Horror-Trilogie:Auf der Jagd

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Die Wilden sind schlimm, noch schlimmer sind die Zivilisierten: Die "Woman"-Trilogie nach den blutrünstigen Romanen von Jack Ketchum auf Bluray.

Von Fritz Göttler

Rot ist eine unergründliche Farbe, sie kann natürlich sein wie Blut, aber auch bedrohlich wie der geistliche Ornat, wie das Zimmer des Bischofs gar, das mit roten Tapeten ausgestattet ist. Es sollte besser Gott oder ein Mann Gottes sein, der euch die Jungfräulichkeit nimmt, erklärt er allen Ernstes dem jungen Mädchen, das er in seine Obhut genommen und in das von ihm verwaltete Heim Philomena gesteckt hat, in dem Film "Darlin'" von Pollyanna McIntosh.

Es ist der dritte Teil einer Horror-Trilogie, die zu Beginn inspiriert war von Jack Ketchums schaurigem Roman "Beutegier" ("Offspring"), über eine Horde Kannibalen, die in den Wäldern von Maine ihr Unwesen treibt, junge Paare in ihren Landhäusern schlachtet, ihre Babys raubt. Der Roman wurde 2009 verfilmt, Ketchum selbst schrieb das Drehbuch, der Produzent Andrew van den Houten inszenierte.

Zwei Jahre später entstand ein zweiter Film, "The Woman" (Regie und Buch: Lucky McKee), der auf dem Sundance Festival uraufgeführt wurde und dort für heftige Kontroversen sorgte: eine brutale Studie in Misogynie und toxischer Männlichkeit. 2019 kam der dritte Teil, "Darlin'", geschrieben und inszeniert von Pollyanna McIntosh, die in allen drei Teilen "the woman" ist, die wilde Frau, die mit Wölfen lebt in der wilden Natur. Die "Woman"-Trilogie ist nun auf Bluray bei Capelight erschienen.

"Offspring" ist ein radikaler Horrorfilm, "schmutzig, gemein und kompromisslos", sagt van den Houten, wie die italienischen Kannibalenfilme der Siebziger, der Einbruch der immer noch unbeherrschten Natur in die nur wenig geschützte Zivilisation. Die Wilden sind unerbittlich, selbst ihre Kinder, richtig fies aber ist ein junger 'zivilisierter' Mann, der seiner Ex nachfährt, die ihm davongelaufen ist.

Diese toxische Männlichkeit spielt dann 'The Woman' unerbittlich durch. Ein erfolgreicher Anwalt, auf eher unangenehme Weise charmant, der mit der Familie in einer Art Herrenhaus lebt und gern auf die Jagd geht, entdeckt in den Wäldern die letzte Überlebende der Kannibalenhorde, Pollyanna McIntosh, und beschließt sie, ganz in der Tradition der Erziehungsromane des 18. Jahrhunderts, zu zivilisieren und erziehen. Dazu kettet er sie im Keller an, und man weiß nun, wie krank diese Familie in ihrer scheinbaren Normalität ist. Diesen Mann, sagt Lucky McKee, habe er im Kino von Hitchcock entdeckt, er sei wie Joseph Cotten, der Heiratsschwindler in "Shadow of a Doubt": saubere Kontur, gepflegte Sprache, aber unter dieser Oberfläche ist Fäulnis.

Das Spektakuläre ist immer präsent in diesem Film, das schließt den Blick des Zuschauers ein, der in seiner Ästhetik jahrzehntelang ein männlicher war. Der Sohn des Hauses muss ständig seine Basketballtechnik trainieren, er muss der Beste sein, wenn es darum geht, den Ball ins Netz zu bringen, darf sich nicht geschlagen geben, erst recht nicht von einem Mädchen.

Frauen sind wie Blutegel, doziert der Vater seiner Tochter gegenüber, sie sind nur für eine Sache gut ... "und auch dabei seid ihr erbärmlich schlecht". Dann bedauert er, dass er seine Beherrschung verloren hat. Der Film ist ein kühles Lehrstück der Gefühllosigkeit, Stenografie der Emotionen, erst in einem absurden blutigen Finale kommt es zu einem Wirbel von Gewalt und Gegengewalt. Und die wilde Frau zieht mit den überlebenden Mädchen der Familie davon.

Am Anfang des dritten Teils sind nach vielen Jahren nur sie und das kleine Mädchen der Familie am Leben, das Darlin' genannt wird. Das Mädchen ist schwanger, soll deshalb in ein Krankenhaus. Der Bischof holt sie hastig in sein Institut, er braucht Gelder dafür, und der Musterfall einer Erziehung soll es ihm verschaffen. Er setzt voll auf die sozialen Medien, er filmt das Mädchen mit seinem Handy, um ihre Fortschritte zu dokumentieren.

Anders als die ersten Teile ist dies eine Parabel, manchmal böse, manchmal sehr gefühlvoll. Von Jungfräulichkeit und Mutterschaft, von der Mühsal, die den Frauen beim Gebären auferlegt wurde, weil Eva auf die Schlange im Paradies hörte. Aber auch davon, wie man sich gegen die Schlange zur Wehr setzen kann, wie man eine Anakonda, die einen schon bis zu den Knien gepackt hat, mit Fußtritten traktieren muss.

Die drei Filme der "Woman Trilogy" sind auf Bluray bei Capelight erschienen.

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