Hörenswert:Zum Tanzen

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Musiker und Forschergeist: Rüdiger Lotter, Leiter der Hofkapelle. (Foto: Reger)

Chouchane Siranossian und die Hofkapelle mit Violinkonzerten

Von Egbert Tholl

Man legt diese CD ein, schaltet den Verstärker ein - und sofort hüpft man durch die die Gegend. Vorsicht: Hören Sie diese Aufnahme nur in großen Räumen, die Verletzungsgefahr wäre sonst zu groß. Natürlich, man ist gewarnt, weil zum einen man ja seit vielen Jahren weiß, was mit Alter Musik passiert, wenn sie von den Spezialisten dafür aufgeführt wird, nämlich ein Erlebnis an Rhythmus, tänzerischer Leichtigkeit, sehr genau ausgearbeiteter Artikulation. Und, zweitens, kennt man Rüdiger Lotter in München, sei es als Stimmführer im Münchener Kammerorchester oder eben als Leiter der Hofkapelle München. Mit der und der französisch-armenischen Geigerin Chouchane Siranossian hat Lotter hier für das wunderbare Label Deutsche Harmonia Mundi die Violin-Konzerte dreier Meister des Barock eingespielt, von denen man zwei kaum mehr kennt, zumindest nicht aus dem gängigen Musikbetrieb. Und wie er das gemacht hat, das Einspielen, das ist nicht nur eine sowohl in spiel- wie auch aufnahmetechnischer Hinsicht klangliche Pracht, das ist auch vom ersten Ton an mitreißend, aufregend, sinnlich.

Gut, man kann darüber streiten, ob der Titel der CD nicht ein wenig reißerisch klingt - "Angel, Devil, Priest" -, aber zumindest bei Antonio Vivaldi stimmt ja die Beiordnung, der wurde schließlich von seinen Zeitgenossen "der rote Priester" genannt. Da Lotter nicht nur ein Geigenvirtuose, sondern auch ein Musikforscher ist, schrieb er das Büchlein zur CD gleich selbst; und bei Vivaldi steht der schöne Nebensatz, dass der 1706 seine Tätigkeit als Priester aus gesundheitlichen Gründen aufgegeben habe. Da fragt man sich unweigerlich, wie er wohl das Amt interpretiert haben mag, vielleicht also auch noch Engel und Teufel, alles eine Person. Aber diese beiden sind hier die anderen, Jean-Marie Leclair und Pietro Antonio Locatelli. Letzterer war ein völlig verrückter Virtuose, der das, was er spielen, auch aufschreiben konnte. Und Leclair, selbst auch Geiger, ist einfach wunderbar.

Angel, Devil, Priest - Leclair, Locatelli & Vivaldi, Violinkonzerte, Deutsche Harmonia Mundi

© SZ vom 02.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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