Im Gespräch: Albert Uderzo:"Asterix hat niemanden gerettet"

Asterix allein zu Haus': Albert Uderzo über die schwere Geburt von Obelix, das Leben als Comic-er und das Schicksal der Gallier nach Goscinnys Tod.

H. Hordych

Das Büro von Albert Uderzo liegt in einem prachtvollen Pariser Bürgerhaus an der Avenue Victor Hugo, ein paar Schritte vom Arc de Triomphe entfernt. Auf einer ganzen Etage breitet sich eine Asterix-Welt aus. Der 81-Jährige sitzt hinter einem großen Schreibtisch, neben dem ein lebensgroßer Obelix steht, natürlich mit Hinkelstein. Albert Uderzo ist ein zurückhaltender Mann, der selten laut lacht, aber sehr oft schmunzelt. 2009 wird Asterix 50 Jahre alt. Und ein Ende? Ist nicht in Sicht.

Albert Uderzo, Asterix-Figur

Liebevoller Vater: Albert Uderzo herzt sein Comic-Kind Asterix.

(Foto: Foto: afp)

SZ: Monsieur Uderzo, es heißt, wenn in den Dörfern in der Nähe Ihres Wochenendhauses bei Houdan ein rotes Auto vorbeifährt, wissen die Leute, dass Sie drinsitzen.

Albert Uderzo: Sie spielen auf meine Ferrari-Sammlung an? Es gibt für mich im Augenblick nicht viele solche Momente mit roten Autos.

SZ: Warum nicht?

Uderzo: Ich beschäftige mich nicht mehr damit. Mit Autos wie diesen ist es vorbei. In Deutschland haben Sie allerdings noch die Chance, einen Wagen auszufahren, auf Ihren Autobahnen.

SZ: Nicht immer, ein Teil der Autobahnen hat mittlerweile auch ein Tempolimit.

Uderzo: Vielleicht können Sie mir mal eine Liste der Streckenabschnitte schicken, aber darum kümmern wir uns lieber später...

SZ: Wie fänden Sie es, wenn wir heute sagen würden: Goscinny und Uderzo, die Schöpfer von "Reineke Fuchs" und nicht die Erfinder von "Asterix und Obelix"?

Uderzo: Wir sind nicht die Väter von "Reineke Fuchs", wie es bei Ihnen heißt. Der "Roman de Renard" ist eine sehr alte französische Legende aus dem Mittelalter.

SZ: Hatten Sie vor 50 Jahren nicht ursprünglich vor, eine Serie mit dem Titel "Reineke Fuchs" zu machen?

Uderzo: Das stimmt. Wir wollten tatsächlich etwas ganz Neues machen, Goscinny hatte schon eine ganze Seite zum Start des neuen Comic-Magazins Pilote geschrieben, ich hatte die erste Seite gezeichnet. Und in diesem Moment - sehr kurz vor dem Erscheinen der ersten Ausgabe - erfuhren wir, dass ein anderer Zeichner bereits auf dieselbe Idee gekommen war...

SZ: ...ein anderer namens Jen Trubert...

Uderzo: ...dafür werde ich diesem Zeichner bis an mein Lebensende dankbar sein.

SZ: Das mit 325 Millionen Exemplaren nach der Bibel und Harry Potter meistverkaufte Druckerzeugnis verdankt seine Entstehung also einer Laune des Schicksals?

Uderzo: Reiner Zufall! Das konnte man nicht vorhersehen. Und ich werde Ihnen auch sagen, warum: Wir wollten etwas typisch Französisches machen, weil wir damals in einer Zeit lebten, die komplett von den Comics und den Zeichnungen der Amerikaner beherrscht wurde. Der Erfinder von Pilote wollte eine Zeitschrift für die Franzosen und die französischen Kinder.

SZ: Und so sind Sie nach Reineke Fuchs auf Vercingetorix und Alesia gestoßen?

Uderzo: Ja, wir haben uns die Abenteuer von Vercingetorix vorgenommen, weil der Gallische Krieg das Erste ist, was unsere Kinder im Geschichtsunterricht lernen. Wir haben uns dann aber gefragt, ob man nicht etwas Komisches in diese Geschichte hineinbringen sollte, denn sie ist sehr ernst, sehr blutig und hat viele Menschenleben gekostet.

SZ: Ist es wahr, dass Sie die fünf Hauptpersonen von Asterix in 15 Minuten entworfen haben? Wie soll das möglich sein?

Uderzo: Alles musste sehr, sehr schnell gehen. Wie ich Ihnen schon erklärt habe: Das erste Pilote-Heft sollte am 29.Oktober 1959 herauskommen. Weil das mit dem Fuchs dazwischenkam, mussten wir uns etwas einfallen lassen. Es war Sommer, und ich erinnere mich, dass Goscinny und ich sehr viel Pastis getrunken haben.

SZ: Wo? Im Bistro?

Uderzo: Nein, bei mir zu Hause, wir haben sehr ernsthaft gearbeitet, mein Lieber. Wir haben sehr viel recherchiert, bis wir schließlich auf die Geschichte mit den Galliern gestoßen sind. Als das geschafft war, haben wir die Personen sofort erfunden. Das war die Hauptsache, man hatte noch nicht die gesamte Handlung im Kopf, aber die wichtigsten Dinge: den Druiden, den Barden, den Chef - alle Personen bis auf Obelix. Jawohl, der war nicht vorgesehen.

SZ: Asterix ohne Obelix? Kaum vorstellbar. Warum nicht?

Uderzo: Die Herausgeber des Magazins wollten sehr klare Figuren haben, ich weiß wirklich nicht, ob es deshalb unbedingt ein Held sein musste - aber bitte! Goscinny jedenfalls wollte auf keinen Fall zwei Hauptfiguren.

SZ: Wollten Sie einen richtigen großen Helden und Goscinny einen kleinen?

Uderzo: Ich wollte keinen Superhelden oder so was, sondern eine Persönlichkeit mit menschlichen Zügen. Aber das Bild, das man sich von Vercingetorix macht, zeigt den Gallier immer groß und stark. Also habe ich ihn groß und stark gemacht. Aber dann hat Goscinny gesagt, nein, ich will ihn klein und hässlich. Nun, ich bin ein Dickschädel. Als Goscinny später zu mir sagte: Versetz' die Personen, die dir vorschweben, ans Meer, habe ich sofort an die Bretagne gedacht und eine Figur entworfen, die besonders groß und stark ist. Die Bretagne ist das Land der Menhire und der Dolmen. Und ich ließ Obelix einen Menhir herbeischleppen, einfach damit er was zu tun hat.

SZ: Warum ausgerechnet die Bretagne?

Uderzo: Die Bretagne war die einzige Gegend, die ich in Frankreich außerhalb von Paris kannte. Ich habe meinen Bruder während des Krieges dort besucht, weil es in Paris nichts mehr zu essen gab. So ergeben sich eben die Sachen, ohne dass man großartig darüber nachdenkt, wohin das führt. Wir ahnten nicht, dass das bis heute so weitergehen würde. Wir waren weit davon entfernt, an einen Erfolg zu denken.

SZ: Wie erklären Sie sich zum Beispiel diesen speziellen Erfolg von Asterix: Mein Sohn ist acht Jahre alt. Ich habe ihm vor ein paar Monaten meine Asterix-Hefte gegeben - und er lacht sich kaputt. Genau wie ich, ich lache immer noch darüber.

Uderzo: Wunderbar, reden Sie weiter!

Lesen Sie auf Seite 2, wie es sich als Comic-Zeichner lebt und arbeitet.

"Asterix hat niemanden gerettet"

SZ: Wie ist das möglich? Wie erklären Sie sich, dass mehrere Generationen über dasselbe lachen können?

Uderzo: Dafür eine Erklärung wie ein Rezept zu haben, hätten wir als vermessen empfunden. Zuallererst wollten wir etwas machen, über das wir uns selbst amüsieren konnten! Dann erst haben wir bei den Personen an die Kinder gedacht. Und so wie wir uns amüsierten, haben sich auch andere Erwachsene vergnügt. Das hat dazu geführt, dass unterschiedliche Passagen von unterschiedlichen Altersstufen gemocht wurden, von Kindern über Jugendliche bis zu Erwachsenen. Das ist das, was auch Sie mir heute sagen. Aber das war alles nicht gewollt! Sie müssen wissen: Schlecht bezahlt, wie wir waren, wollten wir wenigstens unseren Spaß haben.

SZ: Sie haben immer gesagt, dass Sie unter schlechtesten Bedingungen arbeiten mussten. Wie haben Sie die Zeit erlebt?

Uderzo: Wir haben viel gearbeitet, um wenig zu verdienen. Wir mussten das neue Magazin entwickeln, ich war gleich für zwei komplizierte Serien zuständig und gleichzeitig mussten wir für das belgische Comic-Magazin Tintin arbeiten. Das waren fünf Seiten pro Woche! Das war sehr hart. Deswegen sehe ich heute so alt aus.

SZ: Sie sehen bestimmt nicht wie 81 aus. Vielleicht liegt es daran: Auf den Zeichnungen, die Ihr Redaktionsbüro von "Edit France und Edit Presse" in Paris zeigen, herrscht eine Atmosphäre wie im Klassenzimmer voller Klassenclowns. Konnte man da besser arbeiten?

Uderzo: Erstens waren wir viel jünger und unbeschwerter. Und außerdem ist das ein Geschäft, das einem eine gewisse Jugendlichkeit bewahrt, weil es nie um weltbewegende Dinge geht.

SZ: Muss man sehr locker sein, um gute humoristische Ideen zu haben?

Uderzo: Dieses Geschäft muss man aus tiefstem Herzen lieben, sonst sollte man es lassen.

SZ: Es war eine frühe Liebe. Sie haben seit Ihrem 14.Lebensjahr Comics gezeichnet. Aber auch Urkunden, Führerscheine, Hinweisschilder, Plakate... warum?

Uderzo: Um in diesem Metier zu überleben, musste man alles annehmen, was einem angeboten wurde. Heute ist das ganz anders.

SZ: Wie war das für Sie, als Sie so kämpfen mussten? Zum Beispiel blieb auch Umpah-Pah der durchschlagende Erfolg versagt, oder?

Uderzo: Wir haben das nie verstanden, warum Asterix ein großer Erfolg war und Umpah-Pah überhaupt nicht.

SZ: Umpha-Pah war eben ein Indianer - und Asterix ein Franzose!

Uderzo: Das ist möglich. Aber dann erklären Sie mir doch bitte, woher der Erfolg in Deutschland und Italien kam - in Italien etwas weniger als in Spanien, wie auch immer. Die französische Presse hat am Anfang immer geschrieben, dass der Erfolg von Asterix daher rührte, dass wir den typisch französischen Esprit wachgekitzelt haben. Sodass viele sagten: Das ist Chauvinismus!

SZ: Und war es das?

Uderzo: Nein, das wollten wir nicht. Das hat uns total geärgert. Und dann kam die deutsche Ausgabe und sie lief genau so gut wie die französische! Was folgt daraus? Es gab überhaupt keinen Grund, warum die Deutschen hätten Gefallen an französischem Chauvinismus finden sollen.

SZ: Aber in Frankreich war die Zeit günstig: De Gaulle hatte die zerrissene, wenig handlungsfähige 4. Republik beendet und sich als starken Präsidenten an die Spitze des Staates gestellt. Die gedemütigte Nation konnte sich mit einem unbesiegbaren Franzosen identifizieren, der es den römischen Besatzern zeigte. Und den deutschen Besatzern auch, oder?

Uderzo: Nein, nein. Es ging nur um das Frankreich, von dem wir als Kinder gehört haben, um das Gallien, das von den Römern erobert worden war. Wir wollten nur die Geschichte erfreulicher machen und ein Gegengewicht schaffen: Die Römer haben gesiegt, aber ein kleines Dorf hat Widerstand geleistet. Das ist die ganze Geschichte.

SZ: Viele Intellektuelle haben natürlich gesagt: Das Dorf ist die Résistance.

Uderzo: Warum soll das denn der französische Widerstand sein? Ich finde, dass alle Menschen, die Deutschen, die Franzosen, die Engländer, immer eine Macht über sich haben, die sie ärgert. Die Polizei, die Regierung, die Menschen, die uns leiten. Und deshalb möchte man so sein wie Asterix. Asterix ist der Kleine, der sich von alledem befreit. Und es ist in jedem Land gleich schwer zu erklären, was hinter so einem Aufmüpfigen steckt. Damit will ich sagen, dass jeder die Lust in sich verspürt, ein Asterix zu sein. Man kann klein sein und trotzdem stark.

SZ: Was hat Sie sofort mit Goscinny verbunden, als Sie ihn kennenlernten?

Uderzo: Die Komikerbranche war arm. Wir waren alle arm. Das hat uns sofort zusammengeschweißt. Wir wollten außerdem den banalen Humor der damaligen Comics ändern. Das war eine Komik nur für kleine Kinder. Wir wollten intelligentere Sachen machen, mit einem eleganten Humor, der sich an Erwachsene ebenso wie an Kinder richtet. Goscinny und ich - wir hatten die gleichen Ideen.

SZ: Was passierte dann?

Uderzo: Goscinny war gerade aus New York zurückgekehrt. Er hatte dort gelebt und die Autoren und Zeichner kennengelernt, die das Magazin Mad gegründet hatten. In Frankreich hätten wir nichts Vergleichbares, daran musste man arbeiten. Dann bekamen wir die Chance, Pilote zu machen und ganz nach unseren Wünschen zu gestalten. Wenn es Pilote nicht gegeben hätte - ich bin mir sicher, dass kein Herausgeber Asterix akzeptiert hätte.

SZ: Hatten Sie damals, im Paris der 50er Jahre, Kontakt zu den Existentialisten?

Uderzo: Goscinny hatte keinen Kontakt, ich aber sehr wohl. In Saint Germain des Prés - das war die große Zeit! Aber wirkliche Kontakte waren das nicht. Es war ein pseudointellektuelles Milieu.

SZ: Warum pseudo?

Uderzo: Es gehörte zum guten Ton, über Sartre zu philosophieren. Und niemand verstand niemanden. Ich glaube, es war vor allem eine gute Gelegenheit, sich zu amüsieren. Die jungen Mädchen waren viel freizügiger als heute.

SZ: Ich verstehe.

Uderzo: Aber das hatte alles nichts mit meinem Metier zu tun. Wir Comiczeichner waren weder Schriftsteller noch Maler, aber gerade deshalb waren wir etwas Besonderes, weil wir weder das eine noch das andere waren.

SZ: Fühlten Sie sich nicht so akzeptiert? Sie waren ja eher Witzbolde. Wie kam das denn an bei den ernsten Künstlern mit den großen Ideen?

Uderzo: Sie kannten uns nicht. Sie haben uns nicht einmal angeschaut. Wir sind ganz und gar unbeachtet geblieben. Und da ich mich auch nicht für sie interessierte, hat das gut gepasst.

Lesen Sie auf Seite 3, wie es Uderzo nach Goscinnys Tod erging.

"Asterix hat niemanden gerettet"

SZ: Goscinny und Sie haben 26 Jahre lange zusammengearbeitet - waren Sie am Ende wie ein altes Ehepaar?

Uderzo: Ja, wir waren wirklich ein altes Paar! Aber wir haben uns nie gestritten, nicht ein einziges Mal.

SZ: Haben Sie nie gesagt: Hey, das war meine Idee! Und der andere hat entgegnet: von wegen, das war meine!

Uderzo: Nein, nie. Es war eine glückliche Ehe, keiner hat dem anderen die Decke weggezogen. Goscinny war ein großer Humorist, aber ohne meine Zeichnungen wär er vielleicht nicht so weit gekommen.

SZ: Als Goscinny starb, mussten Sie nach 26 Jahren gemeinsamer Arbeit...

Uderzo: ... und nach 18 Jahren Asterix...

SZ: ...plötzlich allein arbeiten. War das nicht sehr schwer? Zum Beispiel all diese Geschichten ganz allein zu entwickeln?

Uderzo: Es war eine schwere Zeit, der Verlust meines Freundes war ein ganz harter Schlag, und ich glaubte damals nicht, dass ich mit Asterix würde weitermachen können. Im übertragenen Sinn kann man sagen, dass Asterix gleichzeitig mit Goscinny gestorben ist.

SZ: Wie konnte er dann weiterleben?

Uderzo: Ich habe zunächst mal zwei Jahre lang nichts gemacht. In dieser Zeit habe ich sehr viel Post von den Lesern erhalten, die alle sagten, ich müsste weitermachen. Darunter war ein Brief, in dem es hieß, Asterix müsste weiterleben, denn er gehöre nicht mir, sondern den Lesern. Also habe ich allein weitergemacht. Denn ich wollte Goscinny nicht durch einen anderen Autor ersetzen.

SZ: Haben sich denn viele angeboten?

Uderzo: Oh ja! Es kamen viele Autoren zu mir, die Asterix fortführen wollten.

SZ: Die besten?

Uderzo: Nicht immer die besten, aber viele! Sie müssen wissen, es war eine idiotische Wette, die ich mit mir selber eingegangen bin: Es hätte auch danebengehen können. Ich habe wirklich nicht gewusst, ob es mir gelingen würde. Viele sagen, dass ich nicht die Qualität von Goscinnys Szenarios erreiche. Und das ist wahr.

SZ: Bedrückt Sie das?

Uderzo: Es hat mich nicht gerade erfreut. Aber ich weiß, dass Goscinny einen außergewöhnlichen Humor hatte, und das nicht nur, was Asterix betraf. Auch andere Figuren waren erfolgreich, Lucky Luke zum Beispiel oder der kleine Nick. Er war ein besessener Arbeiter, noch verrückter als ich. Und trotzdem sind die Leser mir gefolgt.

SZ: Und wie sehr trifft Sie die Kritik, die an Ihren Asterix-Heften geübt wird?

Uderzo: Meine Mitarbeiter sind so freundlich, zu verhindern, dass ich die schlimmsten zu Gesicht bekomme.

SZ: Der Erfolg von Asterix hat Sie gewissermaßen dazu verdammt, immer weiterzumachen?

Uderzo: Das stimmt. Ich hätte natürlich aufhören können, aber ich habe festgestellt, dass es viel interessanter war, mit Asterix weiterzumachen, als eine neue Serie zu erfinden.

SZ: Haben Sie und Goscinny nie gesagt: Jetzt haben wir 18 Asterixe hinter uns und jetzt kommt der 19. - und uns fällt nichts ein.

Uderzo: Das ist passiert! Vor dem zehnten Asterix. Goscinny sagte zu mir: Jetzt haben wir alles über die Römer und die Gallier erzählt, jetzt weiß ich nicht, was wir noch machen sollen.

SZ: Was war die rettende Idee?

Uderzo: Und dann hat er ihn zu den Legionären geschickt. Es gibt kein Rezept für Ideen, man weiß nie, wieso und warum man eine hat. Sie kommen auf einen Schlag, eine oder mehrere, beim Essen oder beim Lesen eines Geschichtsbuchs.

SZ: Stimmt es, dass es im letzten Asterix-Band "Gallien in Gefahr" zum ersten Mal eine politische Äußerung gegeben hat, die man als Anti-Amerika-Äußerung hätte verstehen können?

Uderzo: Ich hatte diese Idee im letzten Band. Sie ist von der Presse nicht sehr gut verstanden worden. Ich wollte mich über die Amerikaner und Japaner lustig machen.

SZ: Etwa in Bezug auf den Irak-Krieg?

Uderzo: Nein, eher im Allgemeinen.

SZ: Was die Politik der Stärke betrifft?

Uderzo: Das stimmt, wissen Sie, ich setze alles in Beziehung zu meinem Metier. Die Japaner zum Beispiel haben die Mangas geschaffen, die machen mittlerweile 40 Prozent der französischen Comicproduktion aus. Aber als wir Asterix in Japan auf den Markt brachten, wollten sie ihn nicht!

SZ: Und wie lief es in Amerika?

Uderzo: In Amerika war es das Gleiche. Wir werden von amerikanischer Kultur überschwemmt. Wenn wir aber etwas nach Amerika bringen wollen, dann geht das nicht. Ich wollte mit den japanischen Figuren und mit dem Superman mit Arnold Schwarzeneggers Gesicht meinen Spaß treiben. Und es so weit kommen lassen, dass die Invasoren mit ihren Superwaffen wieder dahin zurückgehen, wo sie hergekommen sind.

SZ: Frankreich hat schon immer seine Kultur geschützt. Auch Ihre Zeichnergewerkschaft hat damals Quoten durchgesetzt.

Uderzo: Ich war Mitglied dieser Gewerkschaft. Wir haben uns als einzige französische Gewerkschaft gegen die Amerikaner schützen wollen, aber es hat nichts genützt. Die Amerikaner haben ihre ganze Zeichnerriege aufgeboten, die schon in ihrem eigenen Land Erfolg gehabt hat. Und die französischen Herausgeber? Die kauften immer da, wo es am billigsten war. Also wurde man von den amerikanischen Horden überrollt.

SZ: Aber dann kam Asterix und hat Frankreich gerettet.

Uderzo: Oh nein! Asterix hat überhaupt nichts und niemanden gerettet.

Albert Uderzo wurde am 25. April 1927 in Fismes bei Reims als Sohn italienischer Einwanderer geboren. Seine Kindheit bezeichnet er als arm, aber glücklich. Uderzo arbeitete von seinem 14. Lebensjahr an als Zeichner und gehörte von den frühen 50er Jahren an zu den produktivsten Comiczeichnern Frankreichs. 1951 begann die Zusammenarbeit mit dem Autor René Goscinny. Die beiden entwickelten Serien wie "Pitt Pistol", "Luc Junior" und "Umpah-Pah". Im Oktober 1959 erschien die erste Folge von "Asterix", ihrem größten Erfolg. Nach dem frühen Herztod Goscinnys 1977 führte Uderzo die Serie fort. Neben Zeichentrickfilmen wurden bislang auch drei Realfilme nach Asterix-Vorlagen fürs Kino gedreht. "Asterix bei den Olympischen Spielen" (2008) gehört zu den teuersten Produktionen der europäischen Filmgeschichte. Albert Uderzo lebt in der Nähe von Paris. Seit 1953 ist er mit Ada Milani verheiratet. Ihre Tochter Sylvie leitet die "Les Editions Albert René".

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