Hörenswert:Licht und Schatten

Emil Bulls meldet sich mit einem neuen Studioalbum zurück. In "Kill your demons" rockt die Band gewaltiger als je zuvor

Von Dirk Wagner

Die neunte Welle, von der im zweiten Stück des neunten Studioalbums "Kill Your Demons" der Münchner Rockband Emil Bulls die Rede ist, dürfte ob der Endzeitstimmung, die das durch AFM Records/Soulfood veröffentlichte Album nährt, jene das Chaos vorbereitende Welle des Maya-Kalenders sein. Der Song "The Ninth Wave" könnte aber auch einem Seemannsaberglauben folgen, wie er schon in der isländischen Göttersaga Edda Erwähnung findet. Demnach ist im Kampf gegen das tosende Meer die neunte Welle stets die gewaltigste.

Eindrucksvoll hatte der russische Marinemaler Iwan Konstantinowitsch Aiwasowski dies auch auf seinem 1850 entstandenen Bild "Die Neunte Welle" inszeniert. Mit einem Licht- und Schattenspiel, dessen sich auch die Emil Bulls auf ihrer neunten Welle respektive ihrem neunten Album bedienen. Das wird deutlich, wo die Bonus-Disk in der Deluxe-Edition des erneut von Benny Richter produzierten Albums die neuen Stücke instrumental ohne Chor und der prägnanten Stimme von Sänger Christoph von Freydorf präsentiert. Nicht, dass man dessen Abstinenz als Zugewinn feiern dürfte. Trotzdem gestatten die Instrumentalfassungen eine Konzentration auf die Gitarrenfiguren, die im Zusammenspiel mit Freydorfs Gesang nur all zu oft in dessen Schatten geraten. Sonst dominiert Freydorf nämlich die Musik mit seinem genretypischen Geschrei ebenso wie mit einer klaren Gesangsstimme.

Emil Bulls

Zwischen aggressivem Wahnsinn und sanfter Melancholie: die Münchner Band Emil Bulls.

(Foto: Gerald von Foris)

Welches Pop-Potenzial in den Rocksongs von Emil Bulls schlummert, hatte das 1995 gegründete Quintett spätestens im vergangenen Jahr bewiesen, als es anlässlich des zwanzigjährigen Bestehens einige seiner Hits in eine sogenannte "Candlelight-Version" neu kleidete. Statt höllischem Lärm umspült ein lässiger Wohlfühl-Pop die Hörer, ohne übrigens die Spannung der Songs durch ihre sonst gegebenen Ecken und Kanten zu vernachlässigen. Tatsächlich gestatten jene Candlelight-Versionen sogar eine Wiederentdeckung der ursprünglichen Rockversionen.

So gesehen ist es auch verzeihlich, dass Emil Bulls nur diese Songs statt ihrer neuen im Vorprogramm zu Papa Roach spielten. Etwa im Zenith, wo sie den ausgefallenen Support-Act Frank Carter ersetzten. Dieser fühlt sich laut einer Facebook-Nachricht aktuell im Kampf gegen seine Dämonen unterlegen, weil er kein Licht mehr in sich spürt. Wie passend dünkt da die Songzeile aus Emil Bulls "The Ninth Wave", die übersetzt lauten könnte: "Wir alle wissen, was Dunkelheit ist. Aber diese hier ist schwarz." Trotzdem wagt das Album der Emil Bulls den Kampf gegen das Böse, das uns laut Text aktuell umgibt. Und es schwört die Hörer auf die Einsicht ein, dass letztlich alle vom selben Blut sind. Lärmender klang selten ein Aufruf zum Frieden. Möge er Gehör finden!

11.11., Regensburg, Airport; 23.11., Nürnberg, Hirsch; 9. 12., München, Backstage

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