Hörenswert:Von wegen Stubenromantik

Die erste gemeinsame CD von Monika Drasch und Georg Glasl

Von Rita Argauer

Zunächst wirkt das ganz harmlos. Ein Album, darauf musizieren zwei renommierte Musiker auf Zither und Geige, das Cover ziert ein verschwommenes Herz, gezeichnet über dem Titel "Maria, Zither und die Liebe/O Sünder, schlaffst du noch ...". Doch das "Volkskulturkollektiv Drasch-Glasl" spielt in 19 Titeln Abgründe und Abstraktionen in das volksmusikalische Ambiente, die jede Stubenromantik verfliegen lassen.

Schon bei der Eröffnung, der vom Münchner Zitherspieler und -Professor Georg Glasl selbst weiterkomponierten "Spur" von Peter Kiesewetter, ist die Richtung klar: Während die Zither mit Ausnahme von ein paar Verzierungen konsequent und stoisch auf einem Ton verharrt, rezitiert Monika Drasch das Fragment eines Textes aus dem Kärntner Liederbuch; zwar bairisch gefärbt, aber dezidiert antiromantisch: "Was kümmern mi de Sternlan, was kümmert mi der Mond." Dann gibt es zur Ein-Ton-Zither noch ein paar kratzende Geräusche und man weiß: Die musikalische Spur dieses Albums wird weit über die Tradition hinausführen.

Es ist das erste gemeinsame Album der Sängerin und Geigerin Monika Drasch mit Georg Glasl. Doch diese beiden Musiker sind sich hörbar einig in ihrer Wertschätzung der volksmusikalischen Tradition ihrer Instrumente, aber auch in dem Willen die Überlieferungen in die Gegenwart zu treiben. So trifft Kratzbürstiges auf traditionelle Marienlieder, auf englische Renaissance, auf ein "Air" von Georg Friedrich Händel oder auf Frühromantisches mit einem Ländler von Franz Schubert. Darauf gibt es dann jedoch Texte aus den Stubenberger Handschriften, die Monika Drasch aber trocken und distanziert über Schuberts Reigen spricht. Die Romantik hat man hier weiterhin auf dem Kieker.

Der Bariton Sebastian Myrus steht Drasch bisweilen stimmlich als Gast bei, etwa theatral im traditionellen "Ehestandslied". Unheimlich wird es in Draschs Eigenkomposition "Wenn einer fortgeht" nach Texten von Ingeborg Bachmann. "Ins Meer stürzen" intoniert sie da, bevor ein Instrument, ist es die Geige, die Zither oder vielleicht auch der Dudelsack, den Drasch ab und an auch spielt, in einem gewaltigen Brummen diesen Sturz illustriert. Darüber gibt das Booklet, das sonst detailreich über Herkunft und Intention der einzelnen Stücke informiert, in diesem Fall keine Auskunft. Es ist das vorletzte Stück, bevor "Schlaflos" von Georg Glasl mit einem westernhaften Unbehagen und Atemgeräuschen der surrealen Welt zwischen Bewusstsein und Traum zu einem greifbaren Dasein verhilft.

Monika Drasch, Georg Glasl: Maria, Zither und die Liebe, erschienen im Münchner Verlag Sankt Michaelsbund

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