Im Gespräch: Ann Coulter:"Er hat die USA gerettet"

Die republikanische US-Publizistin Ann Coulter spricht über Politiker-Legende Raymond McCarthy, der heute 100 geworden wäre - und warum sie die Liberalen verachtet, die Sarah Palin hassen.

L. Hachmeister

Mit seinen antikommunistischen Verhören in den 1950er Jahren wurde der irisch-deutschstämmige US-Senator Joseph Raymond McCarthy zu einer langlebigen Politikmarke. Wegen seiner wilden Anschuldigungen wurde er 1954 von Senatorenkollegen offiziell gerügt. McCarthy starb 1957, mit 48 Jahren, an den Folgen seiner Alkoholsucht. An diesem Freitag wäre er 100 geworden.

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Blond, aber nicht blauäugig: Ann Coulter ist wütend auf "diese nichtsnutzigen Demokraten".

(Foto: Foto: ap)

Seit der Kommunismus als Machtblock zusammen gebrochen ist, gibt es verstärkte Versuche des rechten republikanischen Flügels, McCarthy zu rehabilitieren. Dafür steht an erster Stelle die Kolumnistin Ann Coulter, Jahrgang 1961, die in Fernseh-Talks Liberale und "Leftists"als geborene Verräter brandmarkt. Ihre Bücher, stets auf Spitzenplätzen der New-York-Times-Bestsellerliste, tragen Titel wie Godless, Treason (Verrat) oder How to Talk to a Liberal.

Lutz Hachmeister, 49, der gerade für das ZDF und internationale Co-Produzenten ein Doku-Drama über McCarthy vorbereitet ("Der wirkliche Amerikaner"), hat Ann Coulter in New York getroffen.

SZ: Joseph McCarthy, das ist im üblichen Geschichtsbild der finstere Hexenjäger mit den fragwürdigen Verhörmethoden. Sie sehen das offenbar ganz anders: Für Sie ist er ein amerikanischer Held...

Ann Coulter: Ja, ein großer amerikanischer Patriot! Von Gott gesandt; zum genau richtigen Zeitpunkt. Er trieb die Amerikaner in eine berechtigte Wut gegen diese nichtsnutzigen Demokraten, die immer nur ihren Verrat vertuschen wollen. Er immunisierte die Vereinigten Staaten für die nächsten 30 Jahre gegen die kommunistische Propaganda.

SZ: In Ihrem Buch "Treason" sprechen Sie vom "Mythos des McCarthyismus" und nennen das den "den größten Orwellsche Etikettenschwindel unserer Zeit"...

Ann Coulter: ...im Prinzip können Sie für alles, was Sie jemals über McCarthy gehört haben, direkt die Löschtaste drücken. Es ist unglaublich, wie viele Lügen kursieren. Da gibt es Geschichtsbücher für die High-School, deren gesamte Zusammenfassung über McCarthy lautet: "Er war ein Lügner. Kein normaler Lügner, ein großer Lügner, ein riesiger Lügner, ein absoluter Lügner." Aber die Fakten sind alle verdreht.

SZ: Wie kommt eine solche Konstruktion dann zustande?

Ann Coulter: McCarthy hat zu Beginn der 1950er Jahre fast die ganze demokratische Partei in ihrem Ansehen zerstört, er hat ihr zumindest stark zugesetzt. Schließlich waren es die demokratischen Administrationen unter den Präsidenten Roosevelt und Truman, die sowjetischen Spionen Unterschlupf boten. Paradoxerweise war und ist das ja ein Teil der ständigen Attacken gegen McCarthy: "Oh, wer sind denn die Spione, die er enttarnt hat?!" Nun, er hat er viele Spione enttarnt. Aber darum ging es ihm gar nicht! Er wollte vielmehr darauf aufmerksam machen, dass die Demokratische Partei enttarnten Spionen ganz gemütlich Schutz bot, sie verteidigte, sich für sie aussprach! Das war wirklich peinlich für die Demokraten. Vergleichbar etwa mit den Attacken gegen den Ermittler Kenneth Starr in der Clinton-Ära. In diesem Fall hatten es die Demokraten endlich geschafft, nachdem sie zwanzig Jahre nicht an der Macht waren, dass Bill Clinton zum Präsidenten gewählt wurde. Jetzt hatten sie ihren neuen, "Dritter-Weg"-Demokraten, der endlich einmal kein, naja, verrückter Idiot ist, der Kriminelle freilässt und die Steuern anhebt. Gut, er hat die Steuern angehoben und er hat Kriminelle freigelassen, aber nicht in dem ausmaß wie andere Demokraten. Und dann stellt sich heraus, er war genau so moralisch korrupt, wie es die Republikaner immer gesagt haben. Mit McCarthy war es exakt dasselbe. Sie mussten Kenneth Starr zerstören; sie mussten McCarthy zerstören, denn er hatte sie bloßgestellt.

Lesen Sie weiter auf Seite 2, was die republikanische Partei für ein Problem hat.

"Er hat die USA gerettet"

SZ: Sie haben die Demokraten angesprochen, aber war es letzten Endes nicht eher die Eisenhower-Administration, die McCarthy zu Fall gebrach hat? Weil er seiner eigenen Partei auf die Nerven ging...

Ann Coulter: Eisenhower hat ihm wirklich zugesetzt, ja. Es ist immer so: "Deine Feinde können dich nie verletzen, das können nur deine Freunde". Es scheint so, als hätte Eisenhower einige fragwürdige Helfer an seiner Seite gehabt. Das war wohl schon immer ein Problem der republikanischen Partei...

SZ: Muss einem republikanischen Senator nicht klar sein, dass man mit antikommunistischen Attacken nicht einfach so weiter machen kann, wenn ein Mann der eigenen Partei Präsident wird? Er hätte doch merken müssen, dass er zu weit geht, wenn er die Armee, die CIA und die Regierung des republikanischen Präsidenten angreift - die gesamte amerikanische Elite?

Ann Coulter: Das stimmt, aber er kämpfte für die richtige Sache und Eisenhower tat das nicht. McCarthy hat lange gekämpft, mit Unterstützung des amerikanischen Volkes. Schauen Sie sich die Meinungsumfragen von damals an. Es kommt der Zeitpunkt, an dem sogar deine Freunde und Befürworter des Kampfes müde werden. Und wie McCarthys Chefberater Roy Cohn es später ja auch geschrieben hat: dieser Senator nahm es einfach mit ihnen allen auf. Er war cool, hatte keine Angst. Dabei machte er schlichtweg seinen Job. Er war einfach wie ein... wie heißen diese Insekten, die ankommen, sich zu Milliarden fortpflanzen und dann unverzüglich sterben? Und er hat seine Ziele erreicht - er brauchte drei Jahre, aber er hat es geschafft. McCarthy immunisierte die Mittelklasse gegen den Kommunismus und entblößte die Demokratische Partei. Er enttarnte viele dieser laschen Loyalitäts-Ausschüsse, die es in der Regierung pro forma gab und zeigte, wie peinlich es wäre, wenn dieser Unsinn so weitergehen würde. Gut, sie haben ihn zerstört, sie verbrachten die nächsten 50 Jahre damit, einen negativen Mythos über den Mann aufzubauen. Aber McCarthy hat Amerika gerettet, zwanzig Jahre bevor Ronald Reagan kam, um die Welt vom Kommunismus zu befreien.

SZ: Aber Sie würden schon zugeben, dass McCarthy einige taktische Fehler machte? Er schickte zum Beispiel 1953 seine Assistenten Cohn und Schine auf eine Blitztour für 14 Tage nach Europa, um die Bibliotheken der US-Einrichtungen nach angeblicher kommunistischer Literatur zu durchforsten. Das war nicht gerade ein PR-Erfolg für ihn.

Ann Coulter: Gut, ich habe mich mit dieser speziellen Episode nicht befasst. Allerdings finde ich, dass solche Kontrollen durchaus legitim sind, wenn man Bibliotheken hat, die von der Regierung finanziert werden. Das ist doch wie die "Voice of America". Die sind auch immer von den Linken infiltriert worden und plötzlich ist da überall pro-kommunistische Propaganda. Ich meine, das waren unsere Bibliotheken, oder? Wir schicken unsere Bibliotheken um die Welt und plötzlich sind sie bis unters Dach gefüllt mit deren kommunistischer Literatur! Diese Untersuchung war legitim.

SZ: Kann man die McCarthy-Ära als Konflikt zwischen den "wirklichen Amerikanern" des mittleren Westens gegen die Elite der Ostküste kennzeichnen?

Ann Coulter: Oh, ja! Das sind Klassenkämpfe. Nehmen Sie Sarah Palin. Sie ist die erste Kandidatin für Präsidentschaft bzw. Vize-Präsidentschaft in meinem Leben, die eben nicht aus den Kreisen der östlichen Eliteuniversitäten kommt. Sogar George W. Bush - ich meine okay, er ist Texaner und Gott segne ihn dafür, aber ich bitte Sie... Für das Ostküsten-Establishment kommt darauf an, wo man studiert - Andover, Yale, Harvard Business School. Ich respektiere das, ich verspotte es nicht. Aber hauptsächlich hassen die Liberalen Palin doch aus denselben Gründen, aus denen man Joe McCarthy gehasst hat. Die ursprüngliche Idee des Kommunismus beruht auf der Vorstellung von der Revolution des Proletariats. Ironischerweise vergessen das die Leute , weil eben diese Idee nur noch hochtrabenden Absolventen der Eliteuniversitäten hochgehalten wird. Selbst in den 60er Jahren, als sich die Weathermen und die Black Liberation Army organisierten, versuchten sie zunächst an Orten wie Milwaukee die Jugendlichen der Arbeiterklasse zu mobilisieren. Hier mussten sie dann allerdings Prügel einstecken. Die Fälle Palin und McCarthy sind sehr ähnlich, auf der Klassenebene. In beiden Fällen hat man Frontier-Amerikaner: Wisconsin auf der einen Seite, Alaska auf der anderen. Die haben für das liberale Establishment nicht die angemessenen Akzente. Sie haben keinen Umgang mit Subversiven. Ganz vieles basiert auf der Klassenfrage. Der Grund, warum sie Palin hassen, ist, weil sie populär ist und eine Christin. Das hassen sie.

SZ: Was meinen Sie genau mit der "Klassenfrage"?

Ann Coulter: Naja, man jammert herum in Amerika, dass es keine Klassen gibt und es gibt ja auch eigentlich keine. Es gibt tatsächlich nichts, dass man wegen der Klasse tun oder nicht tun kann. Aber man merkt es schon im Fernsehen - eine der härtesten Vorwürfe gegen Palin war "Sie hat erst letztes Jahr ihren Pass bekommen!" Das mag für Euch Europäer komisch klingen, eure Länder liegen alle nah beieinander - Amerika ist ein großes Land; aber ich wette es gibt mehr Amerikaner, die eine Waffe haben, als einen Pass. Ich war in Europa, aber hier, in New York, ist es, als hätte sie zwei Köpfe: "Sie hat erst letztes Jahr ihren Pass bekommen"! Sie sieht gut aus, um genau zu sein, ist sie ein absolutes Babe; McCarthy sah in seinen jungen Jahren gut aus, auch wenn es viele nicht wahrhaben wollen. Aber sie gingen beide nicht in schicke Clubs, spielten kein Polo. Gut, wahrscheinlich wäre es nicht Polo gewesen, sondern eher ein Haus in den Hamptons - sie hatten nichts von alldem. Sie sind einfach normale Amerikaner und plötzlich stehen sie im Rampenlicht und sind berühmter als die Beatles...

SZ: Ihr Vater war FBI-Agent und untersuchte unter anderem den Fall William Remington, der wohl ein Spion für die Sowjetunion war. McCarthy bekam Material von J. Edgar Hoover für seine Anhörungen, die CIA hingegen war mit dem liberalen Establishment in Washington eng verbunden, auch mit der Elite-Presse. Eisenhower selbst schützte mit seinem "executive privilege" die CIA vor McCarthys Untersuchungen gegen den damaligen CIA-Mitarbeiter William Bundy...

Ann Coulter: Richtig, executive privilege ist das geheiligte Recht des Präsidenten, und es wurde gegen Joe McCarthy verwendet. Jahre später, als Nixon versuchte es anzuwenden, war es einer der Vorwände für seine Amtsenthebung... Gut, die CIA, früher haben die vielleicht einige gute Sachen gemacht, aber heute sitzen die an ihren Schreibtischen, trinken Pina Coladas und sagen dem Kongress, wenn er etwas wissen will: "Können wir Euch nicht sagen, das ist geheim". Sie sollten lieber in die feindlichen Länder gehen und sich unter die Leute mischen, Jihad-Einheiten infiltrieren, solche Sachen.

SZ: Denken Sie, dass Richard Nixon eine Art politisches Vorbild für McCarthy darstellte? In Ihrem Buch erklären Sie, dass immer noch die meisten Menschen das HUAC, also das Komitee des Repräsentantenhauses mit McCarthys Senatskomitee verwechseln. Nixon war im HUAC sehr erfolgreich mit seinen Aktionen, vor allem gegen Alger Hiss - einige Jahre vor McCarthy...

Ann Coulter: Richtig, viele Senatoren und Kongressabgeordnete waren sich über die kommunistische Gefahr in Amerika absolut im Klaren. Einen Teil der Republikaner brachte es wirklich um den Verstand, dass die Demokraten tatsächlich sowjetischen Spionen Unterschlupf boten. Es ist unglaublich, wie weitreichend die Unterwanderung war und dass die Demokraten das alles einfach nicht ernst nahmen. Das hat viele, die meisten waren Republikaner, aber auch einige wenige ehrenhafte Demokraten - die Joe Liebermans ihrer Zeit - zur Weißglut gebracht. Ich weiß nicht, ob Nixon tatsächlich ein Vorbild war; beide waren sehr wichtig in ihren eigenen Rollen. Nixon hat Alger Hiss als kommunistischen Spion enttarnt. Das war größer als das Amtsenthebungsverfahren gegen Clinton. Das war größer als der Fall der Duke-Lacrosse-Player. Ich weiß nicht, welche internationale Beachtung diese Geschichte gefunden hat, aber national war das ein riesiger Fall. Weiße Jugendliche, die in einer Gang angeblich eine schwarze Stripperin vergewaltigten. Die meisten Leute rochen direkt Lunte und als wenig später die ersten Beweise kamen, wusste jeder, dass alles ein Schwindel war.

Lesen Sie weiter auf Seite 3 über McCarthys größte Schwäche.

"Er hat die USA gerettet"

SZ: Was war McCarthys größte Schwäche?

Ann Coulter: Was wir heute als Schwäche ansehen, war damals fortschrittlich. McCarthy hatte - ich hasse dieses Wort inzwischen, weil es zu so einem derartigen Schlagwort geworden ist - aber er hatte, lange bevor es cool war, einen ganz gemischten Mitarbeiterstab. Er beschäftigte Schwule, er beschäftigte Juden, Katholiken, Protestanten und Frauen. Und zwar als wirklich wichtige, wertvolle Mitarbeiter. Und er war ihnen gegenüber uneingeschränkt loyal. Er erkannte das Genie des jungen Roy Cohn und setzte sich mit Haut und Haaren für ihn ein. Ach, die ganze Cohn-Schine Geschichte (die in den Army-McCarthy-Hearings 1954 zum Sturz McCarthys führte, LH) war im Grunde so lächerlich. Ok, offensichtlich schwärmte Cohn für G. David Schine, der allerdings nicht schwul war. Als Schine rekrutiert wurde, versuchte Cohn für ihn eine bevorzugte Behandlung bei der Armee durchzusetzen. In erster Linie wäre Schine zwar überhaupt nicht eingezogen worden, hätte er nicht für McCarthy gearbeitet, aber was soll's. Sicher war McCarthy zu nachsichtig mit einigen von Roy Cohns Extravaganzen, letztendlich aber war Cohn einfach brillant. Andererseits, und hier stimme ich Roy Cohn zu, ist kein anderer Mensch jemals so erbarmungslos, so brutal attackiert worden wie Joe McCarthy. Es ist wirklich eine traurige Geschichte. Ganz ehrlich, wer hält so etwas aus?! McCarthy war kein dummer Mann, Roy Cohn war kein dummer Mann. Ich denke die absolut einzige Möglichkeit, derartig koordinierte Angriffe zu ertragen ist, ein gläubiger Christ zu sein. Mir ist aufgefallen, dass all die, die unter ähnlichem Beschuss standen wie McCarthy, so wie Ronald Reagan, Whitaker Chambers und einige andere, immer und grundsätzlich tief in ihren Seelen wussten "Diese Welt spielt keine Rolle. Ich werde die Wahrheit sagen, egal was sie mir hier in dieser Welt antun".

SZ: In Ihrem Buch schreiben Sie, dass die liberale Presse Joe McCarthy verabscheute. Ich denke, das war zu zumindest zum Beginn seiner Karriere als Senator nicht so. Er war ein Meister darin, die Presse für seine Zwecke zu benutzen, er war ständig in den Nachrichten. Ich denke, man muss hier die Nachrichten von den Kommentaren trennen...

Ann Coulter: Ja! Ich wünschte, ich hätte eine seiner Reden sehen können. Man liest Beschreibungen davon, wie er - ebenso wie Sarah Palin heute - das Publikum für drei Stunden in seinen Bann ziehen konnte, tosender Applaus. Er war sogar besser als Sarah Palin. Ich meine, wer schafft so etwas heutzutage? Und wie Senatoren häufig beschrieben werden: sie treiben sich in schicken Clubs rum und halten sich nur im Dunstkreis von Eliteuniversitäten auf. McCarthy war der Star des kleinen Mannes.

SZ: Welche Reaktionen gab es auf Ihren Versuch, mit "Treason" McCarthy zu rehabilieren?

Ann Coulter: Da waren meine Freunde, denen schickte ich Kapitel und sie brannten darauf, sie zu lesen! Jeder hatte bei der Geschichte Lunte gerochen. Man merkt einfach, wenn man belogen wird. Und dann endlich die Informationen bekommen zu können, die Leute waren begeistert! Besonders die College-Kids - wie konnten die ihre Professoren schocken? Indem sie Mao-T-Shirts trugen? Die Professoren trugen ja selbst Mao-T-Shirts. Nein, indem sie Joe McCarthy-T-Shirts trugen. Sie waren wild auf die McCarthy-Story und so bekam ich viel Interesse von Seiten der jungen Leute, die diese bedrückende "Political Correctness" einfach Leid waren. Das hat Spaß gemacht und es war eine Möglichkeit, gegen die Autoritäten zu rebellieren. Und im Fernsehen, als ich eigentlich die alten Commies erwartete, hat sich kaum jemand an das Thema herangewagt.

SZ: Wenn die Liberalen und ihre Presse in den USA Ihrer Meinung nach so stark sind. Wie konnten dann Politiker wie Reagan und McCarthy so erfolgreich sein?

Ann Coulter: Zunächst einmal: Warum ist die Presse so liberal? Ich vermute, teilweise übernehmen einfach die Söhne die Jobs ihrer Väter. So waren zum Beispiel alle Feuerwehrmänner in New York City irisch-katholisch. Es geht dabei um die Entstehungsgeschichte der Dinge; es ist ja bewiesen, dass das ein konkretes Vorhaben der kommunistischen Partei war: Geht nach Hollywood, geht zu den Zeitungen, geht an die Universitäten. Und auch 50 Jahre später findet man nur an den Universitäten noch überzeugte Kommunisten. Bill Ayres, der linksradikale Wheatherman, wurde von der New York Times interviewt, und nach der Hälfte des Gesprächs sagt der Interviewer: "Oh ja, meine Eltern waren auch bei den Weathermen..." Arbeiten die denn alle bei der Zeitung oder in Universitäten? Sie sind also zu den Machtzentren gegangen. Und Sie fragen, wie mächtig sie waren. Nun, ich denke Ronald Reagan und McCarthy waren sprachen über die Presse hinaus, an der Presse vorbei. Ich meine, ich habe Reagan selbst gesehen und es war wunderschön, denn er sah direkt in die Kamera, sprach zum amerikanischen Volk und es war egal, dass die Medien Zeter und Mordio schrien. Sehen sie, es ist ein kleiner Unterschied, wenn man einen Präsidenten hat, Gott segne sein kleines Herz, wie George W. Bush, der keine zwei Sätze zusammen bekommt. Das war schon ein Problem für uns...

SZ: Warum werben sie auf dem Cover ihres Buches mit "New York Times Bestseller"? Ist das ironisch gemeint?

Ann Coulter: Nein, sie haben nur noch keine Möglichkeit gefunden, dabei zu betrügen. Es gibt zwar viele Bestsellerlisten, aber die New York Times-Liste ist eben die Liste, die zählt. Zwar werden immer wieder Taktiken gewählt, die den Konservativen Schaden zufügen, so zum Beispiel zählen sie keine unabhängigen Buchläden, keine christlichen Bücherläden, damit es immer ein klein wenig zum Nachteil für uns wird. Mitarbeiter von Border's (einer US-Buchhandelskette, LH) verstecken zum Beispiel die konservativen Bücher. Aber natürlich, die New York Times Liste ist immer noch der Goldstandard.

SZ: Gibt es eigentlich für Sie einen Unterschied zwischen Liberalen und Kommunisten?

Ann Coulter: Liberalismus und Kommunismus? Ich denke die Liberalen haben bessere Zähne und hübschere Kleider. In Wahrheit würde ich sagen, die meisten Liberalen sind im Grunde eher Sozialisten; und ihre Weltsicht hat sich gewandelt. Sie waren ja wirklich nachsichtig mit Stalin. Sie dachten wirklich, es wäre ein System, das funktionieren könnte. Seit dem Hitler-Stalin Pakt, seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion, hat sich einiges verändert. Heute ist Liberalismus eher Plutokratie. Es sind einfach reiche Leute, die sich über Sachen Gedanken machen, für die sich normale Leuten nicht interessieren. Sowas wie Schwulenehe. Als wäre das das große Thema der heutigen Linken. Was sind sonst große Themen? Es ist doch merkwürdig, dass in den letzten Monaten vor einer Präsidentschaftswahl über kein wirkliches Thema gesprochen wurde. Ich kenne ihre Themen gar nicht. Vielleicht die Zuschüsse für die Pfadfinder. Meistens eben eher soziale Themen. Sie wollen, dass die Steuern hoch sind, denn ich glaube die meisten Liberalen sind wohlhabend genug, dass es ihnen egal ist. Sie haben tatsächlichen Reichtum. Wir haben in diesem Land keine Vermögenssteuer. Ich wäre nicht so sehr gegen den Anstieg von Steuern, wenn es sich um eine Vermögenssteuer handeln würde und nicht um eine Einkommenssteuer. Sie sitzen also auf all ihrem Geld und halten den Rest von uns davon ab, welches zu bekommen.

SZ: Wussten Sie, dass die Verlagsgruppe, in der Ihr Buch erschienen ist, Random House, einem deutschen Medienkonzern gehört? Bertelsmann.

Ann Coulter: Ja, die sollten froh über mich sein - ich bringe ihnen viel Geld! Ich glaube ich war nie gemein zu den Deutschen, oder? Jedenfalls nicht, seit Merkel im Boot ist. Ja, wir mögen sie, wir mögen Sarkozy. Ich bin losgegangen und habe mir ein französisches Kleid gekauft, als Sarkozy gewählt wurde und ich bin ein paar Monate später nach Paris gereist. Ich war so froh, wieder französische Sachen kaufen zu können.

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