War Georg von Holtzbrinck ein Nazi, der Hitler und Goebbels unterstützte und davon profitierte? Jetzt liegt das Ergebnis einer Studie in Form eines Buches vor: "Zu unserem großen Bedauern", teilten die Kinder Monika Schoeller von Holtzbrinck, Dieter und Stefan von Holtzbrinck mit, sei das NS-Regime "in alle Lebens- und Arbeitsbereiche und damit auch in das verlegerische Handeln unseres Vaters eingedrungen".
Mit dem neuen Buch zur verlegerischen Rolle Georg von Holtzbrincks im Dritten Reich, heißt es weiter, werde ein "bislang weitgehend unbekanntes Teilstück der deutschen Buchhandelsgeschichte in der Nazi-Zeit bekannt. Im Interesse der erwünschten rückhaltlosen Aufklärung wurden alle in Familien- und Unternehmenshand befindlichen Materialien zur Verfügung gestellt und die akademische Arbeit unterstützt. In Summe erschlossen sich nahezu dreißig Archive zwischen Washington und Moskau, alle aufgefundenen Dokumente stehen der weiteren Forschung zur Verfügung."
Am 1. August 1948 schrieb Georg von Holtzbrinck einem Onkel in New York: "Jetzt liegt die Geschichte hinter einem." Er war erleichtert und fügte an: "Vergessen werden wir sie aber nicht."
Holtzbrinck sprach nicht vom Dritten Reich und den Untaten der Nazis, sondern von seinem Entnazifizierungsverfahren. Das war "moralisch viel deprimierender als die unmittelbaren Gefahren für Leib und Besitz, die der Krieg mit sich gebracht hatte", schrieb er.
Alles oder nichts
Es hat Gründe, dass für ihn die Entnazifizierung schlimmer war als die Zeit im Nationalsozialismus. Unter dem Aktenzeichen 37/1V/17542 begann im Jahr 1946 in Stuttgart ein Spruchkammerverfahren gegen Georg von Holtzbrinck. Dem 36-Jährigen wurde vorgeworfen, die Diktatur Adolf Hitlers mit seinen Zeitschriften, mit seiner Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens oder auch den Nationalsozialistischen Monatsheften unterstützt und vom Nazi-Regime profitiert zu haben. Gehörte Holtzbrinck zu den Belasteten der Kategorie II? Das sind Nutznießer des Unrechtsregimes, die sich persönliche oder wirtschaftliche Vorteile verschafften. Oder war er nur ein Mitläufer, wie er selbst und sein Verteidiger versichern?
Holtzbrinck sei "ein überzeugter Anhänger" der Nazis gewesen und "ist in die Gruppe der Aktivisten einzureihen", behauptete der Ankläger. Als Beleg führte er eine Mitgliedschaft in der Nationalsozialistischen Volkswohlfahrt (NSV), im NS-Studentenbund, in der Reichspressekammer, vor allem aber die Mitgliedschaft in der NSDAP an. Georg von Holtzbrinck sei bereits 1935 in die Partei der Nazis eingetreten und habe damit automatisch als belastet zu gelten.
Für den Unternehmer ging es um alles oder nichts. Holtzbrinck beobachtete in den Nachkriegstagen auf seinen Zugfahrten nach Stuttgart viele hungrige Menschen, wie er einmal nach New York schrieb. Er hatte zu essen, er besaß sogar ein Auto, auch wenn er wegen Spritmangels damit noch nicht fahren konnte.
Zwei Jahre Angst vor Arbeitslager
Aber wie würde er nach dem Urteil dastehen? Stufte man ihn als Belasteter ein, wäre seine Karriere als Verleger beendet. Holtzbrinck drohten bis zu fünf Jahre Arbeitslager, der Verlust des Wahlrechts und des Vermögens. Der Ruin. Das Verfahren dauerte zwei Jahre. Sein Verteidiger erhob in 24 Fällen Einspruch. War Georg von Holtzbrinck ein Nazi, der eine gewichtige Rolle spielte für Hitlers Propagandaminister Goebbels? Bis heute beginnt die offizielle Unternehmensgeschichte 1948. Holtzbrinck überging in einem Geburtstagsband 1969 ("Das Buch zwischen gestern und morgen") die heiklen Punkte der Biographie und betonte, die Reichspressekammer habe die Schließung seines Unternehmens wegen Unzuverlässigkeit angedroht.
Die Wahrheit ist komplizierter. Seit das amerikanische Magazin Vanity Fair 1998 die Karteikarte seiner Parteimitgliedschaft abdruckte und ihm vorwarf, er habe die Ideologie der Nazis verbreitet, rätselt die Verlagswelt über die dunkle Vergangenheit von Georg von Holtzbrinck im Dritten Reich. 1998 lehnte es Sohn Dieter von Holtzbrinck ab, die Enthüllung zu kommentieren oder auf die Aktivitäten seines Vaters in der Nazizeit einzugehen. Davor war lediglich 1968 im Spiegel von Holtzbrincks Vergangenheit als "Ex-Pg", als ehemaliger Parteigenosse der NSDAP, die Rede. Der Hinweis wurde von Historikern offenbar übergangen und blieb folgenlos.
Verarmung als prägende Erfahrung
Erst als die in Gütersloh ansässige Bertelsmann AG auf Druck der Öffentlichkeit um 1998 ihre Legende vom Widerstandsverlag berichtigen musste, ließen Stefan und Dieter von Holtzbrinck die Geschichte des eigenen Hauses im Dritten Reich untersuchen. "Unsere Familie und unser Unternehmen haben Verantwortung, die Vergangenheit zu erklären", sagte Firmenchef Stefan von Holtzbrinck damals der New York Times. Die Erben handeln geschäftlich auch mit Vertrauen und Glaubwürdigkeit. Denn zu Holtzbrinck gehören neben Buchverlagen wie S. Fischer und Rowohlt die Wochenzeitung Die Zeit, das Handelsblatt und der Tagesspiegel. Die sogenannte Schwarze Reihe bei S. Fischer fühlt sich der Aufklärung der NS-Zeit verpflichtet.
Der Journalist Thomas Garke-Rothbart, bis Ende 2008 bei der Thüringer Allgemeinen in Erfurt beschäftigt, forschte seit 1998 und legt jetzt mit dem Buch "... für unseren Bereich lebensnotwendig ..." (Verlag K.G. Saur) neue Erkenntnisse vor. Familie Holtzbrinck machte nicht nur Quellen und das Verlagsarchiv zugänglich, sondern finanzierte einen Teil der Forschung. Sie habe seine Arbeit aber nicht autorisiert, betont Garke-Rothbart. Das Buch sei eine unabhängige Darstellung.
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Wer war der Mann, der den Grundstein legte für das renommierte Verlagshaus, das heute ehemals jüdische Verlage besitzt und Autoren wie Thomas Mann, Franz Kafka und Susan Sontag verlegt? Garke-Rothbarts Buch gibt Auskunft: Georg von Holtzbrinck wurde am 11. Mai 1909 als viertes von fünf Kindern eines adeligen Gutshofbesitzers in Hagen in Westfalen geboren. Er erhielt den Vornamen jenes Vorfahren, der 1694 von Kaiser Leopold I. in den Adelsstand erhoben worden war. Doch Georgs Vater musste den Familienbesitz verkaufen, auch das nachfolgende Gut konnte er nicht halten. Das Geldvermögen wurde durch die Inflation entwertet. Die Verarmung sei "eine prägende Erfahrung" gewesen, schreibt Garke-Rothbart.
Als Georg von Holtzbrinck 1929 sein Jura-Studium in Bonn und Köln begann, musste er sich den Lebensunterhalt selbst verdienen. 1931 wurde er Mitglied im NS-Studentenbund. Nach 1945 argumentierten seine Anwälte, die Organisation sei "damals nichts weiter als andere Studentenorganisationen auch" gewesen. Er habe lediglich an acht Treffen teilgenommen und sei wegen des niedrigen Beitrags beigetreten. Die Versprechungen der NSDAP auf wirtschaftliche Besserung, sagte Holtzbrinck 1949, hätten auf Studenten, "eine beträchtliche Anziehungskraft ausgeübt". Vom wirklichen Gesicht des Nationalsozialismus sei nichts zu erkennen gewesen.
Nur eine Studentenorganisation
Doch ganz so harmlos war der Studentenbund nicht, meint Garke-Rothbart, immerhin war die NS-Studentenorganisation wegen Hetze gegen jüdische Kommilitonen und missliebige Professoren an der Universität Köln verboten. Die Organisation firmierte als "NSDAP. Sektion Universität". Wer Mitglied werden wollte, musste zur Gauleitung. Holtzbrinck muss klar gewesen sein, auf was er sich einließ.
Im Sommer 1930 warb Holtzbrinck Abonnenten für die Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens, einer Art Buchgemeinschaft der Union Deutsche Verlagsgesellschaft in Stuttgart. Diese Zeitschriftenbände beinhalteten einen Roman oder eine Novelle, eine historische Skizze und einen Wissenstext. Holtzbrinck war so erfolgreich, dass er von 1931 an ganz in das Geschäft der Zeitschriften- und Buchwerber umstieg. Im November 1932 rechnete er 836 neue Abonnenten ab, für die er 3762 Reichsmark Provision erhielt. Das Studium brach er ab, seine Kontakte nutzte er für die Vertriebsarbeit und heuerte dafür Studenten an. Damals begann die Zusammenarbeit mit August-Wilhelm Schlösser, seinem langjährigen Partner. Schlösser arbeitete seit 1928 als Vertreter für die Union Deutsche Verlagsgesellschaft.
Das schnelle Geld
Holtzbrinck verdiente 1932 rund 20.000 Reichsmark, also zirka 1667 Reichsmark im Monat. 70 Prozent der Ärzte mussten mit weniger als 170 Reichsmark auskommen. Allein im Januar 1933 verdiente er 4760 Reichsmark und hatte mehr als 16.000 Reichsmark auf dem Konto, was heute der Kaufkraft von ungefähr 160.000 Euro entspricht. Am 30.J uni 1933 waren es bereits 37.558 Reichsmark. Gemeinsam mit ihren Vertretern waren Holtzbrinck und Schlösser in ganz Deutschland unterwegs. "Wir lebten flott, logierten in noblen Hotels", notierte einer der Vertreter.
Im Januar 1934 wurden Schlösser und Holtzbrinck exklusiv mit der gesamten Zeitschriftenwerbung beauftragt und verpflichteten sich, jährlich 50.000 neue Abonnenten zu werben. Als sich der Markt veränderte und Einbußen drohten, erwarben sie die Deutsche Verlagsexpedition (Devex), eine Firma, die nur aus einem Namen bestand, die sie ausbauen wollten. Die Reichspressekammer sah die Devex als Neugründung an und verweigerte wegen eines generellen Verbots von Neugründungen die Zustimmung. Die Auseinandersetzung zog sich hin. Erst im Dezember 1936 wurde die Firma gegen eine Zahlung von 100 Reichsmark Strafe genehmigt. Das klingt, als hätte die "Devex" unter Druck der NS-Behörden gestanden, doch das Gegenteil sei der Fall gewesen, schreibt Garke-Rothbart. Die nachträgliche Genehmigung sei ein Entgegenkommen gewesen.
Flottes Leben in noblen Hotels
Holtzbrinck hatte sich mit der Partei gut gestellt. Die Genehmigung sei auch auf seinen Eintritt in die NSDAP, der 1933 oder 1935 erfolgte (die Quellen sind da widersprüchlich), zurückzuführen, wie Holtzbrinck später gesagt habe. Er erhielt die Mitgliedsnummer 2.126.353. Holtzbrinck war also zu einem frühen Zeitpunkt eingetreten, sein Partei-Engagement habe er allerdings "auf ein Mindestmaß beschränkt" (Garke-Rothbart). Um Aufträge zu erhalten, habe er gegenüber Wehrmacht, Staat und Partei wiederholt mit der Parteizugehörigkeit argumentiert. Zu Verhandlungen nahm er seinen Onkel Erich mit, einen Major, hochdekorierter Frontkämpfer des Ersten Weltkrieges und Standartenführer des SS-Hauptamtes. Der beeindruckte mit seiner Uniform und erhielt Provisionen. Gegen Ende des Krieges soll Holtzbrinck gesagt haben: "Wenn es gutgeht mit dem Ausgang des Krieges, habe ich einen Onkel, welcher SS-Führer ist, wenn es anders kommt, einen nahen Verwandten in Amerika." Dort lebte ein anderer Onkel.
Schlösser wandte sich an die Privatkanzlei von Adolf Hitler und erhielt ein Empfehlungsschreiben. Damit sicherte sich die "Devex" einen Vertrag mit der Deutschen Arbeitsfront (DAF), der mit 25 Millionen Mitgliedern größten und finanzstärksten NS-Massenorganisation. Die "Devex" leistete den Vertrieb der DAF-Zeitschriften Schönheit der Arbeit und Freude und Arbeit.
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1938 betrug die Auflage aller DAF-Blätter 28,5 Millionen Exemplare. Doch mit Kriegsbeginn wurde Schönheit der Arbeit eingestellt und ein Teil der Auflage von Freude und Arbeit gestrichen. Wegen Zahlungsrückständen der Devex kam es zu einem Prozess über drei Instanzen, den Holtzbrinck später als politischen Widerstand darstellte. "Diese Bewertung des Verfahrens ist nicht haltbar", urteilt Garke-Rothbart.
Offizielle Propaganda
Holtzbrinck feierte ohne äußeren Druck den Kriegsausbruch und den Führer und verlegte dazu 1939 eine Sonderausgabe über den Feldzug in Polen. "Man muss natürlich jetzt zuschlagen, damit man anderen Verlagen ... zuvorkommt", schrieb er an Schlösser. Beide bemühten sich um Texte des von den Nazis verehrten Autors Hans Grimm ("Volk ohne Raum") und druckten sie nach.
Holtzbrincks Sonderband unterschied sich nicht von der offiziellen Propaganda; Beiträge entnahm er der Parteizeitung Völkischer Beobachter und kümmerte sich selbst um die Bildauswahl. Drei Tage im Monat traf er sich mit seinem Lektor Hans-Ludwig Oeser, seit 1933 Mitglied der NSDAP und von 1937 an Kreisamtsleiter der NSDAP für Buchwesen und Schrifttum, um den Inhalt abzustimmen.
Holtzbrinck befürchtete, der Krieg könnte die Geschäfte behindern, aber der Umsatz erreichte 1942 mit 1,6 Millionen Reichsmark einen Höchststand. Holtzbrinck verdiente 120.140 Reichsmark. Am 1. März 1943 wurde er zur Wehrmacht eingezogen. Das Geschäft kontrollierte er von unterwegs, indem er Briefe schrieb. Seinen Vorgesetzten schenkte er Bücher, um genügend Freiraum für seine Geschäfte zu erhalten.
Keine rassistischen Dokumente
Was bedeutet die Forschungsarbeit für die Erben? Den Recherchen zufolge "finden sich Belege opportunistischen Verhaltens. (...) Wir, seine Kinder, wie auch seine Freunde und seine Kollegen kannten in dem 1983 verstorbenen Firmengründer einen Mann ohne antisemitische, militaristische oder uniformistische Züge. Mit seinem Handeln und seinen Mitteln trat unser Vater nach dem Kriege für die Wiedergutmachung gegenüber denjenigen ein, die unter dem Deutschland der Nazis gelitten hatten - ein Handeln, das auch uns verpflichtet." Wenigstens gebe es "keinerlei Dokumente und Veröffentlichungen rassistischen Inhalts und - trotz gewisser Sympathien in der Anfangszeit - keinerlei Hinweise auf eine aktive Parteimitgliedschaft."
Garke-Rothbart bestätigt das und sagt: "Das Verhalten Georg von Holtzbrincks war exemplarisch für das vieler mittlerer Unternehmer."
Eine gewichtige Rolle für Hitler und Goebbels spielte er nicht; seine Kontakte liefen auf der Arbeitsebene der Behörden, nicht auf Ebene der Machthaber. Es sei auch schwer vorstellbar, dass er brüllend bei Parteiveranstaltungen gestanden habe. Sein Beitritt zur Studentenorganisation sei aber "keine Jugendsünde" gewesen, wie seine Anwälte später glauben machen wollten. Verlagshistoriker Siegfried Lokatis betont: Holtzbrinck habe "eher unbedeutende Firmen" geleitet. Ob er vom Einsatz durch Zwangsarbeiter profitierte, bleibt unklar.
Er zog die Fäden im Hintergrund
Ein Magengeschwür verhalf Georg von Holtzbrinck zu einer vorzeitigen Entlassung aus der Kriegsgefangenschaft. Er durfte nicht arbeiten. Seine Frau Addy, die er 1938 geheiratet hatte, war trotz drängender Anfragen kein Mitglied der NSDAP geworden und erhielt die Genehmigung für Druck und Vertrieb farbiger Postkarten. Auch das Geschäft mit dem Vertrieb von Büchern lief wieder an. Dazu engagierten die Eheleute die in geschäftlichen Dingen völlig unbedarfte Else Wienskowitz aus Dillingen, mit der Addy im September 1945 ein neues Unternehmen gründete. Ihr Mann zog die Fäden im Hintergrund.
Beim Verfahren vor der Stuttgarter Spruchkammer belastete ihn Heinrich Durst, der Anwalt von Holtzbrincks ehemaligem Partner Paul Ackermann: "Soweit ich es beurteilen kann, war v. H. ein guter Nazi, vor allen Dingen ein Nutznießer, der aus dem Alleinvertrieb der verschiedenen Nazizeitschriften sehr viel Geld verdient hat."
Holtzbrinck bot Zeugen auf, die ihm bestätigten, dass er ein entschiedener Gegner des Krieges war, dass er eine Sekretärin beschäftigte, deren Ehemann einen jüdischen Elternteil hatte, dass er fast nie ein Parteizeichen trug und mit seinem Lektor Olaf Saile "die Möglichkeit eines aktiven Widerstandes gegen das Selbstmordregime Hitlers" besprach.
Nazi aus wirtschaftlichen Gründen
Am 25. Februar 1948 fand die öffentliche Verhandlung gegen Georg von Holtzbrinck statt. Seine Anwälte betonten noch einmal, er habe durch den Nationalsozialismus keinen wirtschaftlichen Vorteil, sondern Nachteile erlitten. Nach Anhörung der Zeugen und Sachverständigen beantragte der Kläger, ihn als Mitläufer einzustufen. Holtzbrinck solle 1500 Reichsmark Strafe zahlen. Der Richter folgte dem Kläger, verurteilte Holtzbrinck zur Zahlung von 1200 Reichsmark. Das Urteil hält seine Parteimitgliedschaft fest und dass Holtzbrinck seine Parteikontakte genutzt habe, sich das Alleinvertriebsrecht seiner Zeitschriften zu sichern. Allerdings habe er lediglich aus wirtschaftlichen, nicht politischen Motiven gehandelt.
Die Kinder von Holtzbrinck betonen: "Die Einstufung als Mitläufer im Entnazifizierungsverfahren und das Gesamtprogramm im historischen Kontext zu beurteilen, steht uns nicht an. Dies ist und bleibt Sache der akademischen Forschung."
Bemerkenswert ist angesichts der Vergangenheit des Verlagsgründers, dass die Kinder von Holtzbrinck trotz dieses schweren Erbes mit S. Fischer oder Farrar, Straus & Giroux angesehene ehemals jüdische Verlage erwerben konnten. Wie war das möglich?
Der jüdische Verleger Roger Straus, der seinen Verlag Farrar Straus & Giroux 1994 verkaufte, sagte vor Jahren: Er habe bei dem Geschäft die Vergangenheit von Holtzbrinck sehr wohl bedacht. Jeder, der die Zeit überlebt habe, habe kooperiert: "Ich dachte mir, sie sind so sauber, wie es nur ging."
Gahrke-Rothbart fragt sich in seiner Forschungsarbeit (die er als Dissertation an der Fernuniversität Hagen einreichen will), ob Holtzbrinck "nicht doch ein Nutznießer des Systems war. In der umgangsprachlichen Auslegung des Begriffs besteht kaum ein Zweifel daran".