Im Gespräch: Marcel Reich-Ranicki:"Eine böse Frau!"

Marcel Reich-Ranicki hat Ärger mit dem Suhrkamp Verlag. Dort erscheint der erste Band seiner Dichterporträts. Gegen seinen Wunsch. Er ärgere sich über die Verlegerin Ulla Unseld-Berkéwicz.

Bernd Graff

Marcel Reich-Ranicki hat schon wieder Ärger. Diesmal mit dem Suhrkamp Verlag. Dort erscheint der erste Band seiner Dichterporträts. Inzwischen gegen den Wunsch Reich-Ranickis. Er wolle keinen Streit - ärgere sich aber sehr über Suhrkamp-Verlegerin Ulla Unseld-Berkéwicz. Das sollte er uns mal erklären.

Im Gespräch: Marcel Reich-Ranicki: Im Clinch mit dem Suhrkamp Verlag: Marcel Reich-Ranicki.

Im Clinch mit dem Suhrkamp Verlag: Marcel Reich-Ranicki.

(Foto: Foto: ddp)

sueddeutsche.de: Herr Reich-Ranicki, wir verstehen die neuesten Aufregungen um Ihre Person und Ihre Buchveröffentlichungen nicht. Was ist denn los?

Marcel Reich-Ranicki: Ich habe eine Reihe mit Dichterporträts konzipiert. Für die Veröffentlichung des ersten Bandes "Mein Schiller" habe ich einen Vertrag mit Suhrkamp geschlossen. Und da erscheint das Buch jetzt.

sueddeutsche.de: Das ist doch nicht Ungewöhnliches.

Reich-Ranicki: Doch. Ich wurde über den Tisch gezogen. Der Vertrag ist eine Unverschämtheit. Und ich Idiot habe ihn unterschrieben.

sueddeutsche.de: Wie konnte Ihnen das denn passieren?

Reich-Ranicki: Ich publiziere nicht zum ersten Mal beim Suhrkamp Verlag. Solange Siegfried Unseld, der ehemalige Chef des Hauses, noch lebte, war das immer ein für beide Seiten höchst erfreuliches Miteinander. Ja, Unseld und ich waren befreundet. Als er sich von seiner ersten Frau scheiden ließ, da kam er zu uns nach Hause und wir haben uns lange über die Sache besprochen. Unseld hätte mich nie betrogen. Verträge mit Unseld musste ich nicht sorgfältig studieren. Die konnte ich ungelesen unterschreiben. Die waren immer in Ordnung. Das ist jetzt anders.

sueddeutsche.de: Was ist denn nun anders?

Reich-Ranicki: Zu wenig Geld! Herrgott noch mal! Kollegen haben mich darauf aufmerksam gemacht. Warum bekommst du so wenig? Und da habe ich erst nachgeschaut und begriffen: Mein Gott, was habe ich da unterschrieben? Wissen Sie, der Mensch benötigt Ruhm und Geld. Ruhm habe ich genug. Geld nicht.

sueddeutsche.de: Und darum veröffentlichen Sie die kommenden Dichter-Bände bei Hoffmann und Campe. Und mit Suhrkamp wird nicht mehr geredet?

Reich-Ranicki: Ich habe es doch versucht. Mein Verhältnis zu Suhrkamp ist ja nicht beschädigt. Mit Hans-Joachim Simm, dem Leiter des Insel Verlags und des Verlags der Weltreligionen sowie Leiter der neuen Reihe edition unseld, verbindet mich weiterhin ein herzliches Verhältnis. Aber Simm musste mir sagen, dass Frau Ulla Unseld-Berkéwicz nicht gewillt ist, den ersten Band, für den ich bei Suhrkamp unterschrieben habe, freizugeben. Eine böse Frau! Sie redet nicht einmal mit mir. Simm kann nichts dafür. Neue Bände meiner "Frankfurter Anthologie", die seit 1976 existiert und von der gerade der 32. Band erschienen ist, werden natürlich weiterhin bei Insel erscheinen. Das soll auch so bleiben. Ich wende mich nicht von den Verlagen und seinen Leuten ab. Es ist diese Frau ...

sueddeutsche.de: Was ist mit ihr?

Reich-Ranicki: Ganz schlechter Stil! Ich will Ihnen zwei Beispiele geben. Siegfried Unseld hat neue Bände meiner Anthologie immer in großen Zeitungsanzeigen bewerben lassen. Das tut sie nicht. Gar nicht werden sie beworben. Und: Ich hatte einmal ein Treffen mit ihr in einem ganz feinen Restaurant außerhalb Frankfurts. Da kam sie, ließ jedoch ihren Chauffeur draußen im Auto warten. Nicht mal aussteigen durfte er. Und nach einer halben Stunde war sie schon wieder weg. Das tut man doch nicht. Sie stammt doch aus einer guten Familie.

sueddeutsche.de: Sie müssen doch noch gerade mit ihr gesprochen haben. Sie hat Ihnen doch mitgeteilt, dass der erste Band der Dichterporträts bei Suhrkamp bleibt.

Reich-Ranicki: Gar nichts hat sie. Sie hat den Simm vorgeschickt. Der musste mir die schlechte Botschaft überbringen. Natürlich: Das ist juristisch in Ordnung. Aber ich hatte sie ja auch nur um ein Entgegenkommen gebeten. So ist das nicht die feine Art. Wissen Sie, ich bin überhaupt nicht an Krach interessiert. Ich bin immer zur Versöhnung bereit. Denn der Suhrkamp Verlag hat weiterhin sehr, sehr gute Leute.

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