Süddeutsche Zeitung

Hochhuth über Grass:"Als Propagandist seiner Memoiren nicht zu übertreffen"

Wie auch Günter Grass beschäftige sich Rolf Hochhuth in seinen Werken insbesondere mit der NS-Zeit. In einer Stellungnahme für sueddeutsche.de kritisiert Hochhuth den Nobelpreisträger, der sich als ehemaliges Mitglied der Waffen-SS geoutet hatte.

Oliver Das Gupta

"Dank der 'Gnade der späten Geburt' - ich bin vier Jahre jünger - habe ich den Mund zu halten über Grass als SS-Mitglied.

Was ich ekelhaft finde, dass er sich 'moralisch' über Bundeskanzler Kohl deshalb ereiferte, weil der mit dem US-Präsidenten einen Soldatenfriedhof besuchte, auf dem neben hunderten amerikanischer und deutscher Soldaten auch 49 SS-Männer begraben wurden. Diese 'Ereiferung' übertrifft noch die von (Kleists) Dorfrichter Adam, wenn man selber SS-Mann war.

Ebenso widerlich die Schimpferei auf Bundeskanzler Adenauer, der seiner Hinrichtung nach dem 20. Juli 1944 allein deshalb entgangen ist, weil die amerikanischen Befreier an das Gefängnis Brauweiler auf Schußnähe heran gekommen waren, wo Adenauer 'einsaß'. Adenauer repräsentierte wie sein Leipziger Kollege Carl Goerdeler den besten Geist des deutschen Großbürgertums in der Nazi-Zeit.

Als Propagandist seiner Memoiren ist Grass nicht zu übertreffen."

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