Zum 80. Geburtstag von Schauspieler Ryan O'Neal:Alles Gute, Goldlöckchen

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Die Antithese zu John Wayne: der Schauspieler Ryan O'Neal. (Foto: Imago Images/Zuma Wire)

Es kann ja nicht jeder im Leben halten, was er auf der Leinwand verspricht: Ryan O'Neal, der Star aus "Love Story" und unzähligen Skandal-Storys, wird achtzig Jahre alt.

Von Susan Vahabzadeh

Lange bevor das Meme erfunden wurde, gab es so etwas Ähnliches. Bloß analog. Sätze, Bilder, die sich manchmal jahrelang hielten. Als 1970 "Love Story" ins Kino kam, stand auf allen Plakaten ein Zitat aus dem Film: "Liebe bedeutet, niemals um Verzeihung bitten zu müssen." Dieser Satz war dann mindestens ein Jahrzehnt lang nicht mehr loszuwerden, genauso wie die Musik, die der oscargekrönte Franzose Francis Lai beigesteuert hatte, Spezialist für ewig haltbare, traurige Liebesfilmmusik. Man kann sich heute gar nicht mehr vorstellen, dass ein einzelner Film so lange ein Phänomen und in aller Munde bleibt.

Das ganze Unternehmen "Love Story" war ein nahezu verrückter Erfolg: Noch heute taucht der Film in der Liste der größten Kassenschlager aller Zeiten auf, bei der Fernsehausstrahlung in den USA 1972 erreichte er die sagenhafte Einschaltquote von 62 Prozent - dabei ist "Love Story" eine tieftraurige Angelegenheit und genau genommen auch ein ganz ordentlicher Kitsch. Reicher Junge trifft arme Studentin, wird von der Familie verstoßen, dann erweist sich die arme Studentin als todkrank und stirbt. Die weibliche Hauptrolle spielte Ali McGraw, ihr Partner aber wurde von Regisseur Arthur Hiller und Produzent Robert Evans, der mit McGraw verheiratet war, verzweifelt gesucht. "Ich war so ziemlich der Letzte, der vorgesprochen hat", sagte Ryan O'Neal später, der den wehmütigen Oliver spielte. Diese eine Rolle machte ihn sofort zu einem der größten Hollywoodstars der Siebzigerjahre. Er hatte zwar fürs Fernsehen in den Sechzigern auch Western gedreht, aber mit den honigfarbenen Locken, dem sanften Lächeln und den Kettchen um den Hals war er die Antithese zu John Wayne. Ein neuer Typ Mann für ein neues Jahrzehnt.

Die Rolle in "Love Story" machte ihn zu einem der größten Hollywoodstars der Siebzigerjahre: Ryan O'Neal und Ali MacGraw. (Foto: HA/imago/Cinema Publishers Collecti)

Ryan O'Neal wurde am 20. April 1941 in Los Angeles geboren, er stammte aus einer Filmfamilie - die Mutter war Schauspielerin, der Vater Drehbuchautor. Eine Weile lebte die Familie, einer Fernsehserie wegen, in München, und bei der Rückkehr nach Los Angeles beschloss Ryan, es mit der Schauspielerei zu versuchen. Ein Jahrzehnt verging, in dem er nur Fernsehen machte - und der plötzliche Ruhm hatte dann sicher sehr viel mit der privaten Tumult-Serie zu tun, die ihn fast noch bekannter machte als das Kino.

Er löste im Hollywoodkino der Siebziger den Macho als Filmhelden ab

Letztlich ist nur eine Handvoll Filme der Rede wert unter den Dutzenden, die Ryan O'Neal gemacht hat. Einen davon drehte er gleich nach "Love Story": Peter Bogdanovich besetzte ihn als etwas schusseligen, aber ungeheuer niedlichen Musikprofessor in "Is'was, Doc?", wo ihm Barbra Streisand die Hölle heiß macht. "Is'was, Doc?" ist klassische Screwball - Streisands Judy gabelt Professor Howard Bannister in einer Hotelhalle auf, bei einem Musikologen-Kongress, und zieht ihn dann in eine wüste Story hinein, in der sie sich als seine Verlobte ausgibt und die beiden zeitgleich von Geheimagenten und enttäuschten Räubern gejagt werden, denen sie versehentlich die Beute geklaut haben. O'Neal als Musikprofessor hechelt Judy einen Film lang atemlos hinterher, manchmal genervt, aber zu jeder Aggression unfähig. Einmal rasen sie auf einem als Drachen kostümierten Fahrrad einen Hügel in San Francisco hinab, Judy ist am Steuer, und Bannister tut, was in fast jeder Szene passend wäre: Er blickt in den Abgrund vor ihnen, seufzt, und nimmt lieber mal die Brille ab. "Is' was, Doc?" ist ein ganz großer, unschuldiger Spaß, aber er wäre nur die Hälfte wert, hätte sich Bannister nicht von Anfang an der übermächtigen Energie von Judy ergeben. Ryan O'Neal hatte vielleicht eine kurze Karriere - er war aber, was die Ablösung des Machos als Normalfall des Filmhelden anging, stilbildend.

Den nächsten Erfolg hatte er wieder mit Bogdanovich, "Paper Moon" (1973), in dem er einen betrügerischen Bibelverkäufer zur Depressionszeit spielt, der sich versehentlich ein Kind anlacht, das er dann nicht mehr loswird, weil die Kleine eine gar zu gute Komplizin abgibt - Addie, gespielt von O'Neals eigener Tochter Tatum, die dafür zur jüngsten Oscarpreisträgerin aller Zeiten gekürt wurde, sie war erst zehn Jahre alt. O'Neal war damals tatsächlich alleinerziehender Vater, und seine eigenen Party-Exzesse und die der minderjährigen Tatum wurden in den Jahren danach legendär. Einmal noch ergatterte Ryan O'Neal eine Hauptrolle, die für die Filmgeschichte reicht: In Stanley Kubricks Kunstwerk "Barry Lyndon" (1975), den Gemälden von William Hogarth nachempfunden, basierend auf einem Roman von Willam Thackeray, spielte er einen Mann im 18. Jahrhundert, einen Spieler, der sich treiben lässt.

Danach machte er tatsächlich nur noch mit seinem Privatleben Schlagzeilen, bis er im vergangenen Jahrzehnt eine wiederkehrende Rolle in der Serie "Bones" übernahm, die ganz gut zu einem Mann passt, der in Interviews reumütig erklärt, als Vater ein Versager gewesen zu sein: Er spielt den immer wieder abgängigen Vater der Hauptfigur, der jedes Mal für Ärger sorgt, wenn er wieder auftaucht. Aber O'Neal machte auch sonst von sich reden. Mal soll er auf seinen Sohn geschossen haben, dann hat er auf der Beerdigung seiner langjährigen Partnerin Farah Fawcett versehentlich seine Tochter Tatum angebaggert, weil er sie nicht erkannte- eine Geschichte, die nur herauskam, weil er sie selbst hinausplärrte. "Wir hatten", sagte Tatum dazu, erstaunlich gelassen, "uns länger nicht gesehen." Das wäre dem Professor Howard Bannister nie passiert. Als Vater war O'Neal wohl wirklich nicht die ideale Besetzung; als Ehemann auch nur bedingt. Es kann ja nicht jeder im Leben halten, was er auf der Leinwand verspricht.

Privat sorgte Ryan O'Neal (links) immer wieder für Schlagzeilen, hier zu sehen mit seiner Tochter Tatum und Burt Reynolds. (Foto: imago images/Zuma Wire)

Als Ryan O'Neal unlängst, zum fünfzigsten Geburtstag von "Love Story", gefragt wurde, was der berühmte Satz eigentlich heißen soll, antwortete er: "Ich habe keine Ahnung. Ich weiß nur, dass ich mich dauernd entschuldigen musste." Dass man die Empfehlung aus "Love Story" besser nicht beherzigt, hat er aber bestimmt schon lange gewusst, wohl schon, als er 1973 "Is' was, Doc?" drehte. Die Geschichte mit Judy und Professor Bannister nimmt ein wundervolles Ende. Da sitzt Bannister im Flugzeug, völlig fertig, und glaubt, er hätte Judy für immer verloren, bis er sie plötzlich auf dem Sitz hinter sich hört. Sie sagt: "Liebe bedeutet, niemals um Verzeihung bitten zu müssen." Und Bannister antwortet: "Das ist das Dümmste, was ich je gehört habe."

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