Hertzkammer:Angriff der Akademiker

Techno-Konzerte mit "Slatec" und Francesco Tristano

Von Rita Argauer

Klassik und Jazz sind Hochschulmusik. Denn das sind die beiden Ausprägungen der Musikgeschichte, die in Deutschland vollends akademisiert sind. Dementsprechend trifft man in diesen Musikrichtungen kaum einen Künstler, der sein Instrument nicht studiert hat.

Doch die Absolventen dieser Studienfächer machen ab und an auch etwas anderes aus ihrem akademisch zertifizierten Musikerdasein. Techno zum Beispiel. Die klassischen Musiker kennen die Struktur dieser Musik von der Schnittstelle vom Techno zur Minimal Music, also von den Pattern-haften Stücken eines Steve Reich oder Philip Glass. Und die Jazzer sind harmonisch und in der Freiheit der Komposition der modernen elektronischer Musik nah.

Im Harry Klein sind nun gleich zwei solcher Projekte zu erleben. Der Techno-Live-Jazz von Slatec und die Techno-Live-Klassik von Francesco Tristano. Hinter dem ersten steckt der Münchner Posaunist Roman Sladek, der sich schon bei diversen in die Pop-Musik hineinreichenden Jazz-Geschichten einen Namen gemacht hat. Etwa in der Bigband von Monika Roscher. Außerdem ist er Kopf der Jazzrausch Bigband, die so etwas wie die Haus- und Hofkapelle im Harry Klein ist, wenn dort Live-Musik gespielt werden soll. Mit Slatec passt er sich diesem Club musikästhetisch jedoch noch ein wenig mehr an: Mit sechs weiteren Musikern (außer der Sängerin Patricia Römer sind das Schlagzeuger, Percussionisten, Synthesizer und Electronics) will er diesmal einen aus dem Moment entstehenden Live-Techno entwerfen.

Ähnlich agiert der luxemburgische Musiker Francesco Tristano. Auch wenn der studierte Pianist aus der Klassik kommt: Er veröffentlichte einige Alben mit Barockmusik, gibt klassische Klavierkonzerte und spielte ein Album im Duo mit Alice Sara Ott ein. Darauf: Ravel und Strawinsky. Parallel hat er immer selbst komponiert. Und egal, ob er seine eigene Musik im Club mit Beats, Computer und einem E-Piano erzeugt oder nur auf dem Klavier spielt - er schafft es, die Zugänglichkeit und harmonische Empfindsamkeit der Romantik mit Groove in die Gegenwart zu übertragen; ohne, dass es plump wirken würde.

Was Tristano und Sladek eint, wenn sie Techno in Technoclubs spielen, ist ihr Wissen um die Kraft, die ein Live-Instrument gegenüber aufgelegter oder computergenerierter Musik haben kann. Mit Fellen, Blechen, Saiten oder Tasten, die sich, live gespielt, erstaunlicherweise über den Beats immer durchsetzen, egal wie laut diese sind. Das Plastische, das die Musik im Club dadurch bekommt, ist so ungewohnt wie mitnehmend.

Slatec, Do., 16. Aug., 22 Uhr, Francesco Tristano, Sa., 18. Aug., 23 Uhr, Harry Klein, Sonnenstraße 8

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: