheit droht.

SZ: Nämlich?

Sachs: Das Internet. Das Internet kann alles. Es hilft anonym beim Bombenbau oder sich schlachten zu lassen. Es verbreitet Wahrheit oder Lüge, ohne sich zu demaskieren. Es handelt mit Rauschmitteln wie mit allem Perversen. Es kann, ohne Gefahr zu laufen, mehr Unheil anrichten als jede tödliche Seuche. Aber zugegeben, es macht die Welt auch klüger. Doch - wollen wir das?

Gunter Sachs, heute 75, war einst Deutschlands berühmtester Playboy, der Inbegriff des Lebemanns. Zusammen mit seinem Bruder hatte er die Maschinenbaufabrik Fichtel&Sachs geerbt und verfügte damit über genug Vermögen für ein aufregendes Leben. Bis heute gilt als dessen Höhepunkt die Ehe mit der Schauspielerin Brigitte Bardot. Sachs begann früh zu sammeln und freundete sich mit Künstlern wie Andy Warhol an. Er hat mehrere Filme gedreht und ist als Fotograf bekannt geworden. Ein weiteres Hobby hat er in der Astrologie gefunden. Der umtriebige Sachs ist inzwischen etwas zur Ruhe gekommen und lebt die meiste Zeit des Jahres im schweizerischen Gstaad. Am heutigen Samstag beginnt im Museum der Bildenden Künste in Leipzig eine umfassende Schau über Leben und Werk von Gunter Sachs, Titel (wie könnte es anders sein): "Die Kunst ist weiblich ..."

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