Hollywood:Fluch der Tomate

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John Travoltas Mafiafilm "Gotti" säuft in den USA gnadenlos ab - null Prozent positive Kritiken auf dem Portal "Rotten Tomatoes", das schaffen nur wenige. Auch die Kino-Flatrate-Firma Movie Pass mischt merkwürdig mit.

Von David Steinitz

Glaubt man der Internetseite "Rotten Tomatoes", dann gehört "Gotti", der neue Film mit John Travolta, zu den miserabelsten Werken, die jemals in Hollywood produziert wurden. Am vergangenen Wochenende startete das Mafiadrama, in dem er den legendären New Yorker Gangsterboss John Gotti spielt, in den US-Kinos - und hat auf dem Portal seitdem eine seltene Negativ-wertung von null Prozent.

Auf Rotten Tomatoes werden Rezensionen zu Filmen zusammengetragen und per Punktesystem in das "Tomatometer" übertragen. Dieses zeigt von null bis hundert Prozent an, wie gut ein Film ist. "Citizen Kane" zum Beispiel hat 100 Prozent; der Horrorfilm "Der weiße Hai IV" hingegen hat null Prozent, weshalb er als rotten, also als verfaulte Tomate eingestuft wird - so wie jetzt "Gotti". Von den Tausenden Filmen, die auf der Seite bewertet wurden, haben bislang nur gut drei Dutzend Werke diese miserable Note bekommen. Für Travolta ist das dreifach peinlich, weil er nach "Staying Alive" und "Kuck mal, wer da jetzt spricht" nun schon zum dritten Mal in der Null-Prozent-Liste vertreten ist.

Für die Produzenten wiederum hat die Wertung vermutlich auch finanzielle Konsequenzen, weil in Hollywood schon seit Jahren darüber geklagt wird, dass Rotten Tomatoes zu schlechten Einspielergebnissen führen kann: schlechte Wertung, weniger Zuschauer. Die Wut vieler Filmemacher auf die Seite wird vor allem dadurch entfacht, dass es oft nur ein paar Kritiken sind, aus denen eine Wertung errechnet wird. Im Fall von "Gotti" waren es am Wochenende des Starts nur 23 Rezensionen, die zu den null Prozent geführt haben. Gut anderthalb Millionen Dollar hat der Film während dieser Zeit eingespielt, laut Deadline hätten es aber mindestens drei Millionen Dollar sein müssen, um noch so halbwegs als rentabel zu gelten.

Natürlich lässt sich nicht errechnen, ob die Bewertung den Film Zuschauer gekostet hat, und wenn ja, wie viele. In Hollywood ist der Fall aber ein idealer Anlass, dem Portal mal wieder die Schuld an einem Flop zuzuschieben. Vor allem, weil die ebenfalls erstellte Nutzerwertung, die nicht von Kritikern, sondern von normalen Zuschauern stammt, nicht bei null, sondern bei positiven 80 Prozent liegt - aber darüber wird natürlich weniger berichtet.

Schaut man sich die Zuschauer etwas genauer an, die es trotz der Unkenrufe ins Kino gezogen hat, kann man noch eine andere erstaunliche Feststellung machen. Wie Deadline berichtet, stammen 40 Prozent der bisherigen Einnahmen von Kunden der Firma Moviepass. Die bietet in den USA eine Filmflatrate an, für 9,99 Dollar pro Monat kann man einmal am Tag ins Kino gehen. Mehr als zwei Millionen Abonnenten machen bereits mit. Und genauso wie die Online-Konkurrenten Netflix und Amazon will auch Moviepass selbst in die Filmproduktion einsteigen. Zufälligerweise ist das zweite Projekt, an dem sich die Firma mit einem niedrigen siebenstelligen Betrag beteiligt hat: John Travoltas "Gotti". Im Mai kaufte das Unternehmen sogar noch nachträglich die komplette Produktionsfirma des Films auf. Früher wurden in Hollywood Witze darüber gemacht, dass Studios angeblich heimlich Tickets für die eigenen Filme kaufen, um sich nicht öffentlich für einen Flop rechtfertigen zu müssen. Diesem Prinzip hat Moviepass nun einen neuen Dreh gegeben - Rotten Tomatoes hin oder her.

© SZ vom 21.06.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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