Hommage:Vermessung der Po-Ebene

Antonionis Filme im Werkstattkino

Er ist ein Genius des modernen Kinos, der Held der Kinematheken und Filmclubs: Michelangelo Antonioni. Ein Dutzend der Filme, die er von "Die Frau ohne Kamelien" aus den Fünfzigern bis zu "Identifikation einer Frau" aus den Achtzigern machte, sind nun im Werkstattkino zu sehen - das ansonsten eher den trashigen Teil der Kinogeschichte erforscht.

Der neue Kontext kann aber hilfreich sein und den Blick auf Antonioni korrigieren, den auf den frühen allemal, den erd- und heimatverbundenen, der Ferrara und die Po-Ebene mehrfach ins Zentrum seines Werkes rückt, ihre Menschen filmt, die "gente del Po". Ein neorealistischer Antonioni, der den Regen und den Nebel, die Kälte und den Schlamm in Bilder fängt - im Roadmovie "Il grido / Der Schrei", 1957, etwa, der zum Abschluss der Reihe läuft: ein Fabrikarbeiter, der seine Arbeit verliert, durch die Po-Ebene zieht, bei einer Frau landet, die eine einsame Tankstelle am Straßenrand führt.

Zum Beginn gibt es "I vinti/Kinder unserer Zeit", 1952, drei Episoden über die verlorene Nachkriegsgeneration in Paris, Rom, London. Da geht es um Lebenslangeweile, Zigarettenschmuggel, Mord, die Nähe von Faschismus und Anarchie. Weil die Pariser Story einen Fall von 1948 aufgreift - drei Kids ermorden einen ihrer Freunde -, hat die französische Regierung den Film behindert und die Episode verboten. Und weil die Produzenten so zeitnahe Storys nicht anpacken wollten, konnte François Truffaut sein erstes Script - ein Typ klaut ein Auto, erschießt einen Polizisten, fährt nach Paris - damals nicht filmen und schenkte es dem Kumpel Godard, der dann "Außer Atem" daraus machte. Das macht Antonioni also irgendwie zum ersten Mann der Nouvelle Vague

Werkschau Michelangelo Antonioni, Do., 28. April, bis Mi., 11. Mai, 20 Uhr, Werkstattkino, Fraunhoferstr. 9

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