Ilse Ritter wird 80:Überirdisch gut

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Vermeer könnte sie gemalt, Egon Schiele könnte sie gezeichnet haben: Ilse Ritter bei einer Fotoprobe zu Thomas Bernhards Stück „Ritter, Dene, Voss“ im Wiener Akademietheater 2004. (Foto: Votava/picture alliance / brandstaetter)

Die Schauspielerin Ilse Ritter hat feinste Antennen in andere Welten. Damit elektrisierte sie sogar den Wüterich Thomas Bernhard. Eine Würdigung zu ihrem 80. Geburtstag.

Gastbeitrag von Hermann Beil

„Weit sehe ich, weit in die Welten all“ – das ist nicht der Titel einer Autobiografie oder einer Anekdotensammlung von Ilse Ritter. Und doch ist es ein Buch, vor drei Jahren bei Palmartpress in Berlin erschienen, das ihr besonders eigen ist, weil es die Lebensarbeit ihres Vaters weiterführt: Es sind die „Götterlieder der Àdda“, neun Gesänge aus dem Altskandinavischem, neu übersetzt von Ritter und auch von ihr für ein Hörbuch aufgenommen, damit Dichtung in Wortmusik verwandelnd. Den Gestus des Buches führte Ritter auf der Bühne weiter. Als „Engel der Geschichte“ durchschritt sie in Berlin die in eine Eiswüste verwandelte Komische Oper: In Luigi Nonos gewaltiger Oper „Intolleranza 1960“ hatte sie 2022 eine Sprechrolle, in der sie mit einem Text von Caroline Emcke in ihrer Wortmelodie die Azione scenica wissend kommentierte. Eine schelmisch wissende Figur war kürzlich auch ihr Orakel in „aerocircus“, einem Stück von Thomas Köck, aufgeführt vom inklusiven Berliner Rambazamba-Theater. Für das Publikum eine Überraschung. Ilse Ritter liebt Überraschungen – und ist selbst immer wieder für eine solche gut.

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