Im Gespräch::Reese Witherspoon

... ist ein 20-Million-Dollar-Baby. Mit Anke Sterneborg redet sie über Cash, Business und den Film "Walk the Line", der ihr einen Oscar einbringen könnte.

Elle Woods in den "Natürlich Blond"- Filmen, Becky Sharp (nach Thackeray), Annie Lake, im Remake des Premingerfilms "Bunny Lake is Missing", der für nächstes Jahr angesetzt ist . . . Reese Witherspoon hat eine Serie starker Frauen vorzuweisen. Eben ist sie für ihre June Carter in dem Johnny-Cash-Film "Walk the Line", den sie in Berlin vorstellte, für den Oscar nominiert worden.

Im Gespräch:: Reese Witherspoon hat gut Lachen - ihre Darbietung als June Carter in "Walk the Line" überzeugte die Kritiker und brachte ihr eine Oscar-Nominierung ein.

Reese Witherspoon hat gut Lachen - ihre Darbietung als June Carter in "Walk the Line" überzeugte die Kritiker und brachte ihr eine Oscar-Nominierung ein.

(Foto: Foto: ddp)

SZ: Glückwunsch zur Oscar-Nominierung . . . Wie fühlen Sie sich?

Reese Witherspoon: Großartig. Als Schauspieler träumt man davon - aber dass es nun mir wirklich passiert, und bevor ich dreißig bin . . . Ich fange doch erst an, herauszufinden, wer ich bin.

SZ: Sind Sie mit dieser komplexen Rolle der June Carter gewissermaßen erwachsen geworden?

Witherspoon: Vor allem ist mir diese Rolle sehr viel näher als jede andere, die ich gespielt habe. June Carter musste sich mit den gleichen Dingen auseinander setzen wie ich heute, Karriere, Mutterschaft, romantische Beziehungen, und genau wie sie mache auch ich es den Menschen nicht leicht. In dieser Situation hat man einfach keine Zeit mehr für jeden Mist, und für Menschen, die nicht die Wahrheit sagen.

SZ: Sie sind in Nashville aufgewachsen, bedeutet das eine besondere Beziehung zu den Cashs und ihrer Musik?

Witherspoon: Ich wusste unglaublich viel über sie, Countrymusik-Geschichte war bei uns ein richtiges Schulfach, weil sie in der Stadt das Hauptgeschäft ist. Ich weiß sehr viel über die beiden, über ihre Musik und die Einstellung, die sie zur Countrymusik hatten. Sie haben sich nie als etwas Besseres gesehen, waren sehr spirituell, das hat mich beeindruckt.

SZ: June Carter war für ihre Zeit eine sehr moderne Frau . . .

Witherspoon: Absolut! Ich habe mir oft überlegt, wie schwierig es gewesen sein muss, als Frau in den Fünfzigern zu leben, wenn man zweimal geschieden ist, zwei Kinder von zwei verschiedenen Vätern hat, und als Sängerin ernst genommen werden will. Sie hat so viele Dinge gemeistert und wurde dabei immer sehr kritisch beurteilt, ohne sich jemals unterkriegen zu lassen. Ich habe mich ihr sehr nahe gefühlt, während wir drehten. Es kam mir so vor, als wäre sie bei mir, und zwei Tage nach Dreh-Ende hatte ich das Gefühl, dass sie verschwand. Das war sehr seltsam, aber auch sehr berührend.

SZ: Es ist das erste Mal, dass Sie jemanden spielen, der wirklich gelebt hat.

Witherspoon: Wir haben sehr viel recherchiert, es gibt unglaublich viel Material, beide haben Bücher geschrieben, es gibt Videotapes. Manche Shows haben wir exakt nachgestellt. Sie hat enge kleine Korsette getragen und ihre Haare zu einem festen Knoten gesteckt. Durch Cash wurde sie freier und lockerer, leidenschaftlicher und auch sehr sexy. Wir hatten sechs Monate, um all das zu studieren und zu entdecken. Als Schauspieler recherchiert man so viel wie möglich, um dann alles wieder zu vergessen. Man klatscht es gegen die Wand und arbeitet mit dem, was kleben bleibt, was sich im Bewusstsein festsetzt. Es ging uns ja nie darum, ihr Leben zu imitieren. Bei den Proben sind Joaquin Phoenix und ich enge Freunde geworden und konnten uns wirklich aufeinander verlassen - dieses Vertrauen fließt natürlich in die Rolle.

SZ: Sie haben Ihre eigene Produktionsfirma gegründet, auch um den Problemen im Filmgeschäft aktiv zu begegnen.

Witherspoon: Das Filmgeschäft verändert sich. Filme kommen schon kurz nach dem Start auf DVD und im Pay-TV heraus, bald werden sie im Internet, auf der ganzen Welt am selben Tag zu sehen sein. Als ich vor zehn Jahren auf diese Publicity-Reisen ging, hatte ich das Gefühl, in völlig verschiedenen Ländern zu sein, überall wurden andere Filme und andere Fernsehshows gezeigt. Wenn ich jetzt hier in Berlin den Fernseher anschalte, sehe ich dieselben Serien wie in Amerika. Okay, das ist nicht nur negativ, es verbindet die Menschen auch stärker, wir sprechen die gleiche Sprache, und auch ich beherrsche meine Fremdsprachen besser, weil ich sie viel häufiger spreche. Dadurch entstehen viele neue Möglichkeiten - ich überlege zum Beispiel gerade, ob ich einen Film mit einer dänischen Regisseurin mache. Auch die lateinamerikanischen Filmemacher haben eine sehr viel größere Präsenz . . .

SZ: Ist Ihre Produktionsfirma auch eine Art, gute Rollen zu garantieren?

Witherspoon: Ganz sicher, und natürlich nicht nur für mich. Wir entwickeln auch andere Projekte mit guten Rollen für Frauen. In meinem nächsten Film "Penelope" übernimmt Christina Ricci die Hauptrolle, ich bewundere sie seit vielen Jahren und finde es aufregend, ihr diese Gelegenheit zu verschaffen.

SZ: In Hollywood explodieren gerade die Budgets, aber gerade dadurch haben kleinere Filme eine Chance. Immerhin bewegen auch Sie sich jetzt in der 20-Millionen-Dollar-Liga.

Witherspoon: Das wird sich bald ändern, immer mehr Leute begreifen, dass sich diese riesigen Budgets nur schwer amortisieren lassen. Das reguliert sich von ganz allein.

SZ: Was bedeutet der Name Ihrer Produktionsfirma: Type A Films?

Witherspoon: Das ist ein Spitzname aus meiner Kindheit, meine Mutter hat mich immer Type A genannt. Meine Eltern waren Ärzte, und in einem ihrer Forschungsprojekte ging es um zwei Bluttypen. Type-A-Menschen sind sehr organisiert und methodisch - aber anfälliger für Infarkte.

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