Im Interview: Colin Firth:"Hätte ich vorher nur eine Sekunde darüber nachgedacht, hätte ich das nie gemacht."

Colin Firth, der ab Donnerstag in "Bridget Jones 2" zu sehen sein wird, ist sich im Interview bewusst, dass er "da sozusagen von außen nach innen geschrieben und geschaffen wurde." Ansonsten hat er noch einiges zur Verschlossenheit von Vermeer auf Lager.

Das erste Interview mit Colin Firth, das in der SZ erschienen ist, war geborgt - es war ein Auszug aus dem Buch "Bridget Jones - Am Rande des Wahnsinns", in dem Bridget selbst den von ihr angehimmelten Schauspieler interviewt. In den Verfilmungen von Helen Fieldings Büchern - der zweite Teil startet am Donnerstag bei uns - kommt Colin Firth dagegen nicht vor, er spielt Bridgets Freund Mark Darcy. Davor spielte Firth als Vermeer in "Das Mädchen mit dem Perlenohrring und war als britischer Politiker in "What a Girl Wants/Was Mädchen wollen" zu sehen. In Berlin stellte er nun den neuen "Bridget Jones"-Film vor.

Im Interview: Colin Firth: Als realer Mensch in einem Buch vorzukommen wird ja allmählich ganz normal.

Als realer Mensch in einem Buch vorzukommen wird ja allmählich ganz normal.

(Foto: Foto: dpa)

SZ: Sie haben gerade die Mittagspause in der Gemäldegalerie verbracht...

Colin Firth: Ja, um Vermeer anzuschauen - die Bilder sind ja in alle Welt verstreut, es gibt einige, die ich noch nie gesehen habe - obwohl ich schon vor dem Film von Vermeer begeistert war.

SZ: Sie sind wahrscheinlich der erste Schauspieler, der von sich sagen kann, dass er nicht erst in der Verfilmung eines Buches auftaucht, sondern schon im Buch selber ...

Firth: Als realer Mensch in einem Buch vorzukommen wird ja allmählich ganz normal - weil sich in der Popkultur Bücher aufs Kino beziehen und das Kino auf Bücher.

SZ: Was haben Sie sich denn gedacht, als Sie seinerzeit in Helen Fieldings Kolumne im Independent - aus der dann später die Bridget-Jones-Bücher wurden - auftauchten?

Firth: Ich dachte, das ist lustig. Und dann rief mich eine Freundin an, die Helen Fielding auch kennt, und fragte mich, was ich davon halte, wenn Helen ein Interview mit mir macht als Bridget Jones.

"Hätte ich vorher nur eine Sekunde darüber nachgedacht, hätte ich das nie gemacht."

SZ: Sie haben dieses Interview tatsächlich so geführt? Inklusive des ganzen Hinundher um das nasse Hemd, das Sie als Mr. Darcy in "Stolz und Vorurteil" anhatten?

Firth: Das ist wirklich, was gesagt wurde! Ich hatte Helen da aber schon getroffen, ich kannte die Kolumne. Das Interview war witziger, als ich es mir vorgestellt hatte. Ich dachte aber nie, dass es etwas mit mir zu tun hatte. Ich glaube, eine solche Szene ist für den Film auch einmal geschrieben worden - mit einem anderen Schauspieler natürlich, ich bin ja schon als Mark im Film. Aber es wurde nicht gemacht ... Aber ich habe von den frühen Versionen des Drehbuchs nichts gesehen - man verliert immer gute Ideen zugunsten von anderen Ideen, die auch gut sind. Ich denke, in diesem Fall hat sich der Film so weit vom Buch wegentwickelt, dass man nicht mehr von einer Verfilmung reden kann.

SZ: Die Figur der Bridget hat sich auch, im zweiten Teil mehr noch als im ersten, von der Buch-Bridget wegbewegt. Die Filmfigur ist ein niedlicher Tolpatsch, die im Buch war aber auch finster und sarkastisch.

Firth: Ich glaube, die Bridget aus dem Buch wäre nicht sehr beliebt gewesen...

SZ: Das kommt drauf an, wen man fragt!

Firth: Die Figur im Buch ist viel bitterer als die im Film, ohne Frage. Aber ob sie sich damit in dem Stil international beliebt gemacht hätte, bei Frauen und bei Männern? Ich weiß nicht. Ich weiß, dass die meisten Männer, die ich kenne, die Bücher nicht lesen - und nicht mögen. Aber sie mögen die Filme.

SZ: Ehrlich gesagt ist mir, von Ihnen abgesehen, auch noch kein Mann begegnet, der die Bücher gelesen hat.

Firth: Den Film haben sich aber viele angesehen, obwohl er als chick-flick gilt, als Frauenfilm. Das finden sie lustig, wahrscheinlich liegt das an Hugh Grants komischem Beitrag als Daniel, der sich sehr an Männer wendet. Die Film-Bridget finden Männer zauberhaft; aber Männer haben ein bisschen Angst vor Frauen, und ich denke, sie fänden die literarische Bridget furchterregend.

SZ: Fanden Sie es schmeichelhaft, dass die literarische Bridget für Ihre Leinwandversion des Mark Darcy schwärmt?

Firth: Ich glaube nicht, dass sich Helen für Colin Firth interessiert. Sie nennt mich immer Mr. Darcy, wenn ich sie treffe, und ich glaube die ganze Sache bezieht sich nur auf den Mr. Darcy, den ich in "Stolz und Vorurteil" gespielt habe. Mit mir hat das gar nichts zu tun, Mr. Darcy ist mir nicht ähnlich, und sie weiß das. Glaube ich. Er hat wirklich nichts mit mir zu tun - als ich die Rolle annahm, haben mir eine ganze Reihe von Leuten abgeraten, weil dieses Finstergrüblerische mir nicht ähnlich sei.

SZ: Sie spielen ihn aber in den Bridget-Jones-Filmen einfach weiter, er ist eine modernisierte Variante.

Firth: Na klar. Ich hab einfach die Rolle wieder aufgenommen. Beim ersten Mal war das Satire, es war ein Gag, als Mr. Darcy zurückzukommen. Diesmal haben wir es noch weiter getrieben. Aber es ist eigentlich Bridgets Geschichte, ich bin nur ein Instrument in Bridgetworld. Ein männliches Abziehbild, das sich eine Frau ausgedacht hat. In den meisten Stücken und Filmen, bei Shakespeare, in fast allen klassischen Dramen, sind die Männer die Protagonisten, geschaffen von Männern. In den letzten Jahren habe ich plötzlich Rollen gespielt, die Frauen sich ausgedacht haben. Da bin ich gar nicht der Protagonist. Wir haben uns vorhin über Vermeer unterhalten - auch diese Rolle ist ein Mann aus dem Blickwinkel einer Frau. Ich werde da sehr distanziert betrachtet. Es ist spannend, das zu machen, Bridget hat zwei Versionen eines Traums vom Geliebtwerden, von romantischer Erregung und Intimität und Sicherheit. Daniel ist die eine Version, da geht es um Charme und Abenteuer und Sex. Und Mark ist der Typ, bei dem sie sich sicher fühlt. Ich bin mir sehr bewusst, dass ich da sozusagen von außen nach innen geschrieben und geschaffen wurde. Und ich glaube, das ist bei Jane Austen genauso - die hat nie versucht, die Motive eines männlichen Charakters zu beschreiben, höchstens so, wie es sich in Frauensicht darstellt. Es gibt bei ihr nie Szenen, in denen Männer unter sich sind - weil sie nicht gewusst hätte, was da passiert.

SZ: Männer schreiben solche Szenen dauernd.

Firth: Richtig - die haben ihre Phantasie benutzt, um Dinge zu beschreiben, die sie gar nicht wissen konnten. Aber Jane Austen hat das nicht gemacht. Und Tracy Chevalier hat das in "Das Mädchen mit dem Perlenohrring" auch nicht getan. Ich finde das faszinierend zu spielen, das ist dann meine Arbeit, diesen Raum zu füllen. Bei Vermeer kann man nur von den Gemälden ausgehen - und die weigern sich, etwas preiszugeben ... Die betrachten ihre Objekte auch aus sehr großer Entfernung, vom anderen Ende des Raumes, kraftvoll, aber reserviert.

SZ: Das spiegelt sich ja im Film in Vermeers Verhältnis zu Griet, die Scarlett Johansson spielt...

Firth: Ich dachte, dass er so gesehen haben muss, weil er so gemalt hat. Ich kann nicht malen, ich bin Schauspieler - aber ich kann versuchen, so eine Perspektive in die Rolle zu übertragen. Vermeer darf das Mädchen ja gar nicht berühren - der Herr darf eine Magd nicht anfassen.Weil alles verboten ist, wird die geringste Berührung ungeheuer erotisch. Wenn sie in der ersten Szene knutschen würden und sich in der zweiten ausziehen, wäre das kraftlos.

SZ: Fühlen Sie sich zu Jane Austen und Vermeer mehr hingezogen als zu Komödien wie "What a Girl Wants"?

Firth: Ich fühle mich da wohler. Das ist interessantere Arbeit. Bei einer Komödie wie "What a Girl Wants" gibt es kaum Hausaufgaben.

SZ: Soll das heißen, Sie haben für Ihren wilden Tanz allein vor dem Spiegel nicht geübt?

Firth: Offen gestanden: Hätte ich vorher auch nur eine Sekunde darüber nachgedacht, hätte ich das nie gemacht.

Interview: Susan Vahabzadeh

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