Hollywood:Die weiße Gefahr

Sony plant die Neuverfilmung der Kriegerinnen-Legende "Mulan". Regie führen soll Alex Graves, ein Weißer. Ist das typisch für den Umgang Hollywoods mit Asiaten? Die jüngere Filmgeschichte lehrt: Da ist was dran.

Von Tobias Kniebe

Verweigert Hollywood (oder überhaupt das westliche Kino) asiatischen Künstlerinnen und Künstlern immer noch Auftritte und Ausdrucksmöglichkeiten? Diese Kontroverse kocht immer wieder hoch, im Moment aber nimmt sie richtig Fahrt auf. Am Montag gab Sony bekannt, wer bei der vom Studio geplanten Neuverfilmung der chinesischen Kriegerinnen-Legende "Mulan" Regie führen soll - es ist Alex Graves, ein weißer Mann. Sofort gab es auf Twitter enttäuschte Reaktionen: wieder keine Chance für einen asiatischen Filmemacher, und nicht mal für eine Frau. Disney wiederum plant seine eigene Realfilm-Version des Stoffs für das Jahr 2017 und wird bereits per Onlinepetition (derzeit 110 000 Unterschriften) ermahnt, die Hauptrolle bitte schön auf keinen Fall an eine weiße Schauspielerin zu vergeben.

Derweil stehen die Macher des neuen Bruce-Lee-Biopics "Birth of a Dragon" in der Kritik, weil sie in die wahre Geschichte von Bruce Lees erstem großen Martial-Arts-Kampf eine fiktive weiße Figur eingefügt haben, die keinerlei Entsprechung in der Wirklichkeit hat - wohl eine Konzession ans weiße Publikum. Hier lautet der Vorwurf, dass selbst rein asiatische Geschichten noch durch sogenannte White-Savior-Figuren verfälscht werden - "weiße Retter", die dem westlichen Publikum angeblich Identifikationsmöglichkeiten bieten. Ein Beispiel dafür soll auch die Rolle sein, die Matt Damon in Zhang Yimous chinesischer Superproduktion "The Great Wall" übernommen hat, die im Dezember in Peking Premiere haben wird.

Wenn nächste Woche Marvels "Doctor Strange" weltweit anläuft, dürfte sich die Debatte sicher nicht beruhigen - denn der Gehirnchirurg in der Sinnkrise, gespielt von Benedict Cumberbatch, wird in der Marvel-Mythologie von "The Ancient One" unterrichtet, einem aus dem Himalaja stammenden Guru der Kampf und Zauberkünste. Der trug in den Comics immer eindeutig asiatische und männliche Züge. Im Film aber verkörpert ihn nun die schneeweiße Britin Tilda Swinton - eine Castingentscheidung, die bereits wütende Proste wegen "Yellowfacing" nach sich gezogen hat. Damit ist Hollywoods lange Tradition gemeint, asiatische Rollen an weiße Schauspieler zu vergeben, ihnen "asiatisches" Make-up zu verpassen und sie dann im Extremfall auch noch übel chargieren zu lassen - wie etwa bei dem legendär rassistischen Slapstick-Auftritt von Mickey Rooney in "Frühstück bei Tiffany".

Der zweite Fall des "Yellowfacing", der derzeit die Gemüter erhitzt, ist die Besetzung von Scarlett Johansson in der Realverfilmung des Mangas "Ghost in the Shell" durch Paramount und Dreamworks. Sie spielt die Cyberpolizistin Motoko Kusanagi. Diese ist zwar ein Cyborg, aber auch eindeutig ein japanischer Cyborg. Bis März nächsten Jahres, wenn dieser Film anläuft, könnte das Thema also noch virulent bleiben.

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