Süddeutsche Zeitung

Hörenswert:Letztes, erstes Album

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"Brave Young Years" verabschieden sich

Von Jürgen Moises, München

Bei Ehen und Beziehungen spricht man bekanntlich vom verflixten siebten Jahr. Und meint damit in Bezug auf Billy Wilders gleichnamigen Film ein Jahr drohender Krisen, an deren Ende meist die Trennung steht. Ob das für Band-Beziehungen genauso gilt, das könnte man sich fragen. Mit der Gefahr, dass man sich dann doch nur in Klischees oder Statistiken verliert. Für Vinz Andre Eberlein, Lukas Enrico Arno Völker, Tibor Baltz und Thomas Schamann soll jedenfalls nach sieben Jahren Schluss ein, das heißt, sie lösen ihre Band Brave Young Years auf. Die in München und Zürich beheimateten Musiker machen das aber nicht sang- und klanglos. Sondern mit einem vor wenigen Tagen erschienen Album und zwei Abschiedskonzerten, die an diesem Freitag in der Milla in München und am Samstag im City Club in Augsburg stattfinden.

"It's My Party And I Die If I Want To" heißt das Abschiedswerk, das interessanter Weise auch das Debütalbum der Brave Young Years darstellt. Denn von der 2011 gegründeten Band sind zuvor etwa mit "Noom" oder "For The World Is Hollow And I Have Touched The Sky" nur EPs und Singles erschienen. Auf diesen haben sie mit schrittweisen oder auch mal sprunghaften Veränderungen die Grenzen zwischen Powerpop, Garagen-Rock, Wave und Postpunk ausgelotet. Mit einer zunehmenden Tendenz zu düsteren Passagen. Was möglicherweise am Einfluss von Bleib Modern liegt, einer in der europäischen Cold-Wave-, Postpunk- und Gothic-Szene hoch anerkannten Band, bei der der Gitarrist und Sänger Vinz Andre Eberlein und der Schlagzeuger Thomas Schamann parallel spielen. Und so fängt denn auch "It's My Party And I Die If I Want To" mit finsteren Orgelklängen an. Dann stürmen Gitarren, Gesang und Schlagzeug los und man ist mitten drin im ersten Song "Cold Wave", dessen Titel gleich die Stilrichtung mit vorgibt. Das folgende "Good Night" wirkt mit abgebremsten Tempo, Offbeat-Schlagzeug und hallenden Gitarren dagegen fast wie eine Ballade.

Mit dem dramatischen "Black" findet das Album dann zu seinem ersten Höhepunkt, bevor die Musiker bei "Through" erneut auf die Bremse treten. Mit "You Were So Wrong" und "In A Garden Behind A Wall" geht es emphatisch und wehmütig weiter, bei "Walls" mit Sturm und Drang die Wände hoch. In "Long Thoughts, Short Arms" knurrt der Bass und flirren die Gitarren, in "I Need You" schaukeln sich die Emotionen hoch, in "Lifeline" folgt dann die langsame Beruhigung und mit der Pianoballade "Please Don't Do This To Me" das melancholische Finale.

Insgesamt ergibt das ein sehr würdiges und hörenswertes Vermächtnis, oder wie es im Pressetext heißt: einen "leuchtenden Grabstein" für die Brave Young Years. Die sich übrigens nicht im Streit, sondern laut Thomas Schamann "im Guten" auflösen. Ganz einfach "weil sich die Erscheinung Brave Young Years komplettiert anfühlt". Das bleibt vielleicht als Trost, genauso wie die Tatsache, dass sich die vier Musiker danach nicht in einem Garten hinter einer Wand verstecken, sondern "in anderen Formen weiterhin Musik machen". Aber zuvor feiern sie nun erst einmal lautstark ihren Abschied.

Brave Young Years: It's My Party And I Die If I Want To (Black Verb Records/Grotto Terrazza); live am Freitag, 31. August, 20.30 Uhr, Milla, Holzstraße 28, Samstag, 1. September, 20 Uhr, City Club Augsburg, Konrad-Adenauer-Allee 9

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Quelle:
SZ vom 31.08.2018
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