Süddeutsche Zeitung

Hommage:Dunkle Seite des Lichts

Alter Schwede: Ingmar Bergman wäre am 14. Juli 100 geworden. Das Filmfest feiert ihn mit zwei neuen Dokus.

Von Josef Grübl

Es gibt immer mehrere Wahrheiten, das hat uns schon Akira Kurosawas Rashomon aus dem Jahr 1951 gelehrt. Oder Ingmar Bergmans Die Jungfrauenquelle (1960), der sich von Kurosawa inspirieren ließ. In beiden Filmen geht es um einen Überfall und die verschiedenen Perspektiven beziehungsweise Wahrheiten der beteiligten Figuren. Insofern hat es Sinn, dass es gleich zwei neue Bergman-Dokumentarfilme gibt: Bergman - A Year In A Life von der Schwedin Jane Magnusson und Auf der Suche nach Ingmar Bergman von der Deutschen Margarethe von Trotta. Der schwedische Pastorensohn und Jahrhundertkünstler wäre am 14. Juli 100 Jahre alt geworden, bekannt ist er für Filme wie Wilde Erdbeeren, Szenen einer Ehe oder Fanny und Alexander. Das Filmfest München zeigt neben den beiden genannten Dokus einen fast vergessenen Spielfilm des Meisters, Aus dem Leben der Marionetten entstand 1979 in den Bavaria Film Studios.

Der Jahrhundertkünstler Ingmar Bergman wäre im Juli 100 Jahre alt geworden

Zu dieser Zeit lebte der Regisseur in München, er hatte nach Problemen mit den Steuerbehörden Schweden verlassen und arbeitete am Residenztheater. Margarethe von Trotta widmet dieser Lebensphase große Aufmerksamkeit, sie geht seine Münchner Wege ab und spricht mit den Schauspielerinnen Rita Russek und Gaby Dohm, die damals mit ihm arbeiteten. Von Trotta, die sich gleich zu Beginn als Bergman-Fan outet, tritt in ihrem Dokumentarfilm (dem ersten in ihrer langen Karriere!) selbst vor die Kamera, sie reist nach Paris und Stockholm, nach Oslo und Fårö - der schwedischen Ostseeinsel, auf der Bergman jahrzehntelang lebte und im Jahr 2007 verstarb. Es ist eine persönliche Spurensuche, in der mit engen Vertrauten wie Liv Ullman oder Bergmans Sohn Daniel spricht, aber auch mit Filmkünstlern wie Mia Hansen-Love, Olivier Assayas oder Ruben Östlund.

Auch im schwedischen Dokumentarfilm kommen Schauspieler und Filmemacher zu Wort, Lars von Trier etwa, Barbra Streisand, Zhang Yimou und Michael Degen. Dieser Film zeigt aber eine andere Seite des Regisseurs, er ist entlarvender. Es geht um Bergmans schwieriges Verhältnis zu Frauen, um seine übergroße Macht im schwedischen Kulturbetrieb oder seine jugendliche Begeisterung für Adolf Hitler. Sehenswert sind beide Dokumentarfilme, sie erzählen vermutlich auch die Wahrheit. Jeder aber auf seine Weise.

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Quelle:
SZ vom 28.06.2018
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