Hertzkammer:Fusionsenergie

Lesezeit: 1 min

Der Brite Colin McBean alias Mr. G im Blitz Club

Von Martin Pfnür

Der Funke sprang an einem Wochenende über. Eines dieser Wochenenden des Jahres 1979, die der Teenager Colin McBean als Mitarbeiter eines Plattenladens im mittelenglischen Derby kaum mehr erwarten konnte. Immer freitags und samstags standen die Importlieferungen aus den USA an, und irgendwann hob er eben diese Platte aus dem Karton, die ihn zum obsessiven Sammler machte: McFadden & Whitehead, "Ain't No Stopping Us Now". Feinster streicherverhangener Philly-Soul, der mit seinen ebenso tanzbaren wie lebensbejahenden Endlosgrooves - man höre nur den Titelsong - bereits stark in die Disco hineinlugte.

40 Jahre sind seit diesem Erweckungserlebnis vergangen. Quasi ein Jubiläum, das der heute 55-Jährige Anfang 2019 unter dem Pseudonym Mr. G mit einem Album beging, das seine Wurzeln aufs Schönste zur Geltung bringt. "A Part Of Me, Vol. 2" heißt es, und so ungemein smooth wie McBean darauf per Sampling die Soul-Ära ins Elektronische rüberhebt, glaubt man ihm nur zu gern, dass diese Musik mit all ihren verwunschenen Vibraphon-Figuren, den träumerischen Bläsern, schwingenden Kontrabassklängen und treibenden Percussions noch immer wesentlicher Teil seiner DNA als Produzent ist.

Das war nicht unbedingt immer so. Spätestens in den frühen Neunzigern, als sich McBean in London mit dem Portugiesen Cisco Ferreira zum Produktions-Projekt The Advent zusammenschloss und mit nachtschwarzem, acidgetränkten Detroit-Techno die erste große Techno-Welle ritt, lag seine soulige Seite erst mal auf Eis. Während Ferreira bis heute höchst erfolgreich als The Advent unterwegs ist, zog McBean aufgrund zunehmender Spannungen zwischen den beiden kurz vor der Jahrtausendwende die Reißleine und fand solo als Mr. G zu einem wunderbar eklektischen Sound, der die Evolution von House und Techno aus Soul, Funk und Disco heraus mitunter auf geniale Weise auf den Kopf stellt. Die euphorisierende Art und Weise, auf die er in Tracks wie "Lights" oder "Eye Poke" die Kraft stampfender House-Beats und technoid zischelnder Hi-Hats mit der Eleganz rollender Disco-Basslines und funkiger Gitarrenlicks fusioniert, sucht bis heute ihresgleichen.

Mr. G , Freitag, 13. September, 23 Uhr, Blitz Club, Museumsinsel 1

© SZ vom 12.09.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: