Hitler-Musical in Berlin:Mein rosa Führer

Der erfolgreiche Abschluss der Entnazifizierung? Überschwänglich wurde die Deutschlandpremiere von "The Producers - Frühling für Hitler" gefeiert.

Berliner Admiralspalast, keinen Kilometer vom einstigen Führerbunker entfernt, steht ein schwuler Hitler auf der Bühne und erheitert das Publikum. Am Sonntagabend feierte das schrille Musical "The Producers - Frühling für Hitler" offiziell Deutschlandpremiere und wurde für Berliner Verhältnisse überschwänglich gefeiert.

Hitler-Musical in Berlin: Martin Sommerlatte spielt den Führer im Frühling.

Martin Sommerlatte spielt den Führer im Frühling.

(Foto: Foto: ddp)

Das Stück basiert auf einem Film des amerikanischen Komikers Mel Brooks aus dem Jahr 1968 und hat schon das Broadway-Publikum begeistert. Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit sprach nach der Premiere von einer gelungenen Persiflage und einem großartigen Erfolg für den Admiralspalast.

Der Regisseur Dani Levi, der mit seinem Film "Mein Führer - die wirklich wahrste Wahrheit über Adolf Hitler" eine Debatte darüber ausgelöst hatte, ob man in Deutschland eine Komödie über Hitler machen dürfe, lobte das Musical als gute Unterhaltung. "Es ist immer die Frage, auf welcher Seite man lacht", sagte Levi nach der Premiere der Presse-Agentur dpa. "Und das ist bei dem Stück ja einfach".

Die Gesellschaft brauche auch heute noch eine ganze Menge Ermutigung und Überwindung, um sich mit dem "delikaten Thema" auseinanderzusetzen. Der Publizist Henryk M. Broder sprach begeistert vom "erfolgreichen Abschluss der Entnazifizierung".

In dem Stück geht es um einen erfolglosen Broadway-Produzenten, der mit einem Hitler-Musical einen gigantischen Flop produzieren möchte, um sich dann mit dem Geld der Investoren nach Rio de Janeiro abzusetzen. Entgegen allen Erwartungen wird das Stück aber als geniale Satire wahrgenommen und ein riesiger Erfolg. "Die Show war lächerlich und ein Scheiß, und jetzt kriegt sie den Pulitzerpreis", singt dann auch Hauptdarsteller Max Bialystock (Cornelius Obonya).

Das flotte Musical mit einer prächtigen Ausstattung und der viel gelobten Wiener Besetzung bedient viele Klischees: vom schwulen Hitler über alte Damen, die Geld für Liebe geben, bis zum bayerischen Taubenzüchter, der sagt, "Adolf Elisabeth Hitler" entstamme "einer langen Ahnenreihe britischer Queens". Lachsalven lösen auch die in Käfigen eingesperrten Tauben aus, die mit dem rechten Flügel den Hitlergruß zeigen können.

"Der natürlichste Ort"

Ob allerdings so viele Armbinden mit Hakenkreuzen und andere Zeichen der Nazi-Herrschaft auf der Bühne sein müssen, schien manchem Besucher doch fragwürdig. Befremdlich mag auch erscheinen, dass das Publikum nicht nur applaudiert, sondern zwischendurch mit roten NS- Fähnchen wedelt. Immerhin zeigen sie kein Hakenkreuz, sondern eine Brezel.

Am New Yorker Broadway, wo das Musical 2001 zum ersten Mal auf die Bühne kam, wurde es zu einer der erfolgreichsten Shows der vergangenen 30 Jahre. Zölfmal wurde es mit dem Musical-Preis "Tony Award" ausgezeichnet, der als wichtigster amerikanischer Theaterpreis gilt.

Der 82-jährige Brooks, Sohn jüdischer Immigranten, hatte Berlin im Vorfeld der Aufführung als "natürlichsten Ort in Deutschland für diese Show" bezeichnet. "Ich weiß, dass die Berliner den Plot verstehen", sagte er. Zur Premiere selbst war er nicht erscheinen - aus Angst wie er sagte, "weil ein Scharfschütze lauern könnte, der findet, dass ich den Namen des Führers geschändet habe".

Die weibliche Hauptdarstellerin Bettina Mönch, die in der Rolle der schwedischen Schönheit Ulla Inga Hansen Benson Yansen Tallen Hallen Svaden Swanson - und das ist nur ihr Vorname - auf der Bühne steht, hatte ein "sehr aufgeschlossenes" Berliner Publikum erwartet - und sie wurde nicht enttäuscht.

In Wien, wo das Stück vor einem Jahr erstmals in Deutsch auf die Bühne kam, war es von der Kritik gelobt worden, wurde aber nicht der erhoffte Publikumsrenner. Die Produktion wurde vorzeitig vom Spielplan genommen. In Berlin steht das Musical bis zum 19. Juli auf dem Programm.

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