Im Gespräch: Charlize Theron:"Es ist völlig in Ordnung, wenn ich damit niemals Geld verdiene"

Die Oscar-Preisträgerin Charlize Theron spricht über ihre Verwandlungsfähigkeit, ihren neuen Film "Kaltes Land", ihr leichtes Spiel mit dem Unberechenbaren und das schwere Eis am Grunde der Welt.

Anke Sterneborg

Vor zwei Jahren hat der Glamourstar Charlize Theron für Furore gesorgt auf der Berlinale, als sie sich im Wettbewerbsfilm "Monster" in die Serienmörderin Aileen Wuornos verwandelte. Nun war sie wieder in Berlin - nicht zum Festival, sondern um neue Filme vorzustellen, "Kaltes Land", der morgen anläuft, und "Aeon Flux", der in Babelsberg gedreht wurde und eine Woche darauf startet.

Im Gespräch: Charlize Theron: "Der größte Kampf eines Menschen besteht eben darin, zu überleben."

"Der größte Kampf eines Menschen besteht eben darin, zu überleben."

(Foto: Foto: AP)

SZ: In "Monster", "Aeon Flux" und "Kaltes Land" spielen Sie drei Frauen, die in schwierigen Situationen, auf ihre Weise jeweils, zurückschlagen...

Charlize Theron: Was natürlich nicht frauenspezifisch ist - für mich sind das alles ganz allgemeine menschliche Geschichten. Der größte Kampf eines Menschen besteht eben darin, zu überleben.

SZ: Alle drei Filme sind von Frauen inszeniert - schaffen die es leichter als Männer, hinter der schönen Oberfläche die ernsthafte Schauspielerin zu sehen?

Theron: Ja, das ist interessant, dass nach zehn Jahren im Filmgeschäft eine Frau kommen musste, um mir diese Chance mit "Monster" zu geben. Ich musste nicht mal vorsprechen, obwohl es allem widersprach, was ich vorher gemacht hatte, physisch und emotional. Die Regisseurin Patty Jenkins hat tiefer gesehen . . . ein Mann hätte das sicher nicht getan. Trotzdem sind das keine Frauenfilme, auch wenn es in "Kaltes Land" um sexuelle Belästigung geht. Der Film funktioniert, weil Niki Caro allen Seiten Raum gibt und auch verständlich macht, woher die Männer kommen. Ein Film, in dem es nur böse Männer und gute Frauen gibt hätte mich nicht interessiert. Ich fragte mich: Was treibt diese Frau, immer wieder die falschen Dinge zu tun, und immer wieder an die falschen Männer zu geraten. Es liegt daran, dass sie keine Unabhängigkeit hat.

SZ: In "Kaltes Land" sind Sie eine Bergwerksarbeiterin. War das auch eine Art subversives Verlangen, sich, nach all dem Glamour, mal mit Öl und Kohlestaub zu bedecken?

Theron: Es ist ein Verlangen, die Wahrheit zu erzählen, unabhängig davon, was das äußerlich bedeutet. Es hat aber auch unglaublich viel Spaß gemacht, Britt Eklund zu spielen, in der Peter-Sellers-Filmbiografie von Stephen Hopkins, die eine der schönsten Frauen der Welt ist.

SZ: Niki Caro hat ein großartiges Ensemble versammelt, mit Frances McDormand, Sissy Spacek - wie hilft Sie Ihnen, an diese dunklen Orten vorzudringen?

Theron: Sie manipuliert nicht. Wenn Regisseure nur einen Hauch unsicher sind, wie ihr Film aussehen soll oder wie sie das erreichen sollen, tendieren sie dazu, Schauspieler zu Dingen zu treiben, die gekünstelt wirken. Niki hat Verständnis für das menschliche Wesen, das sieht man schon daran, wie sie mit Kindern arbeitet, in "Whale Rider", aber auch in diesem Film, denn Kinder sind zu direkt und rein, um sich manipulieren zu lassen. Zusammen mit ihrem Kameramann Chris Menges schafft sie ein Umfeld, das nicht wie ein Filmset wirkt, mit 400 Scheinwerfern und Markierungen am Boden, die man genau treffen muss. Sie arbeitet mit drei Kameras, die immer laufen. Alles wirkt ganz natürlich und wird zu einem echten Lebensraum.

SZ: In Ihrem nächsten Film "Aeon Flux", einer Science-Fiction-ComicGeschichte, sind Sie ganz weit weg von unserer Wirklichkeit...

Theron: Sicher, da ist mehr Technik im Spiel. Ich bin aber kein Snob, der nur die kunstvollen Independent-Filme mag, ich liebe auch Sachen wie "The Italian Job". Es ist ja durchaus möglich, zugleich zu berühren und zu unterhalten - obwohl "Kaltes Land" ein schwieriges Thema hat, ist er ja auch sehr unterhaltend. Mir geht es darum, immer neue Herausforderungen zu finden, neue Dinge, die mir Angst machen, die mir die Sicherheiten nehmen. Das war auch bei "Aeon Flux" so, weil ich nie zuvor in diesem Genre gearbeitet habe.

SZ: In "Kaltes Land" müssen Sie sich ja in einer Betriebsversammlung echten Bergarbeitern stellen.

Theron: Ja, und dann wird es gefährlich real! In dieser Szene war ich sehr nervös - und dass wir da mit etwas ganz Unkontrolliertem, Unberechenbarem gearbeitet haben, hat den Druck noch erhöht. Es gab kein Drehbuch für diese Szene, die Arbeiter sollten das sagen, was sie fühlen. Sie kannten den Fall ja viel besser als wir, und wir haben nicht geprobt. Ich war auf diese Feindseligkeit nicht gefasst, das war extrem beängstigend, weil es so unglaublich real wird, so als ob man es wirklich erlebt. Das ganze Selbstvertrauen, das man als Schauspieler hat, geht da verloren, man fühlt sich schrecklich machtlos. Ich bin ja kein method actor, meine Methode besteht darin, das Material so gut wie möglich zu verstehen, mich einzuarbeiten wie ein Detektiv - und dann muss man es passieren lassen. Und am Ende des Tages geht man ein Bier trinken, um alles zu vergessen, um abzuschalten.

SZ: Als es Schwierigkeiten mit der Finanzierung von "Monster" gab, sind Sie als Produzentin eingesprungen. Jetzt arbeiten Sie an " The Ice at the Bottom of the World", das Sie selbst produzieren.

Theron: Das Buch habe ich schon vor sieben Jahren gekauft, und inzwischen habe ich einen Partner gefunden, bei dem ich das Gefühl habe, dass die Integrität des Materials gewahrt bleibt. Gleichzeitig habe ich noch ein anderes Projekt mit einem Debütregisseur, das haben wir zwei Jahre entwickelt und werden hoffentlich in zwei Monaten mit dem Dreh beginnen. Das Wunderbare am Produzieren ist, dass ich damit nicht meine Rechnungen bezahlen muss. Es ist völlig in Ordnung, wenn ich damit niemals Geld verdiene. Es geht mir aber auch nicht darum, mein Ego zu bedienen und meinen Namen im Vorspann zu sehen. Ich liebe diesen ganzen Prozess, die Möglichkeit, mit Regieanfängern zu arbeiten, mit Autoren das Material zu entwickeln und so ein Projekt zu ermöglichen. Den Drang Regie zu führen, habe ich noch nicht. Aber man soll niemals nie sagen.

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