Süddeutsche Zeitung

Horror-Trash:Leckere Teenager

Lesezeit: 2 min

Der heitere Haihorrorfilm "47 Meters Down: Uncaged" erzählt von vier Mädchen auf Unterwasserexpedition.

Von Doris Kuhn

Gelangweilte Teenager sind bekanntlich gefährliche Lebewesen. Jederzeit nehmen sie Tod und Verderben in Kauf, um ein bisschen Amüsement in ihre dröge Existenz zu bringen. Da ist die Göre, die ihre Mitschülerin Mia mit Klamotten in den Schulpool schmeißt, noch harmlos. Risikofreudiger ist das Mädchen Nicole, gespielt von der Sylvester-Stallone-Tochter Sistine Rose, das in einer Mischung aus Eitelkeit, Übermut und Verrat ihre Freundinnen unter die Meeresoberfläche lockt, und zwar "47 Meters Down".

Die zugehörige Steilküste liegt irgendwo in Mexiko, Archäologen haben dort eine versunkene Maya-Stadt auf dem Meeresgrund entdeckt. Nicole hat einen Assistenten bezirzt, er hat ihr den Eingang gezeigt, jetzt stiftet sie Mia und zwei weitere Mädchen an, mit ihr kurz runterzugucken, zu den Ruinen. Die nötigen Taucherausrüstungen werden geklaut, dann schwimmen sie zu viert zwischen die Felsen, einen langen Weg nach unten. Der ganze Film ist voll mit langen Wegen, immer eng, immer in düsteres grünes Licht getaucht, gruselig nicht nur durch die Unterwasser-Situation, sondern vor allem durch die Architektur. Regisseur Johannes Roberts siedelt den Horror nicht einfach auf dem Meeresboden an, wo zwischen Tang und Sand immer noch die Erinnerung an eine offene Oberfläche existiert. Er bringt seine Protagonistinnen in eine Unterwasserstadt, in der es Gänge, Treppen, hohe und niedrige Räume gibt, in der aus Stein gehauene Kunstwerke im Weg herumstehen. Er führt sie in ein Labyrinth, aus dem ein Rückweg schwer zu finden ist, das erkennt und fürchtet man beim Zuschauen, während die Mädchen abwärts tauchen.

Schon der erste Hai, dem die Mädchen begegnen, ist ein monströses Vieh

Das ist der Anfang, Klaustrophobie und Orientierungslosigkeit. Weitere Bedrohungen folgen, geschicktes Timing ist auch eine Qualität des Regisseurs. Die Mädchen sind noch in dem Glauben, dass sie einfach umkehren werden. Sie können unter Wasser miteinander reden, moderne Technologie im Taucheranzug, und sie lachen ein bisschen, als sie beim Herumalbern eine ganze Versammlung von Statuen umwerfen. Das aber macht die Bahn frei für den ersten Hai, ein ziemliches Monster, er gleitet vorbei wie eine weiße Wand. Es beginnt ein Versteckspiel mit den Haien, bei dem es auf Stille ankommt, auf kontrollierte Panik, auf das Ausnützen der vorhandenen Enge, in die die Haie mit etwas Glück nicht hineinpassen. Schon wieder fällt Nicole unangenehm auf: Sobald nach ein paar wüsten Schnappern klar ist, was Haifischzähne anrichten, wird ihre Coolness schlagartig durch Feigheit ersetzt, die die Flucht niemandem leichter macht.

Roberts inszeniert ein erstaunlich bilderreiches B-Picture, in dem er die Spannung stetig hochschraubt, während er das Sterben unter Wasser vielfältig illustriert. Erst am Ende kommt er auf die konventionellste Art zurück: Die Mädchen könnten ertrinken, der Sauerstoff geht zur Neige.

Bei all dem vergisst Roberts nicht die Verankerung des Films im Highschool-Milieu. Er schenkt seinen vier Schauspielerinnen - gesichtsbedeckende Tauchermasken hin oder her - zwischendurch ein bisschen Gruppendynamik, und er erreicht schließlich durch die Verbindung mit dem Horrorgenre etwas, was man beim Teenagerdrama sonst nie bekommt: Spontane Zufriedenheit, wenn das Meerwasser sich blutrot färbt, weil die Gören mal böse bestraft werden.

47 Meters Down: Uncaged - USA 2019. Regie: Johannes Roberts. Buch: Ernest Riera, Johannes Roberts. Mit Sistine Rose Stallone, Corinne Foxx, Sophie Nélisse, Brianne Tju, Brec Bassinger. Verleih: Concorde, 90 Minuten.

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Quelle:
SZ vom 11.10.2019
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