Süddeutsche Zeitung

Hörbuch:Händl Klaus

Der Wald hat gebrannt, Bienen wurden getötet, ein Inspektor ermittelt, Abgründe tun sich auf: "Eine Schneise" von Händl Klaus bietet ein schauderschönes Sprachkonzert, gesprochen von Sophie Rois, Jens Harzer, und André Jung.

Von Christine Dössel

Ein Massaker ist geschehen: 14 Bienen-Völker wurden jäh vernichtet. Nach dem Brand zieht sich eine Schneise der Zerstörung durch den Wald. Ein Inspektor aus der Stadt ist da, um den Fall zu klären. Schon die Musik in dem schauderschönen Hörbuch "Eine Schneise" (Der gesunde Menschenversand, 18 Euro) legt nahe, dass es hier nicht mit rechten Dingen zugegangen ist. Man kann ihn förmlich erlauschen, den süßlich-schweren Geruch nach Honig und verkohltem Holz samt dem Geheimnis oder gar Verbrechen, das in der Luft liegt. Die Musik ist eine Komplizin der hochverdächtig sich spreizenden Sprache von Händl Klaus, dem Tiroler Dramatiker und Filmregisseur, der das rund um den Bienenmord wabernde Natur- und Herkunftsdrama als Musiktheaterstück verfasst hat. 2012 kam es unter dem Titel "Meine Bienen. Eine Schneise" bei den Salzburger Festspielen heraus.

Vorsicht! Die knapp einstündige Hörspielversion, die der Schweizer Regisseur Erik Altdorfer gemeinsam mit dem Jazz- und Improvisationsmusiker Martin Schütz erstellt hat - ursprünglich entstanden für den WDR -, ist süßes Gift für die Ohren: polyphon säuselnd, einlullend, hypnotisierend. Ein ökokriminalistisches Sprechkonzert, in dem die Stimmen kompositorisch miteinander verwoben und trickreich aufeinander bezogen sind. Heißt: Die Sprecher teilen sich die Sätze, einer übernimmt vom anderen das Wort, gibt es weiter wie bei einem Staffellauf, mal leiser, mal lauter, urplötzlich schrill, dann einschläfernd träge. Echos, Gemurmel, gruselmärchenhaftes Summsumm: Was für ein schwarzhumoriges Sprachkunststück! Manchmal vielleicht ein bisschen arg artifiziell, aber dass hier die Schauspielvirtuosen Sophie Rois, Jens Harzer, André Jung und Kristof Van Boven sprechen - und wie sie sprechen! -, macht dieses Hörbuch zu einer kleinen Kostbarkeit.

Die Schneise im Wald führt zu Kathrin und ihrem naseweis daherparlierenden Sohn Lukas, der jeden Neuankömmling für seinen Vater hält - aus gutem Grund, wie sich zeigt: Sowohl Inspektor Peter als auch der ominöse Wanderimker Wim kennen Kathrin von früher. Wim scheint sogar ihr Vater zu sein. Ist er zugleich auch der Vater von Lukas? Abgründe tun sich auf in Händl Klaus' dunkel lockender Welt.

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Quelle:
SZ vom 10.12.2016
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