Hertzkammer:Tanzbare Artenvielfalt

Oliver Koletzki bringt die Klänge des Regenwalds ins Harry Klein

Von Martin Pfnür

Von irgendwoher quakt es. Dann hört man ein freches Keckern, das leise Rauschen des Windes in den Wipfeln, ein wildes Blubbern, Zirpen und Rascheln, bis nach zwei Minuten ein Shaker sacht einen Rhythmus anbahnt, aus der Ferne Trommeln erklingen, und schließlich ein ebenso satter wie warmer Beat einsetzt, der mit einem Instrumentarium ausgekleidet wird, auf das man in dieser kunterbunten weltmusikalischen Zusammenstellung erst mal kommen muss: hier der arabesk verklingelte Lautenklang einer Oud, dort der markante Percussion-Sound indischer Tablas. Hier eine filigran in den Hallraum geschickte Trompete, dort eine E-Gitarre, die dem Track zum Ende hin noch eine ätherisch-wüstenbluesige Stimmung hinzufügt.

Der reinste, schwerst überladene Ethno-Irrsinn ist das eigentlich. Und doch gelingt dem gebürtigen Braunschweiger DJ und Produzenten Oliver Koletzki mit "Melting Into The Surroundings", dem wunderbar atmosphärischen Opener seines neuen Albums "Fire In The Jungle", genau das, was auch der Titel des Tracks verspricht: das Verschmelzen und Aufgehen elektronischer Tanzmusik mit und in einer Umgebung, deren stark bedrohte Artenvielfalt quakend, keckernd und zirpend illustriert wird. So ist "Fire In The Jungle" so etwas wie Koletzkis persönliche Hommage an den Amazonas-Regenwald, der als lebensspendende grüne Lunge unserer Welt durch anhaltende Brände zuletzt gelitten hat wie nie zuvor. 16 Tracks versammelt der 45-Jährige auf dem in Zusammenarbeit mit zahlreichen Sängerinnen und Sängern, Gastmusikern und Produzenten entstandenen Album. Tracks, die bereits über Titel wie "Friendly Reminder" oder "Action Speaks Louder Than Words" darauf hinweisen, dass im Hinblick auf die Erhaltung des Regenwalds, ja unserer Umwelt, akuter Handlungsbedarf besteht. Tracks, die gleichzeitig aber auch anschaulich demonstrieren, dass die Zuschreibung "organisch" in Abgrenzung zum mitunter kühlen bis sterilen Charakter elektronischer Musik keine leere Floskel ist.

Auf ähnlich naturverbundene Weise wie etwa seine DJ- und Produzenten-Kollegen Dominik Eulberg oder Pantha du Prince lässt Koletzki, dem einst mit der funky Tech-House-Nummer "Der Mückenschwarm" der Durchbruch gelang, seine hyperplastischen Texturen hier atmen, pumpen und pulsieren, verwebt sie geschickt mit analogen Mitteln wie den obig beschriebenen - und findet genau so zu einer besonders erfrischenden Form der Tanzbarkeit.

Oliver Koletzki, Freitag, 13. Dezember, 23 Uhr, Harry Klein, Sonnenstraße 8

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