Hip-Hop: "Musik oder Knast":Traumhafte Knastkarriere

Von der Fahndungsliste ins Musikfernsehen: Rapper Tarkan Karaalioglu hat Fachabitur, trotzdem brachte ihn seine Blödheit in den Knast. Schlau hingegen: Auch hinter Gittern ist ihm der Plattenvertrag sicher.

Andreas Schubert

Früher stand sein Name auf den Fahndungslisten der Polizei. Heute laufen seine Videos auf MTV, der Musikriese Sony/BMG vertreibt seine CDs. Selten passt ein Künstlername so zu einer Karriere, wie der des Rappers Tarkan Karaalioglu. "MOK" nennt sich der 30-jährige Deutschtürke aus Berlin: "Musik oder Knast".

Das Kürzel steht für einen ungewöhnlichen Lebenslauf. Aufgewachsen in den Stadtteilen Kreuzberg und Neukölln war MOK lange als Graffiti-Sprayer unterwegs, bevor er nach Fachabitur und Ausbildung zum Schildermaler eine Karriere als Krimineller startete. 2002 wurde er wegen schweren Bandendiebstahls zu fünfeinhalb Jahren Haftstrafe verurteilt, von der er noch ein halbes Jahr absitzen muss - mittlerweile im offenen Vollzug. Ein "finanzielles Loch" habe ihn damals zum Hehler gemacht, behauptet Knastmusiker MOK.

Man merkt ihm an, dass er über seine damalige Karriere als Straftäter nicht gerne redet. Er sitzt in einem Café in Schöneberg, vor sich einen Laptop, auf dem er seine Videos und Promotion-Fotos gespeichert hat. Zwischendurch läutet das Handy. In einem Mix aus Deutsch und Türkisch wickelt er nebenbei schnell die Bestellung von Fan-T-Shirts ab. Vor kurzem hat MOK sein neues Album "Hustler" veröffentlicht. Im Videoclip zu dem Song "Big Boss" spielt der befreundete Schauspieler Oktay Özdemir ("Knallhart") mit. MOK hat den Clip selbst produziert. Außerdem arbeitet er in einem Hiphop-Laden und betreibt sein eigenes Plattenlabel "Unity".

Karriere ohne Knast?

Er will Geschäftsmann sein - kein Knastbruder. Als er in einem Zeitungsinterview gefragt wurde, ob er im Gefängnis schon einmal vergewaltigt worden sei, "bin ich fast explodiert", ärgert er sich. "Es kursieren zu viele Horrorgeschichten." Wahr sei, dass man bestimmte Regeln im Bau möglichst einhalten sollte. "Keine Schulden machen und niemanden beklauen."

Seine Strafe nennt MOK eine "gute Erziehungsmaßnahme". Er will jetzt seinen beiden Kindern und anderen Jugendlichen ein Vorbild sein. Wenn er nicht gerade im Studio oder im Laden arbeitet oder mit Sido und anderen befreundeten Rappern auftritt, beteiligt sich MOK an Jugendprojekten in den Problemgebieten Neuköllns. "Ich will nicht, dass andere durchmachen, was ich erlebt habe", sagt das ehemalige Bandenmitglied, dessen Bruder bei einem Streit vor seinen Augen erschossen wurde.

Gäbe es den Künstler MOK ohne die Knastkarriere? "Auf jeden Fall, Musik habe ich immer gemacht." Und was ist aus den Kumpanen aus Straßengang-Zeiten geworden? "Die sind jetzt auch erwachsen", sagt MOK. "Der Einzige der im Knast gelandet ist, war ich. Die anderen waren nicht so blöd."

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