Hollywood:Ein Münchner im Kino-Himmel

Markus Förderer, 2014

Von der HFF nach Hollywood: Markus Förderer.

(Foto: Florian Peljak)

Der Kameramann Markus Förderer ist für die Bilder des Blockbusters "Independence Day: Wiederkehr" verantwortlich

Von Josef Grübl, München/ Los Angeles

Die Geschichte klingt so unglaublich, dass sie wahr sein muss. Im Sommer 1996 kommt ein Science-Fiction-Film in die Kinos, der weltweit Kassenrekorde macht. Es geht um patriotische Amerikaner und angriffslustige Aliens, um Vietnamveteranen und fliegende Untertassen. Der Film heißt "Independence Day" und begründet die unglaubliche Erfolgsstory des deutschen Regisseurs Roland Emmerich. Das ist aber erst der Einstieg zu einer anderen Geschichte, die hier erzählt werden soll: Ein dreizehnjähriger Junge ist von dem Film so sehr begeistert, wie es wohl nur ganz junge Menschen sein können. Er sieht ihn immer und immer wieder.

",Independence Day' war der Auslöser, warum ich selbst Filme machen wollte", sagt Markus Förderer, "Er hat einfach alles, was großes Kino ausmacht." Der Fan von einst und heutige Kameramann drehte zwanzig Jahre später zusammen mit Emmerich die Fortsetzung seines größten Hits, "Independence Day: Wiederkehr" ist gerade in den deutschen Kinos angelaufen. Es ist der vorläufige Höhepunkt einer Karriere, die selbst für Hollywoodverhältnisse außergewöhnlich erscheint: Bereits während seines Studiums an der Münchner Hochschule für Fernsehen und Film dreht Förderer seinen ersten Kinofilm "Hell", der Horrorthriller wird weltweit verkauft und gewinnt Preise, Förderer bekommt den Deutschen Kamerapreis. Viel wichtiger aber ist die Aufmerksamkeit eines bestimmten Mannes: Wie es der Zufall so will, betreut Roland Emmerich als ausführender Produzent dieses Debüt. Trotz seines Hollywood-Ruhms hält der Regisseur Kontakt zu deutschen Freunden, zum Produzenten Thomas Wöbke etwa oder zum Regisseur Tim Fehlbaum. Emmerich hat ein Auge für Talente, die Bildsprache dieses flirrend heißen und dunklen Genrefilms findet er außerordentlich.

Also macht er das, was er auch schon mit anderen begabten jungen Filmemachern getan hat: Er holt Markus Förderer nach Amerika. 2014 drehen die beiden "Stonewall", ein für Emmerich-Verhältnisse kleines Drama über die Homosexuellen-Aufstände 1969 in New York. Für den Regisseur ist es ein Herzensprojekt, an der Kinokasse geht er damit leider völlig unter. Für seinen Kameramann ist der Film aber eine Bewährungsprobe: Roland Emmerich habe ihm schon während des "Stonewall"-Drehs die Arbeit an der "Independence Day"-Fortsetzung in Aussicht gestellt, erzählt Förderer im Skype-Interview. "Bei einigen Szenen sagte er zu mir: 'Pass auf, das machen wir beim nächsten Mal so ähnlich.'"

Gemeinsam entwickeln sie den Look des Films, der eine moderne Bildsprache haben soll und trotzdem wie der lärmende Aufguss eines Neunzigerjahre-Hits wirkt. Jedes Projekt erfordere eine andere Herangehensweise; seine Aufgabe sei es, sich in die Visionen des Regisseurs hineinzudenken und sie visuell umzusetzen. Hatte er bei seinen ersten Filmen (neben "Hell" war das noch der ebenfalls preisgekrönte "Finsterworld") viel mit Überbelichtungen und Linsenreflexionen experimentiert, wird es bei seinem ersten US-Studiofilm dunkler.

Die "Independence Day"-Neuauflage ist deutlich finsterer geraten, der Hurra-Patriotismus des ersten Teils passt nicht mehr in die heutige Zeit. Emmerich habe ihn ermutigt, tiefe Schatten über die Bilder zu legen und die Schauspieler teils aus dem Dunkel heraus sprechen zu lassen, erzählt er: "Wir haben viel im Studio gedreht, das sind ganz andere Bedingungen." Bisher habe er fast ausschließlich an echten Schauplätzen mit natürlichem Licht gearbeitet und dieses für seine Zwecke manipuliert, bei diesem Film musste er ganze Studiokomplexe künstlich erleuchten. Dafür stand ihm eine große Mannschaft zur Verfügung: Allein das Kamerateam umfasste 13 Mitarbeiter, gemeinsam mit den Beleuchtern und Elektrikern waren es mehr als fünfzig Leute. Hinzu kam noch eine ganze Armada von 3D- und Effektspezialisten, die ebenfalls miteinbezogen werden mussten. Das erfordert Management- und Personalführungsqualitäten, schließlich ist der 33-Jährige als "Director of Photography" für die Bilder des Films verantwortlich. Direkt an der Kamera sitzt man in einer solchen Position nicht mehr, zumal die meisten Szenen von mehreren Kameraleuten gleichzeitig gefilmt werden. Sein Platz während der Dreharbeiten sei am Monitor, direkt neben dem Regisseur, so der hochgewachsene Deutsche.

Über die Zusammenarbeit mit dem deutlich älteren und erfahreneren Regisseur weiß er nur Gutes zu berichten, er sei offen für Anregungen und könne sich für Neues begeistern. Was man halt in einem Interview so sagt über seinen Mentor. Dass die beiden tatsächlich ein gutes Team sind, zeigt sich an anderer Stelle: Bei der Berliner Pressekonferenz im Juni sagte Roland Emmerich, dass sein neuer Kameramann nun bis ans Ende seiner Tage mit ihm drehen dürfe. Markus Förderer hat davon gehört, er freut sich darüber.

Trotzdem findet er, dass man sich für jedes Projekt aufs Neue beweisen solle. "In Deutschland ist es ja oft so, dass man mit seinem Kumpel von der Filmhochschule die nächsten dreißig Jahre dreht", sagt er. Die vergangenen anderthalb Jahre arbeitete er fast ausschließlich an diesem einen Film, mittlerweile hat er auch eine Wohnung in Los Angeles. Nach Deutschland kommt er nur noch selten, zuletzt war er im Juni bei der Verleihung des Deutschen Kamerapreises in Köln. Er gewann ihn für den Kurzfilm "I Remember". Derzeit führt er Gespräche über kommende Projekte, allzu große Sorgen muss er sich aber nicht machen: Diese Erfolgsgeschichte ist noch nicht auserzählt.

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